Prof. Dr. Ronald Gleich, Dipl.-Kfm. Markus Brenner
Der Ausgangspunkt für eine angemessene Berücksichtigung von Prozessen in Unternehmen stellt deren Abbildung in der Planung dar. Prozesse sind dabei sowohl in der strategischen als auch in der operativen Planung zu berücksichtigen.
3.3.1 Prozessfokus/-ziele in der strategischen Planung
Für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens bildet eine gut ausgearbeitete Strategie und ihre konsequente Umsetzung die Grundvoraussetzung. Strategien haben dabei in den meisten Fällen einen direkten Bezug zu den Kernprozessen eines Unternehmens: von der Entwicklung der Produkte über die Beschaffung und die Logistik bis hin zur Erstellung der Produkte und Dienstleistungen und deren Vermarktung sowie der erforderlichen Serviceleistungen.
Bedeutung einer Digitalisierungsstrategie
Ein Unternehmen, welches dessen Digitalisierung als ein strategisches Ziel verfolgt, wird alle Kernprozesse gezielt auf entsprechende Möglichkeiten überprüfen. Darauf aufbauend werden für alle relevanten Kernprozesse entsprechende strategische Ziele definiert. Neben einer Ausformulierung der Ziele (z. B. "vollautomatische Abwicklung von Kreditanfragen bei einer Bank") werden an dieser Stelle auch konkrete Zielwerte definiert (z. B. "Dunkelverarbeitungsquote von 80 %").
3.3.2 Prozessziele im Rahmen der Strategieumsetzung/Aktionspläne
Eine Formulierung von strategischen Stoßrichtungen und Zielen für Prozesse ist jedoch nicht ausreichend. Zur Umsetzung von Strategien ist es erforderlich, Prozessziele weiter zu operationalisieren. Unternehmen, die zur Operationalisierung von Strategien eine "Balanced Scorecard" und zur Visualisierung der strategischen Ziele eine "Strategy Map" einsetzen, haben damit bereits einen Teil der Prozessziele konkretisiert und entsprechende Maßnahmen zur Realisierung definiert.
Bei einer konsequenten Anwendung dieser Instrumente werden jedoch nur die wesentlichen strategierelevanten Ziele abgebildet, sodass ggf. nicht für alle Prozesse entsprechende Zieloperationalisierungen vorliegen. Hierzu kann das Instrument der "SPA-Matrix" eingesetzt werden (s. Abb. 2).
Abb. 2: SPA-Matrix
Die SPA-Matrix dient zur strategischen Prozessausrichtung (abgekürzt "SPA"). Hierzu werden die Unternehmensstrategie bzw. die strategischen Ziele konsequent am Prozessmodell des Unternehmens gespiegelt und prozessbezogene Vorgaben bzw. Zielwerte abgeleitet. Hauptadressaten und in der Folge die Verantwortlichen für die Umsetzung, sind die jeweiligen Prozessverantwortlichen.
Ein Herunterbrechen der Prozessziele auf einzelne am Prozess beteiligte Funktionen bzw. Verantwortliche ist ebenso denkbar. Aus der Anwendung der Balanced Scorecard bzw. der SPA-Matrix ergeben sich i. d. R. Maßnahmen zur Realisierung der Prozessziele. Diese werden daraufhin im Rahmen strukturierter Aktionspläne operationalisiert und mittels geeigneter Umsetzungssteuerungsansätze wird deren Realisierung sichergestellt. Sind im Unternehmen agile Methoden im Einsatz, bietet es sich an, diese für die Umsetzung einzusetzen.
3.3.3 Prozessorientierte Planung
Auch auf operativer Ebene, die sowohl die Jahresplanung als auch unterjährige Planaktualisierungen umfasst, kommt dem Einbezug von Prozessen in der Planung eine wichtige Bedeutung zu. Die häufig angewendeten Planungsmethoden in Unternehmen sind oftmals stark finanzorientiert.
Hinter den "Entwicklungen", die sich in finanziellen Größen ausdrücken, stehen jedoch die Prozesse des Unternehmens. Für Verantwortliche "vor Ort" in operativen Einheiten ist die Analyse und die Steuerung mithilfe von kostenrechnerischen Größen oftmals schwer nachvollziehbar. Die für diese Führungskräfte relevanten Größen sind insb. Merkmale operativer Prozesse wie z. B. bei produzierenden Unternehmen die Maschinenauslastung, Rüstvorgänge, Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten sowie Fehlerquoten.
Zur Realisierung eines derartigen operativen Performance Managements auf "Shop Floor Ebene" muss deshalb bereits in der Planung der Fokus auf Prozesse gelegt werden. Zum einen sind hierbei für die entscheidenden Prozesssteuerungsparameter quantifizierte Zielwerte zu definieren. Ausgangspunkt stellen die jeweiligen strategischen Anforderungen bzw. Prozessziele, Top-down-Planvorgaben, Kundenanforderungen, Optimierungspotenziale sowie die Erfolgsfaktoren der Prozesse dar.
Mit der Kenntnis der Prozessziele können nun die zugehörigen Kennzahlen und ihre Zielwerte geplant werden. Neben nicht-finanziellen Größen zählen auch Prozesskostensätze dazu.
Neben der Planung von operativen Zielen und Zielwerten kann zum anderen auch eine prozessorientierte Kapazitäts- und Kostenplanung durchgeführt werden. Bei dieser auch als outputorientierte Planung bezeichneten Methode werden die zur Leistungserstellung benötigten Kapazitäten und Kosten direkt aus den geplanten Absatzmengen am Markt bzw. weiterer Treibermengen sowie aus den zur Leistungserstellung benötigten Prozessen abgeleitet.
Die Basis hierzu ist ein ausgearbeitetes Prozessmodell mit definierten Bearbeitungszeiten je Prozessdurchführung. Zwischen den marktgetriebenen Mengen an Produkten und Dienstleistu...