Daniel Reuschenbach, Dr. Johannes Isensee
Das Controlling ist typischerweise die größte Funktion innerhalb des Finanzbereichs. Benchmarks zeigen, dass idealerweise eine Quote von ca. 35 % von Controlling-FTE zu Gesamt-FTE im Finanzbereich vorherrscht. Entsprechend hoch ist der Druck auf die CFO-Organisation, neue Mittel und Wege zur Prozessautomatisierung – auch kurzfristig – zu erschließen.
Auch wenn die Prozesse im Controlling insgesamt vielschichtig sind, kann grundsätzlich zwischen drei Arten von Aktivitäten unterschieden werden.
- Governance-Tätigkeiten
- Design und Production
- Business Partnering
Controlling-Prozesse weisen zumeist einen Mix aus all diesen drei Rollen mit jeweils unterschiedlicher Ressourcenintensität auf.
Entsprechend der oben beschriebenen Kriterien für den Einsatz von RPA kommen hierfür insbesondere die Aktivitäten aus dem Bereich Design & Production in Frage, da es hierbei darum geht, wiederkehrende Leistungen mit hoher Effizienz und Qualität gemäß definierter Vorgaben (Governance) zu erbringen und damit die Basis für eine effektive Unterstützung des Managements (Business Partnering) zu schaffen. Beispiele für Design & Production-Aktivitäten sind unter anderem die Generierung, Zusammenführung und Validierung von Daten sowie auch in Teilen die Analyse und Erstellung von Berichten.
Im Zielbild liegt die Rolle des Controllers in erster Linie auf dem Business Partnering (bspw. Beratung des Managements in Entscheidungssituationen) sowie der Ausübung von Governance-Aktivitäten. In der Realität verbringen Controller allerdings noch immer zu viel Zeit mit der "Production". Auch die Tätigkeiten rund um das Thema Governance sind nur semi-automatisiert und führen zu manuellen Aktivitäten.
Abb. 1 bildet eine Einschätzung der Einsatzmöglichkeit von RPA im Controlling anhand eines Referenzprozessmodells von Horváth & Partners und der International Group of Controlling (IGC) ab. Bereits auf dieser übergeordneten Ebene zeigt sich, welche Haupt- und Teilprozesse für eine Automatisierung mit RPA in Frage kommen.
Abb. 1: RPA-Eignung in der Controlling-Prozesslandschaft (schematisch)
Die Durchführung der strategischen Planung beispielsweise hat eine geringe Wiederholungsrate, arbeitet in vielen Teilprozessen annahmebasiert und hat zumeist keine klare Unterstützung durch Tools. Der Einsatz von RPA ist in diesem Prozess daher in der Regel nicht zu empfehlen oder nur sehr partiell im Rahmen des Gesamtprozesses möglich (bspw. in der Vorbereitung durch Unterstützung des strukturierten Sammelns von Daten).
Im Rahmen der Planung oder des Management Reportings gibt es hingegen eine Vielzahl von repetitiven Aktivitäten zur Aufbereitung/Prüfung von Daten (Production), die häufig nicht automatisiert ablaufen und daher für den Einsatz von RPA in Frage kommen. Zudem lassen sich mit der Nutzung von RPA auch Aktivitäten aus dem Bereich "Governance" reduzieren, da Automatisierung auch den Grad der Nachvollziehbarkeit und Einheitlichkeit erhöht.
Die exemplarische bzw. generelle Bewertung auf Basis der Referenzprozesse kann einen schnellen Einstieg in eine unternehmensspezifische Analyse unterstützen. Letztendlich müssen die vorliegenden Prozesse aber individuell vor dem Hintergrund der jeweiligen Ausgangsituation und Strategie bewertet werden. Wichtig ist dabei,
- einerseits einen hinreichend großen Prozessumfang zu betrachten, um auf genug "Prozessmasse" zu kommen,
- andererseits muss der richtige Prozessdetaillierungsgrad gewählt werden, um auch einzelne Teilprozesse auf ihr RPA Potenzial prüfen zu können.