Gunnar Teich, Jan-Michael Schönebeck
Es bedarf einer Bestimmung des Begriffs der digitalen Transformation, da es eine Vielzahl von Definitionen und Interpretationen gibt, die jeweils unterschiedlichen Zwecken dienen. Digitalisierung bedeutet, dass Unternehmen und Organisationen ihre bisher analogen hin zu digitalen/ neuartigen Geschäftsmodelle transformieren.
Ebendiese weisen folgende Kriterien auf:
- Integrierter Einsatz moderner Informations- und Kommunikationssysteme
- Daten als zentraler Bestandteil von Managemententscheidungen bis hin zum Leistungsversprechen
- Optimierte sowie automatisierte End-to-End Prozesse
- Adaption der Unternehmenskultur sowie der Art und Technik der Zusammenarbeit (z. B. New Work)
Der Aufsatzpunkt für ein Zielbild dieser Transformation liegt darin, den Zweck des Unternehmens in Vision und Mission zu hinterfragen und daran anknüpfend die Mitarbeiterentwicklung und den Anspruch, digital zu arbeiten, neu auszurichten. Folglich ist die Bestimmung des notwendigen organisationalen Mindsets eine Voraussetzung, um Strukturen, Prozesse und Systeme zu verändern. Erst eine ganzheitliche und auf das Wesentliche fokussierte Ausrichtung der Organisation in eine einheitliche Richtung bringt die größtmögliche Wirkung durch Automatisierung zum Vorschein. Entsprechende Effekte sind eine verbesserte Informationstransparenz, fundiertere Entscheidungen und die Optimierung von Effektivität und Effizienz in der Organisation.
Die erwähnte ganzheitliche Betrachtung bezieht sich auf sämtliche Elemente eines Geschäftsmodells (siehe Abb. 1):
- Leistungsversprechen/-programm: Unternehmen erweitern ihre Produkte und Dienstleistungen um digitale Services, um ihren Kunden damit einen signifikant höheren Nutzen zu ermöglichen. Im Idealfall ist das gesamte Portfolio als "digitally enabled solution" ausgerichtet und die einzelnen Komponenten sind digital integriert (wie bei Smartphones, Notebooks, Tablets und Wearables mit der Integration von Cloud-Lösungen). Dieses "digitally enabled Portfolio" verändert somit auch die Erlösmodelle (z. B. Software-as-a-Service).
- Interne Geschäftsprozesse: Daten werden entlang der Geschäftsprozesse bei ihrer Entstehung (z. B. in der Fertigung über Industrial Internet of Things) formalisiert in Systemen erfasst. Informationen werden standardisiert verarbeitet und über Schnittstellen durchgängig bereitgestellt, sodass übliche Silos aufgebrochen und der Fluss an Informationen garantiert werden. Im Sinne eines Single-Source-of-Truth-Ansatzes sind diese Informationen übergreifend verfügbar und Berechtigungen werden zweckorientiert über eine zentrale Governance gesteuert. Neben den automatisierten End-to-End Prozessen kommunizieren die Mitarbeiter über digitale Kanäle und zu den Prozessaktivitäten wird Transparenz anhand eines entsprechenden Workflow-Managements erzeugt.
- Interaktion mit externen Stakeholdern: Unternehmen stehen mit ihren Kunden, Lieferanten, potenziellen Mitarbeitern, Kooperationspartnern, Kapitalgebern, staatlichen Institutionen und weiteren Anspruchsgruppen in einem digitalen Austausch. Standardisierte Systemschnittstellen und Plattformen unterstützen dabei die Abwicklung bereits automatisierter Schlüsselprozesse für alle Interaktionspartner (Einkauf, Vertrieb, Recruiting, Tax, etc.). Zudem können vermehrt standardisierte Kundenbeziehungen über digitale Tools wie Chatbots oder Robo-Advisors gepflegt und dadurch neue Kundensegmente adressiert werden.
Abb. 1: Ganzheitliche Geschäftsmodellbetrachtung
Während Unternehmen die Potenziale bei einer ganzheitlichen digitalen Transformation des Geschäftsmodells am weitreichendsten ausschöpfen können, bleibt zu berücksichtigen, dass die entsprechende Digitalisierungsroadmap abhängig von der Vitalität und den verfügbaren Ressourcen im Unternehmen ist. Denn der ganzheitliche Ansatz zur Digitalisierung erfordert ein signifikantes Investitionsvolumen, eine klare Priorisierung und insbesondere den Mut, historisch gewachsene Strukturen zu hinterfragen und anzupassen.