Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
Die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft erfordert u.a. auch einen zivilrechtlich wirksamen, auf mindestens fünf (Zeit-)Jahre abgeschlossenen Ergebnisabführungsvertrag, der während seiner gesamten Geltungsdauer auch tatsächlich durchgeführt wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG).
Laut BFH ist ein Ergebnisabführungsvertrag nicht tatsächlich durchgeführt, wenn der gegen die Organträgerin bestehende Anspruch auf Verlustübernahme in der Bilanz der Organgesellschaft nicht ausgewiesen wird (BFH, Urteil v. 2.11.2022, I R 37/19, BStBl 2023 II S. 409). Dies gelte auch dann, wenn die Zahlung des Verlustausgleichsbetrags tatsächlich erfolgt. Laut BFH muss der Ergebnisabführungsvertrag während der gesamten Geltungsdauer tatsächlich "gelebt" werden, d.h. die entsprechenden Forderungen und Verbindlichkeiten müssen auch in den Jahresabschlüssen gebucht werden.
Das Tatbestandsmerkmal der tatsächlichen Durchführung kann laut BFH auch nicht durch einen vorläufigen Jahresabschluss erfüllt werden (BFH, Urteil v. 2.11.2022, I R 29/19, BStBl 2023 II S. 405). Vielmehr komme es auf das Ergebnis an, das bei zutreffender Anwendung der handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätze in einem endgültigen Jahresabschluss auszuweisen wäre. Dies gelte auch für den Fall der Insolvenz.
In beiden Fällen wurde der Ergebnisabführungsvertrag nicht tatsächlich durchgeführt, da der Verlustausgleichsanspruch gar nicht (I R 37/19) bzw. die (fehlerhafte) Ergebnisabführung in einem lediglich vorläufigen Jahresabschluss (I R 29/19) gebucht worden war. Die Nichtdurchführung konnte laut BFH auch nicht durch § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG geheilt werden, da diese Regelung nicht das Nichtbilanzieren der Ausgleichsansprüche selbst (I R 37/19) bzw. einen nur vorläufigen Jahresabschluss (I R 29/19) erfasse.
Die Nichtdurchführung des Ergebnisabführungsvertrags innerhalb der Mindestvertragslaufzeit führte daher insgesamt zu einer rückwirkenden Nichtanerkennung der Organschaft seit ihrer Begründung. Ob auch eine Nichtdurchführung des Ergebnisabführungsvertrags nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit zu einer rückwirkenden Nichtanerkennung der Organschaft von Anfang an geführt hätte, hat der BFH zwar nicht ausdrücklich verneint. Allerdings kann laut BFH aufgrund des systematischen Zusammenhangs der Durchführungsregel mit der Regelung der Mindestvertragslaufzeit jedenfalls auch nicht geschlossen werden, dass eine Nichtdurchführung des Ergebnisabführungsvertrags in einem Veranlagungszeitraum nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit zu einer rückwirkenden Nichtanerkennung der Organschaft seit Vertragsbeginn führen würde.