Vor dem Hintergrund eines Value-based Pricings muss zunächst die Frage beantwortet werden, wie der Begriff "Value" verstanden werden soll. Der vom Kunden wahrgenommene Wert kann anhand von 3 Dimensionen beschrieben werden. Basierend auf diesem Value-Konzept und dessen Dimensionen wird eine Ersatzteil-Preisstrategie entsprechend Abb. 3 abgeleitet.
Abb. 3: Value-Konzept für ein Ersatzteilpricing
3.1 Dimension 1: Produktattribute und Preisharmonisierung
Nach dem produktzentrierten Ansatz haben Produkte vom Kunden wahrnehmbare und messbare Attribute, wie z. B. Materialeigenschaften, Dimensionen, Design, Qualitätsspezifika etc. Diese Attribute können vom Kunden direkt verglichen werden und beeinflussen die Präferenzen und damit auch die Preisbereitschaft gegenüber dem Produkt. Bei einer Schleifmaschine bspw. wird ein Kunde für eine größere Schleifscheibe sicherlich bereit sein, einen höheren Preis zu zahlen, als für eine kleinere Scheibe. Produktattribute funktionieren als Werttreiber.
Anhand dieser Produktattribute können Ersatzteile miteinander verglichen werden. Als Werttreiber dienen Produktattribute nun dazu, Preise in Relation zu setzen und zu harmonisieren. Die aus Kostenschwankungen resultierende Preisinkonsistenz wird dadurch vermieden. Zusätzlich lässt sich ein aus Kundensicht nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen Attributausprägung und Preishöhe abbilden. Hat die Schleifscheibe eine spezielle Beschichtung für höhere Beanspruchungen, so wird der Preis im Vergleich zu normalen Materialien höher sein.
Nichtmetrische Attribute wie Design, Material oder Qualitätsklassen werden dazu genutzt, die Artikel einer Produktfamilie in Gruppen zu unterteilen. Innerhalb einer Gruppe haben die Artikel die gleichen Attribute. Für eine solche Artikelgruppe können nun Preisfunktionen entsprechend Abb. 4 definiert werden, die den Zusammenhang zwischen der metrischen Größe (Dimensionierung, Widerstandswert, Leistung etc.) und dem Preis beschreiben.
Abb. 4: Preisharmonisierung im Ersatzteil-Pricing
Da die Attribute messbar sind und als Datenpunkte systemseitig hinterlegt werden können, eignen sie sich sehr gut für programmgesteuerte Preiskalkulationen. Die Aufgabe des Preismanagers besteht darin, für die unterschiedlichen Produktfamilien spezifische Preisfunktionen abzuleiten und diese als Preissetzungsregeln im System zu hinterlegen.
Die Harmonisierung der Preise mithilfe von Preisfunktionen basiert allein auf der Grundlage der Produkteigenschaften. Transaktionsspezifische Informationen über den Kunden, den Markt oder die Prozesse werden hierbei nicht berücksichtigt. Daher bildet die harmonisierte Preisstruktur lediglich den Basispreis. Dieser kann für das entsprechende Ersatzteil im System hinterlegt werden.
3.2 Dimension 2: Wertschöpfung des Kunden und prozessspezifische Preisdifferenzierung
Kommt es zu einer Verkaufstransaktion, so sind kundenspezifische Informationen zu berücksichtigen. Die Wertschöpfung eines industriellen Kunden und seine Prozesse, in denen das Equipment zum Einsatz kommt, determinieren maßgeblich die Art der Nutzung des Produktes. Hier liegt der Fokus also eindeutig auf dem Kunden und seinen Prozessen, in denen er das Produkt nutzt. Sowohl die Intensität als auch der Wert, den er durch die Nutzung der Maschine generiert, beeinflussen den Value-in-use. So werden bspw. Kreiselpumpen in einem Nuklearkraftwerk in anderen Prozessen genutzt als bei der Herstellung von Papier. Die Prozesse können unterschiedlich kritisch sein und der Ausfall der Pumpe unterschiedliche Folgen haben. Bei der Nutzung ähnlicher Pumpen liegen unterschiedliche Level an Wertschöpfung vor. Die Preisbereitschaften für eine Pumpe aber auch die Anforderungen an sie werden sich in beiden Fällen unterscheiden.
Auf preissensiblen Märkten können Preise zugunsten höherer Marktanteile gesenkt werden. Kundensegmente mit kritischen Prozessen haben eine höhere OEM-Loyalität, hier sind höhere Margen aber auch höhere Anforderungen denkbar.
Es gilt, geeignete Kriterien für die Preisdifferenzierung zu finden. Je kritischer das Bauteil für die Kundenprozesse ist, desto risikoaverser und OEM-loyaler werden Kunden sein. Je komplexer der Nachbau für Wettbewerber ist, desto geringer wird der Preis durch Wettbewerbsangebote beeinflusst. Deswegen werden Relevanz (Kritikalität) und die Komplexität des Produktes oft als Preisdifferenzierungskriterien herangezogen. Entsprechend sind sowohl die Installed Base als auch die Produktfamilien der Ersatzteile nach diesen Faktoren zu kategorisieren und die Kategorisierung in den Masterdaten des ERP-Systems zu hinterlegen.
Daneben wird aber auch gerne der Fortschritt im Produktlebenszyklus genutzt. Gerade bei langlebigen Industriegütern wird der Wettbewerb im fortgeschrittenen Lebenszyklus geringer und der OEM kann ein Premium (Aufschlag) für den jahrzehntelangen Vorhalt von Ersatzteilen ansetzen.
Die Preisdifferenzierung kann für die Preiskalkulation also ebenfalls systemseitig automatisiert werden. Hierbei ist sicherzustellen, dass die benötigten Daten über den Kunden und das Equipment verfügbar sind. Equipmenttypen, deren Lebensdauer oder deren Anwendungsprozesse...