Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
Nach § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG sind Zinsaufwendungen eines Betriebs nur in Höhe des Zinsertrags, darüber hinaus nur bis zur Höhe des verrechenbaren EBITDA, abziehbar (sog. Zinsschranke). Der vollständige Abzug der Zinsaufwendungen wird gewährt, wenn
- die Nettozinsaufwendungen die Freigrenze von 3 Mio. EUR nicht übersteigen,
- der Betrieb nicht oder nur anteilsmäßig zu einem Konzern gehört (sog. Konzern- oder Stand-alone-Klausel) oder
- der Betrieb zu einem Konzern gehört und seine Eigenkapitalquote (das Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme) am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtags gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (sog. Eigenkapital-Escape). Ein Unterschreiten der Konzerneigenkapitalquote um bis zu 2 Prozentpunkte ist dabei unschädlich.
Die Regelungen des § 4h EStG (entsprechend über § 8a KStG für das Körperschaftsteuerrecht) wurden umfassend angepasst.
Definition der Zinsaufwendungen und Zinserträge
In § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG wurde der Begriff der Zinsaufwendungen durch die Aufnahme eines Verweises auf Art. 2 Abs. 1 ATAD-Richtlinie erheblich erweitert. Neben Vergütungen für (die Überlassung von) Fremdkapital sind dann künftig Zinsaufwendungen für alle Arten von Forderungen oder andere wirtschaftlich mit Zinsen vergleichbare Aufwendungen sowie Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Finanzmitteln bzw. (Fremd-)Kapital erfasst. Das Ganze führt zu einem Bedeutungszuwachs der Abgrenzung zu den gewerbesteuerlich hinzuzurechnenden Finanzierungsaufwendungen.
Unter den Begriff der Zinserträge fallen künftig (entsprechend den ATAD-Vorgaben) neben den Erträgen aus Kapitalforderungen jeglicher Art auch wirtschaftlich gleichwertige Erträge im Zusammenhang mit Kapitalforderungen (§ 4h Abs. 3 Satz 3 EStG).
Anpassung der Konzernklausel
Die Konzernklausel greift künftig nur noch, wenn der Steuerpflichtige keiner Person i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG nahesteht und über keine Betriebsstätte außerhalb des (Wohn-)Sitzstaats, des Staats des gewöhnlichen Aufenthalts oder der Geschäftsleitung verfügt (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG neu).
Anpassung beim Eigenkapital-Escape
Der Eigenkapital-Escape bleibt im Wesentlichen bestehen. Nach bisheriger Konzernabgrenzung in § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG gehörten solche Betriebe zu einem Zinsschrankenkonzern, die mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert werden oder werden könnten. Um dem Mindeststandard der ATAD zu entsprechen, wurden die Wörter "werden könnte" gestrichen. Das schränkt den Umfang des Zinsschrankenkonzerns etwas ein.
Anpassungen bei Zins- und EBITDA-Vorträgen
Ein nicht verbrauchter Zins- oder EBITDA-Vortrag geht auch im Fall der Aufgabe oder Übertragung eines Teilbetriebs anteilig unter (§ 4h Abs. 5 Satz 4 EStG neu).
Weiterhin erfolgte eine Anpassung der Regelung zur Förderung von sog. langfristigen öffentlichen Infrastrukturprojekten (§ 4h Abs. 6 EStG). Zinsaufwendungen und -erträge, die aus Darlehen zur Finanzierung solcher Projekte resultieren und auf Grund von allgemeinen Förderbedingungen vergeben werden, sind unter gewissen Voraussetzungen keine Zinsaufwendungen und -erträge i.S.v. § 4h Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG und bleiben entsprechend auch bei der Ermittlung des verrechenbaren EBITDA außer Ansatz (§ 4h Abs. 6 Satz 3 EStG).
Ergänzend zu den Änderungen in § 4h EStG wurde die Norm des § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG dahingehend ergänzt, dass bei Steuerpflichtigen i.S.d. KStG alle Einkünfte als in einem Betrieb i.S.d. § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG erzielt gelten.
Laut Gesetzesbegründung soll damit verhindert werden, dass beschränkt steuerpflichtige und unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 KStG u.U. mehrere Betriebe haben können. Unterhält etwa eine beschränkt steuerpflichtige französische Gesellschaft in Deutschland zwei eigenständige Betriebe, werden die beiden Betriebe für Zwecke der Zinsschranke künftig als lediglich ein Betrieb angesehen.
Infolge der Anpassung der Konzernklausel erfolgte die Streichung des § 8a Abs. 2 KStG. Hinsichtlich der Prüfung der 10 %-Grenze zur schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung erfolgt in § 8a Abs. 3 KStG zum einen eine Anpassung an die ATAD-Vorgaben hinsichtlich der maßgeblichen Beteiligungsgrenze ("mindestens" statt "mehr als 25%"). Zum anderen wird in das Gesetz aufgenommen, dass die Vergütungen für Fremdkapital der einzelnen qualifiziert beteiligten Gesellschafter zusammenzurechnen sind (Gesamtbetrachtung, Reaktion auf BFH-Urteil v. 11.11.2015, I R 57/13, BStBl 2017 II S. 319, vgl. BMF-Schreiben v. 4.7.2008, BStBl 2008 I S. 718, Tz. 82).