Daniel Reuschenbach, Dr. Johannes Isensee
1.1 Anforderungen an den Finanzbereich
CFOs stehen vor der enormen Herausforderung, gleichzeitig
Neue Technologien auf diesem Gebiet erweitern die "Werkzeugkiste" des Finanzbereichs und erlauben neue Wege der Automatisierung. Ein aktuell intensiv diskutiertes Mittel der Automationslösungen ist die Anwendung von Robotic Process Automation oder kurz RPA.
Auch wenn die Anwendung von RPA in Teilen des Finanzbereichs heute noch am Anfang steht, zeigen (Pilot-)Anwendungsbeispiele schon nach kurzer Zeit nicht nur positive wirtschaftliche Effekte, sondern bestätigen auch die einfache und schnelle Anwendung von RPA.
Im Hinblick auf das Controlling wird der RPA-Einsatz bisher noch vernachlässigt oder zumindest systematisch unterschätzt. Dies kann auf drei Gründe zurückgeführt werden:
- Controllingprozesse dienen grundsätzlich der Unterstützung von situativen Entscheidungen in volatilen Umfeldern. Damit sind diese tendenziell wenig reglementiert und wiederkehrend, was letztlich die Automatisierbarkeit per se einschränkt.
- Viele der manuell durchgeführten Aktivitäten sind dem Fehlen integrierter Systeme (DWH, BI-Systeme für Planung, Reporting etc.) geschuldet. Die Automatisierung durch RPA konkurriert im Controlling folglich mit umfassenderen Ansätzen zur Modernisierung der Systemarchitektur. Letztere verfolgen das Ziel der langfristigen Eliminierung des Bedarfs an manuellen Aktivitäten (etwa der Datenübernahme, -validierung und -aufbereitung) durch bspw. automatische Datenladeketten (ETL), ausgereifte BI-Tools oder nutzbare Algorithmen (künstliche Intelligenz). RPA hingegen setzt nicht an den Ursachen für manuelle Tätigkeiten an, sondern lindert "nur" den mit den manuellen Ausführungen verbundenen "Schmerz".
- Viele Controllingorganisationen haben (noch) kein klares Verständnis der Einsatzmöglichkeiten und Grenzen von RPA, was die Verbreitung entsprechend bremst.
1.2 Häufige Defizite aktueller BI-Systemlandschaften
Im Idealfall sind Controllingprozesse in einer BI-Systemlandschaft automatisiert eingebettet. Dies bietet eine Vielzahl an Lösungen, um situationsspezifischen Anforderungen gerecht zu werden. In der Realität greift dieses Idealbild allerdings deutlich zu kurz:
- Viele Controllingprozesse (bspw. im Reporting oder in der Planung) weisen auf Ebene der Teilprozesse und Aktivitäten eine Vielzahl repetitiver und standardisierter Tätigkeiten auf, die erhebliche Ressourcen binden können.
- Die Modernisierung der Controlling-Systemarchitektur ist gerade in großen Konzernen sehr zeit- und investitionsintensiv. Die Erfahrung zeigt, dass typischerweise ein Restumfang manueller Aktivitäten bestehen bleibt, für die sich eine systemseitige Automatisierung nicht als wirtschaftlich umsetzbar erweist.
Genau an dieser "Automatisierungslücke" kommen im Controlling die Vorteile von RPA zum Tragen. Die Frage, ob und wie RPA im Controlling wirtschaftlich eingesetzt werden kann, ist demzufolge jeweils unternehmensspezifisch zu beantworten. Es gilt dabei diejenigen Prozesse zu identifizieren, für die eine systemseitige Automatisierung entweder zu teuer, zu langwierig oder prozessual zu unflexibel ist. Dafür sind drei Voraussetzungen wichtig, die im weiteren Verlauf dieser Unterlage betrachtet werden.
- Schaffung eines klaren Verständnisses zu den Einsatzmöglichkeiten von RPA
- Identifikation von RPA-Ansatzpunkten in der heutigen Controlling-Prozesslandschaft
- Darstellung eines geeigneten Prüf- und Bewertungsschemas zur Identifikation der mittels RPA automatisierbaren Prozesse