Dr. Christian Briem, Martin Esch
S/4HANA ermöglicht Echtzeit-Steuerung
Die zuvor beschriebenen Schwächen der etablierten Lösungen werden von SAP mit der Einführung der Business Suite 4 SAP HANA, kurz SAP S/4HANA, adressiert. SAP S/4HANA, eine Kombination des neuen ERP-Systems SAP S/4 mit der SAP HANA-Plattform, ist die neueste Generation von SAP und soll die SAP-ERP Business Suite (R/3) mittelfristig ablösen. Das Ende der Wartung von SAP R/3 ist derzeit für 2025 geplant.
Um die aktuell bestehenden Einschränkungen effektiv zu adressieren, benötigt SAP S/4HANA eine grundlegend neue System- und Datenbankarchitektur und verwendet daher ausschließlich die neue In-Memory-Datenbank HANA. Die Architektur von SAP S/4HANA bringt damit u. a. 2 grundlegende technische Veränderungen mit sich.
Einerseits werden die Datenbanken "In-Memory", also im Arbeitsspeicher abgelegt. Der Arbeitsspeicher eines Rechners bietet wesentlich höhere Zugriffsgeschwindigkeiten als Festplattenlaufwerke und die Algorithmen für den Zugriff sind weniger komplex. Deshalb sind In-Memory-Datenbanken wesentlich schneller und ihre Zugriffszeiten besser vorhersagbar als diejenigen Datenbankmanagementsysteme, die auf Festplatten zugreifen.
Anderseits vereinheitlicht SAP S/4HANA die OLTP und OLAP mittels eines durchgängigen Zugriffs auf Rohdaten für alle Belange der Steuerung, Analyse und Prognose. Daten können nun "on demand" im Hauptspeicher berechnet, und in voller Granularität in einer Tabelle zusammengefasst verarbeitet werden. Aufwendige ETL-Prozesse und die daraus resultierenden aggregierten Summentabellen in Analyseapplikationen entfallen daher. Dadurch sind die Daten in Analytics-Anwendungen durch eine höhere Aktualität gekennzeichnet, während gleichzeitig das benötigte Datenbankvolumen signifikant reduziert wird. Die Ausführung von OLTP- und Analytics-Anwendungen auf derselben Instanz ermöglicht nicht nur jegliche Art von Echtzeit-Abfragen und -Analysen, sondern sorgt auch für einen einheitlichen Datenbestand (s. Abb. 2).
Abb. 2: Architektur SAP S/4HANA
Das aus dieser Architektur resultierende Einkreissystem ist ein wesentlicher Fortschritt von SAP S/4HANA. Der integrierte Buchungsbeleg vereint die vormals getrennten Komponenten Financial Accounting (FI) und Controlling (CO) in einem Pool relevanter Geschäftsdaten (s. Abb. 3). Dieser einheitliche Datenbestand als einzige "Quelle der Wahrheit" sammelt alle rechnungslegungsrelevanten Transaktionen und stellt sie allen relevanten Anwendungskomponenten zur Verfügung: Finanzbuchhaltung (Hauptbuch), Controlling, Anlagenbuchhaltung und Material Ledger.
Abb. 3: Integration von Accounting und Controlling mit SAP S/4
Technisch gesehen kombiniert der integrierte Buchungsbeleg die wichtigsten Felder aus diesen Komponenten innerhalb einer einzelnen Positionstabelle, die es Anwendern letztlich ermöglicht, die für ihre Geschäftsprozesse benötigten Daten von einem Ort aus zu lesen und zu verarbeiten. Die Vorteile davon, dass diese Informationen alle an einem Ort vorhanden sind, sind offensichtlich: Es sind keine Abstimmungsaktivitäten erforderlich, Datenredundanzen werden eliminiert und Einzelposten müssen nur einmal eingegeben werden. In Summe wird dadurch der Speicherbedarf reduziert und der Durchsatz des Systems erhöht.
In Hinblick auf die klassischen FI- und Steuerungsprozesse ergeben sich dadurch klare Vereinfachungen und Optimierungspotenziale. Durch die Integration von Accounting und Controlling innerhalb der Architektur, werden Datenbestände vereinheitlicht und Abstimmungsaufgaben verringert. Somit ermöglicht der integrierte Buchungsbeleg einen schnelleren Monatsabschluss, da viele Abschlussaufgaben entfallen. Die freiwerdenden Kapazitäten können dann wertstiftend in Expertenanalysen und Bewertungen sowie die Beratung des Managements investiert werden.
Darüber hinaus erleichtert die HANA-Architektur den Echtzeitzugriff auf verschiedene externe Datenquellen und die Berücksichtigung dieser Daten in allen Anwendungen. Dadurch werden neue Anwendungstypen wie Predictive Analytics und die verstärkte Berücksichtigung externer Daten, insbesondere auch non-FI Daten, ermöglicht.