Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
Bislang konnte laut BFH und Finanzverwaltung eine Personengesellschaft nur dann Organgesellschaft sein, wenn der Organträger (mittelbar oder unmittelbar) sämtliche Anteile an ihr hält. Sobald ein fremder Dritter an der Personengesellschaft beteiligt war, konnte diese Personengesellschaft nicht Organgesellschaft sein. Hingegen genügt bei einer Körperschaft die mehrheitliche Beteiligung an den stimmberechtigenden Anteilen für die finanzielle Eingliederung. Dieser einschränkenden Auslegung in Bezug auf Personengesellschaften hatte der EuGH einer Absage erteilt (Urteil v. 15.4.2021, C-868/19, BFH/NV 2021 S. 925). Dem schloss sich der BFH an und hält es nun auch für unschädlich, wenn neben dem Organträger auch fremde dritte Personen, die nicht finanziell in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sind, an der Personenhandelsgesellschaft beteiligt sind (BFH, Urteil v. 16.3.2023, V R 14/21 (V R 45/19), BFH/NV 2023 S. 790).
Damit kann laut BFH eine Personenhandelsgesellschaft mit einer kapitalistischen Struktur doch Organgesellschaft sein. Dennoch dürften noch Fragen nach der genauen Ausgestaltung des Begriffs einer kapitalistischen Struktur offen sein. Außerdem ist noch offen, ob nicht kapitalistisch strukturierte Personengesellschaften weiterhin vollständig in den Organträger eingegliedert sein müssen.
Der BFH äußerte sich zudem zu verfahrensrechtlichen Konsequenzen. Organträger und Organgesellschaft könnten für einen gegebenen Veranlagungszeitraum nicht gegenläufig besteuert werden. Es sei somit nicht möglich, dass einerseits die Organgesellschaft auf ihrer Ebene aufgrund der geänderten Rechtsprechung als Teil des Organkreises behandelt werde, der Organträger aber andererseits aufgrund der bisherigen, nun überholten Rechtsprechung (noch) als Organträger ohne die Personengesellschaft als Organgesellschaft. Der Organträger, zu dessen Gunsten der Änderungsschutz nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO wirken würde, müsse diesen Schutz durch die Stellung eines Änderungsantrags entfallen lassen, um so die Besteuerung der Umsätze der Organgesellschaft bei sich als Organträger zu ermöglichen. Der BFH sieht diese Einschränkung als durch den Grundsatz von Treu und Glauben gedeckt an.
Die Reaktion des BMF bleibt abzuwarten. Steuerpflichtige, die auch für die Vergangenheit einen Vorteil aus der geänderten Rechtsprechung haben können, sollten Handlungsbedarf prüfen, wenn für vergangene Veranlagungszeiträume droht, dass diese verfahrensrechtlich nicht mehr geändert werden können.