Prof. Dr. Helge F. R. Nuhn, Prof. Dr. Mike Schulze
2.1 Ziele der Studie
Die Studie zielte darauf ab, ein besseres Verständnis über den Einsatz von RPA im Controlling zu erlangen und folgte einem explorativen, empirisch-qualitativen Forschungsdesign auf der Grundlage von Experteninterviews. Folgende Forschungsfragen wurden im Rahmen der Studie abgedeckt:
- Welches Potenzial bietet RPA für Unternehmen im Allgemeinen und für das Controlling im Besonderen?
- Welche Kompetenzen sind erforderlich, um RPA zu beherrschen und zu nutzen?
- Welche RPA-Technologien oder Softwarelösungen können für die Umsetzung eingesetzt werden?
- Welche konkreten Anwendungsfälle (Use Cases) lassen sich bereits identifizieren?
- Welche Prozesse des IGC Controlling Prozessmodells 2.0 sind für die Anwendung von RPA am besten geeignet?
- Welche Effizienzgewinne in Bezug auf Kosten und Zeit können im Allgemeinen durch den Einsatz von RPA erwartet werden?
- Welche Entwicklung ist in den nächsten 3 bis 5 Jahren zu erwarten?
2.2 Methodische Vorgehensweise
Zunächst wurde eine Literaturrecherche durchgeführt, um relevante Veröffentlichungen zu identifizieren, die sich insbesondere mit RPA im Controlling befassen. Dabei konzentrierten wir uns zum einen auf wissenschaftliche und praxisorientierte Bücher und Artikel sowie zum anderen auf Studienberichte in englischer und deutscher Sprache, die nach 2015 erschienen sind. Für unsere Recherchen nutzten wir verschiedene Online-Datenbanken, um relevante Publikationen zu identifizieren. Darüber hinaus suchten wir im Internet nach weiteren Ressourcen wie Präsentationen, Videos, Tutorials usw., die uns dabei halfen, einen umfassenden Überblick über den relevanten Softwarelösungsmarkt, Weiterbildungsanbieter usw. zu erhalten.
Für die empirische Studie wurde ein exploratives, empirisch-qualitatives Forschungsdesign gewählt. Wir nutzten halbstrukturierte Experteninterviews, da dies der übliche Ansatz für die Untersuchung von innovativen und relativ komplexen Themen ist. Es wurde ein Interviewleitfaden entwickelt und im Vorfeld getestet, der die Fragen in einer für die Befragten leicht verständlichen und nachvollziehbaren Struktur organisierte. Der verwendete Interviewleitfaden setzte sich aus 7 verschiedenen Abschnitten zusammen, die insgesamt etwa 35 offene Fragen enthielten.
Unsere Stichprobe konzentrierte sich ausschließlich auf Unternehmensberatungen, die Dienstleistungen in Bezug auf RPA in ihrem Portfolio anbieten. Diese Auswahl ergab sich aus der Überlegung, dass insbesondere große Beratungsunternehmen, die eine durchaus signifikante Anzahl an Projekten in diesem Bereich durchführen, dazu in der Lage sind, tiefergehende Einblicke in die aktuelle Implementierungspraxis von RPA zu geben. Insgesamt wurden zwischen März und April 2020 6 Interviews mit 7 Experten per Telefon- oder Videokonferenz durchgeführt. Die durchschnittliche Dauer der Einzelinterviews betrug etwa eine Stunde. Tab. 2 gibt einen Überblick über die teilnehmenden Unternehmen und die Position der Befragten.
Unternehmen |
Branche |
Interviewpartner |
Horváth & Partners |
Consulting |
Principal |
BearingPoint |
Consulting |
Partner (2x) |
Ernst & Young |
Consulting |
Managing Director |
KPMG |
Consulting |
Senior Manager |
PricewaterhouseCoopers |
Consulting |
Senior Manager (2x) |
Tab. 1: Details zu Unternehmen und Position der Befragten innerhalb der Stichprobe
Der Erfahrungs- und Wissenshintergrund der Befragten war relativ homogen, alle beurteilten sich selbst als "Fortgeschrittene" oder "Experten" auf dem Gebiet der RPA. Fast alle Befragten waren bereits an Implementierungsprojekten im Zusammenhang mit RPA beteiligt. Allerdings war nur eine Minderheit in diesen Projekten in die konkrete technische Umsetzung involviert und schätzte sich selbst als "technisch versiert" ein. Vielmehr war die Mehrheit für Vertriebsaktivitäten und Projektkoordination zuständig. Etwa die Hälfte der Befragten hat einen stärkeren Hintergrund in der Prozessoptimierung im Allgemeinen, während die andere Hälfte einen starken beruflichen Erfahrungshorizont in den Bereichen Finance und Controlling hat und demzufolge eine detaillierte Nutzerperspektive einbeziehen konnte.
Alle Interviews wurden aufgezeichnet und transkribiert und anschließend in einem iterativen Prozess analysiert.