Zusammenfassung
- Es ist eine zentrale Aufgabe der Unternehmenssteuerung, die Prozesse im Unternehmen stets an die sich ändernden Rahmenbedingungen anzupassen und so leistungsfähig zu halten. Voraussetzung hierfür ist eine systematische Erfassung aller Datenflüsse und Prozessdokumentation.
- Dementsprechend galt es im Rahmen des im folgenden beschriebenen Projekts, alle Datenflüsse entlang aller Geschäftsprozesse über alle Systeme in allen Standorten hinweg inkl. der Anbindung der wesentlichen Dienstleister zu dokumentieren.
- Auf Basis der gewonnenen Daten konnten eine Vielzahl an weiterführenden Analysen und darauf aufbauende Projekte zur weiteren Automatisierung und Digitalisierung angestoßen werden.
- Eine überschlägige Bewertung der identifizierten Verbesserungsmaßnahmen ergab, dass die Kosten des Projekts in sehr kurzer Zeit amortisiert werden können. Darüber hinaus wurde die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig gestärkt.
1 Bestehende Prozesse müssen öfter auf den Prüfstand
Im Kern sind es die Geschäftsprozesse, die Wert für den Kunden schaffen und damit Einkommen für die Stakeholder des Unternehmens generieren. Daher ist es eine wichtige Aufgabe der Unternehmenssteuerung, die Prozesse im Unternehmen stets an die sich ändernden Rahmenbedingungen anzupassen und so leistungsfähig zu halten. Das Prozesscontrolling nimmt also einen hohen Stellenwert in der Aufrechterhaltung der Markt- und Kundenorientierung ein.
Mit zunehmender Digitalisierung nimmt die Geschwindigkeit der Veränderung sowohl der Marktanforderungen als auch der technischen Lösungsmöglichkeiten stetig zu. Es ist daher erforderlich, die Prozesse häufiger und intensiver zu hinterfragen und tiefere Analysen müssen dabei gelegentlich bis auf die Ebene der Datenflüsse hinuntergehen. Die auf dieser Ebene gefundenen Potenziale führen zu Wettbewerbsvorteilen und schaffen eine Basis für eine zunehmende Automatisierung und Digitalisierung der Geschäftsprozesse durch professionelle Verknüpfung der Datenflüsse.
Das hier beschriebene Projekt hatte genau diese tiefe Analyse zum Inhalt und schuf so eine gute Basis für Prozess-Digitalisierung und -Automatisierung.
1.1 Grundlagen der Steuerung digitaler Prozesse
Die eingangs beschriebene Anpassung der Prozesse an geänderte, schnellere und dynamischere Rahmenbedingungen verändert auch die Art, wie wir die Prozesse steuern (können). Um den Anforderungen an die Geschwindigkeit der Geschäftsabläufe, sowohl bei der Auftragsabwicklung als auch bei der Neuprodukt-Entwicklung, gerecht zu werden, ist immer mehr Digitalisierung und Automatisierung erforderlich. Die Voraussetzung für die Automatisierung von Prozessen ist deren detaillierte Beschreibung. Während in den vergangenen Jahrzehnten überwiegend fertigungsnahe Prozesse automatisiert wurden, kommen nun auch Lösungen auf, mit denen sehr intellektuelle Prozesse automatisiert werden können, soweit sie nur beschreibbar sind. Allgemein sind dies z. B. Analyse- und Diagnose-Prozesse inkl. der Entscheidung, Dokumentationsaufgaben und sogar Aufgaben zur Codierung von Software. Durch intelligente Algorithmen wird damit eine Vielzahl von Abläufen und Aufgaben schrittweise automatisiert werden, die im Extrem zur Automatisierung der eigentlichen Wertschöpfung führt.
Die Prozesslandschaft in unseren Unternehmen lässt sich auf dieser Basis tendenziell in 2 wesentliche Blöcke aufteilen:
Beschreibbare Abläufe
Diese Geschäftsprozesse werden noch tiefer und detaillierter beschrieben als dies in den bestehenden Prozessbeschreibungen üblich ist. Zu diesen Prozessbeschreibungen gehört dabei (natürlich) nicht nur die Reihenfolge der Tätigkeiten.
Abb. 1: Bestandteile der Prozessdokumentation
Für ein operatives Funktionieren der Prozesse sind die verschiedenen "Flüsse" erforderlich, die einen Prozess begleiten, z. B.
- Materialfluss (bei Fertigungs- und Logistikprozessen)
- Dokumentenfluss
- Informationsfluss
Empathiebezogene Prozesse
Trotz weitgehender Digitalisierung wird es viele Prozesse geben, die nicht automatisierbar sind, weil ihr Ablauf nicht eindeutig beschreibbar ist. In einer immer schnelllebigeren Geschäftswelt ist es u. a. wichtig, intensiv mit den wesentlichen Stakeholdern zu kommunizieren, um die Wertschöpfungskette (bzw. zunehmend die Wertschöpfungsnetzwerke) zu koordinieren und für einen reibungslosen Ablauf der Leistungserstellung zu sorgen. Dies betrifft wesentlich die Führungsprozesse sowie die kreativen und strategischen Prozesse im Unternehmen.
Die Vernetzung und Geschwindigkeit führen darüber hinaus zu einer Erweiterung der Prozessbetrachtung über die juristischen Unternehmensgrenzen hinaus. Es entstehen Konzepte wie Co-Creation und Coopetition, also die aktive, kreative Zusammenarbeit zwischen Kunden und Lieferanten zur Erstellung der Leistung, und zwischen Wettbewerbern, die z. B. bei der Entwicklung einer Technologie-Plattform zusammenarbeiten.
Aber selbst solche kreativen, kommunikativen und strategischen Prozesse werden oft von IT-Systemen unterstützt und von beschreibbaren Informationsflüssen begleitet. Um ein belastbares Funktionieren dieser Prozesse sicherzustellen, muss ...