Dipl.-Finw. (FH) Holm Geiermann
Die Höhe der Urlaubsrückstellungen kann nach 2 verschiedenen Berechnungsmethoden ermittelt werden:
- Individualberechnung für den einzelnen Arbeitnehmer;
- Durchschnittsberechnung für die gesamte Belegschaft.
2.1 Individualberechnung
Dieses Beispiel erläutert die Berechnung eines Tageswerts für das Urlaubsentgelt. Bei der Berechnung der Rückstellung aus dem Jahresverdienst kann wie folgt vorgegangen werden:
Ermittlung der Urlaubsrückstellungen
Ein Arbeitnehmer (5-Tage-Woche) hat am 31.12.2018 noch Anspruch auf 15 Tage Urlaub. Aus den Lohn- und Finanzbuchhaltungsunterlagen der Firma ermittelt sein Arbeitgeber folgende Zahlen für das Jahr 2021:
Bruttoarbeitslohn lt. Lohnkonto |
52.000 EUR |
abzüglich darin enthaltenes Weihnachtsgeld |
./. 4.000 EUR |
Zwischensumme |
48.000 EUR |
+ 19,325 % Arbeitgeberanteil |
+ 9.276 EUR |
Bemessungsgrundlage |
57.276 EUR |
Die Bemessungsgrundlage ist durch 250 Tage zu teilen. Es ergibt sich so ein Tageswert i. H. v. 229,10 EUR. Die Urlaubsrückstellung für diesen Arbeitnehmer beträgt somit:
229,10 EUR (= Urlaubsentgelt/Tag) × 15 Urlaubstage = Rückstellung 3.437 EUR.
2.2 Durchschnittsberechnung
Die Individualberechnung ist relativ kompliziert und verursacht – insbesondere bei größeren Unternehmen – einen unverhältnismäßig hohen Aufwand. Deshalb wird zulässigerweise häufig von der einfacheren Durchschnittsberechnung Gebrauch gemacht, die im Einzelfall aber nicht pauschal und einheitlich für das gesamte Unternehmen angewendet werden muss, sondern für einzelne Abteilungen auch jeweils getrennt erfolgen kann. Diese Vorgehensweise wird vor allem dann begründet sein, wenn sich für die einzelnen Einheiten oder auch für Gruppen von Beschäftigten aus verschiedenen Abteilungen spezifische Besonderheiten ergeben, denen eine globale Durchschnittsberechnung nicht gerecht wird, z. B.
- Kostenbestandteile, wie z. B. Weihnachtsgeld, die nicht bei allen Arbeitnehmern vorkommen;
- Ansatz des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung nicht bei allen Arbeitnehmern, weil verschiedene Beschäftigte die Beitragsbemessungsgrenze überschritten haben.
In diesen Fällen besteht die Gefahr von Unter- und Überbewertungen.
Berechnung der durchschnittlichen Tageswerte
Ein Unternehmen hat zur Ermittlung der Urlaubsrückstellungen nach dem Durchschnittsverfahren seine Belegschaft in 3 Gruppen eingeteilt:
Gruppe 1: |
Mitarbeiter, die über der Beitragsbemessungsgrenze liegen (alle erhielten Weihnachtsgeld als einmalige Sondervergütung): rückständige Urlaubstage gesamt: |
150 Tage |
Gruppe 2: |
Übrige Arbeitnehmer mit Weihnachtsgeld: rückständige Urlaubstage gesamt: |
300 Tage |
Gruppe 3: |
Übrige Arbeitnehmer ohne Weihnachtsgeld: rückständige Urlaubstage gesamt: |
250 Tage |
Die Berechnung der durchschnittlichen Tageswerte führte zu folgenden Ergebnissen (bei 250 Arbeitstagen):
Gruppe 1: |
nach Abzug der Weihnachtsgelder |
300 EUR |
Gruppe 2: |
nach Abzug der Weihnachtsgelder einschl. AG-Anteil SozVers |
250 EUR |
Gruppe 3: |
einschl. AG-Anteil SozVers |
200 EUR |
|
|
750 EUR |
Die Firma kann nun einen Durchschnittswert für das gesamte Unternehmen wie folgt bilden:
Summe der obigen Tageswerte (= 750 EUR : 3) = 250 EUR durchschnittlicher Tageswert
Urlaubsrückstellung (= 700 Urlaubstage × 250 EUR) = 175.000 EUR.
Genauso richtig und zulässig wäre es im Beispielsfall allerdings auch, die Rückstellung unter Anwendung der Tageswerte der einzelnen Gruppen, multipliziert mit dem Urlaubsanspruch der jeweiligen Gruppe, zu berechnen.
Um eine gewisse Kontinuität (Stetigkeitsgrundsatz, § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) bei der Bilanzierung zu erreichen, sollte das einmal gewählte Berechnungsverfahren über mehrere Bilanzstichtage hinweg beibehalten werden. Ein Wechsel ist nur dann zu empfehlen, wenn sachliche Gründe dafür sprechen, z. B. weil sich die betrieblichen Verhältnisse wesentlich verändert haben.