Prof. Dr. Dr. Carl-Christian Freidank
Rz. 82
Die Beurteilung des IKS, verstanden als Teil des Internal Control System, insbesondere soweit es zur Sicherung einer ordnungsmäßigen Rechnungslegung dient, bietet dem Abschlussprüfer die Möglichkeit, Art und Umfang seiner Revisionshandlungen zielgerichtet im Rahmen der Prüfungsplanung (vgl. Rz. 100 ff.) festzulegen. Im Grundsatz sind diese Untersuchungen darauf ausgerichtet, überwachungs- und steuerungsschwache Bereiche (z. B. aufgrund mangelnder Funktionstrennung oder unzureichenden Informationssystemen) sichtbar zu machen, in denen dann ergebnisorientierte Prüfungen (z. B. Prüfungen von Posten des Jahresabschlusses) zu intensivieren sind. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, die Revision des IKS bereits als Zwischenprüfung vor Beendigung des Geschäftsjahres durchzuführen. Allerdings muss sichergestellt sein, dass Systemänderungen (z. B. Installierung neuer Softwareprodukte für die innerbetriebliche Abrechnung) dokumentiert und bei der eigentlichen Abschlussprüfung erneut geprüft werden.
Abb. 10: Struktur des RMS nach § 91 Abs. 2 AktG
Rz. 83
Die Prüfung des IKS läuft prinzipiell in 2 Phasen ab. So verschafft sich der Abschlussprüfer zunächst z. B. mithilfe von Fragebögen (Checklisten) oder Ablaufdiagrammen (Flow Charts), in denen bestimmte betriebliche Vorgänge bildlich dargestellt werden, einen Überblick über die vorhandenen Überwachungs- und Steuerungseinrichtungen (z. B. Buchhaltungs- und Kostenkontrollsysteme). Abbildung 11 gibt einen Einblick in den Aufbau eines Fragebogens zur allgemeinen Prüfung des IKS.
Rz. 84
Der Vorteil der Fragebogentechnik, die auch in anderen Bereichen der Abschlussprüfung zum Einsatz kommt (z. B. bei der Prüfung der Buchhaltung, des Jahresabschlusses und des Lageberichts) liegt in der Anpassungsfähigkeit dieses Instruments an unterschiedliche Unternehmensstrukturen. Folglich bietet sich die Möglichkeit, mit vergleichsweise niedrigen Kosten die Fragebögen entsprechend zu erweitern, einmal entwickelte Checklisten mehrmals zu verwenden und mit hinreichend qualifizierten Arbeitskräften derartige Prüfungen durchzuführen. Allerdings besteht der Nachteil der Fragebogentechnik darin, dass die Revisionstätigkeit in hohem Maße schematisiert wird, wodurch die Kreativität bei den Prüfern sinkt und damit eine gewisse Betriebsblindheit ausgelöst werden kann.
Rz. 85
Häufig vermitteln dem Abschlussprüfer bereits Organisationspläne des Unternehmens einen Einblick in die elementaren Prozessstrukturen, die die geplanten Sollabläufe dokumentieren (z. B. Abwicklung eines Kundenauftrages vom Eingang bis zur Lieferung und Bezahlung). In einem zweiten Schritt ist sodann die Wirksamkeit der installierten Überwachungs- und Steuerungseinrichtungen durch gezielte Tests zu untersuchen (z. B. Überprüfung der Verarbeitungsgenauigkeit eines IT-gestützten Rechnungswesens anhand ausgewählter Probebuchungen). Darüber hinaus spielt für die Beurteilung des IKS durch den Abschlussprüfer das Analyseergebnis eine Rolle, inwieweit die in Flow Charts oder Organisationsplänen niedergelegten Soll-Abläufe mit denen in der Realität zu beobachtenden Ist-Abläufen übereinstimmen. So kann etwa die Ablauforganisation des Unternehmens laut Dokumentation grundsätzlich ausschließen, dass einzelne Mitarbeiter ohne zwangsläufige Mitwirkung einer anderen Person alle Phasen eines Geschäftsvorfalls allein durchführen. Im Rahmen der stichprobenhaften Prüfung besteht aber die Möglichkeit, dass der Abschlussprüfer wesentliche Abweichungen von der Einhaltung dieses Vier-Augen-Prinzips feststellt.
Abb. 11: Auszug aus einem Fragebogen zur allgemeinen Prüfung des IKS
Rz. 86
Mit dem BilMoG wurde der Begriff des IKS explizit in das deutsche Handelsrecht aufgenommen. So besteht für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften i. S. v. § 264d HGB die Pflicht, im Lagebericht die wesentlichen Merkmale des internen Kontroll- und des internen Risikomanagementsystems im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess zu beschreiben (vgl. Rz. 156 ff.). Dieser sog. Risikomanagementbericht ist vom Abschlussprüfer in die Lageberichtprüfung nach § 317 Abs. 2 HGB einzubeziehen. Sofern der Abschlussprüfer im Kontext seiner Prüfung wesentliche Lücken im rechnungslegungsbezogenen IKS aufdeckt (z. B. Mängel bei der Inventur oder bei der Erfassung von Geschäftsverfällen im Hauptbuch), hat er darüber sowohl im Hauptteil des Prüfungsberichtes nach § 321 Abs. 2 HGB als auch den gesetzlichen Vertretern, dem Aufsichtsrat oder dessen Prüfungsausschuss nach § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG in der Bilanzsitzung zu berichten.
Rz. 87
Darüber hinaus obliegt einem vom Aufsichtsrat eingesetzten Prüfungsausschuss nach § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG die Aufgabe, sich im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit auch mit der Wirksamkeit des (gesamten) IKS zu befassen.