Die ABC-Gruppe verfolgt seit rund 20 Jahren die Strategie, ihre Intellectual Properties (z. B. Technologien, Patente, Know-how, Marken, Designs u. a.) im Sitzland der Konzernobergesellschaft ABC AG zu zentralisieren (rechtliche und wirtschaftliche Eigentümerin). Eine entscheidende Rolle spielt dabei das Geschäftsmodell der Auftragsforschung. Im Zuge von M&A-Transaktionen werden beispielsweise werthaltige immaterielle Wirtschaftsgüter der akquirierten Unternehmen(-sgruppen) zur ABC AG transferiert, z. B. durch Verkauf oder Einbringung. Parallel dazu werden von der ABC AG Auftragsforschungsverträge mit den neuen verbundenen Unternehmen abgeschlossen, um der Entstehung von "IP-Inseln" nach dem IP-Transfer und damit einer Fragmentierung der IP-Eigentumsverhältnisse in der ABC-Gruppe entgegenzuwirken.
In der Vergangenheit reichte es aus, dass die ABC AG zunächst einen standardisierten Dienstvertrag zur Erbringung von Auftragsforschungsleistungen mit einem verbundenen Unternehmen abschloss. Auf dieser rechtlichen Grundlage wurden (bzw. werden) die entsprechenden lokalen F&E-Kosten der Konzernobergesellschaft in Rechnung gestellt, und zwar mithilfe der Kostenaufschlagsmethode (z. B. Entlohnung mit 8 % Gewinnaufschlag auf F&E-Vollkosten, fakturiert in lokaler Währung der leistenden Gesellschaft). Damit geht lokal neu entstehendes IP ins rechtliche Eigentum der ABC AG über und wird an die AG übertragen. Diese Verhältnisse haben sich seit dem Abschluss des OECD-BEPS-Projektes Ende 2015 deutlich geändert.
In Betriebsprüfungen an den Standorten der ausländischen verbundenen Gesellschaften, die – neben ihrem lokalen operativen Hauptgeschäft – zum Teil auch Auftragsforschungsservices als "Nebenleistungen" (wertmäßig) für die ABC AG erbringen, wird zunehmend infrage gestellt, ob bzw. dass die ABC AG die lokalen F&E-Aktivitäten tatsächlich steuert, kontrolliert und angemessen entlohnt, und zwar im Sinne des DEMPE-Konzeptes der 2017er OECD-Verrechnungspreisleitlinien (Kapitel VI).
Die Steuerabteilung, das Controlling und die F&E-Organisation der ABC-Gruppe sehen sich daher mit der neuen Herausforderung konfrontiert, die langjährig gelebte Praxis der Auftragsforschung in einer Art und Weise zu dokumentieren und zu verteidigen, die deutlich aufwendiger, detaillierter und umfassender ist, als es in früheren Jahren notwendig war. Die nachfolgenden Ausführungen beschreiben, wie die ABC AG dieser Herausforderung bislang erfolgreich begegnet, und zwar unter Federführung der Steuerabteilung, mit engagierter Unterstützung der verantwortlichen Controller, Forscher und Entwickler.