Welches System ist gemeint?
Obwohl für die meisten Organisationen die Frage nach der Abgrenzung relativ einfach zu beantworten ist, ergeben sich aus unklaren Schnittstellen immer wieder große Probleme für die tägliche Arbeit. Wer eine Wissensbilanz erstellt, soll daher zu Beginn definieren, welches System er genau meint, was "drinnen" ist und was nicht.
Für sehr kleine Organisationen wie auch für Teilgesellschaften in Konzernen verschwimmen die Grenzen:
- Humankapital wird zu Beziehungskapital (z. B. wenn klar wird, dass vermeintliche Mitarbeiter eigentlich Freelancer sind).
- Vermeintliches Strukturkapital stellt sich möglicherweise als gar nicht vorhanden heraus (z. B. wenn klar wird, dass vorwiegend in Projekten und nicht in Prozessstrukturen gearbeitet wird).
Was ist wichtig für den Erfolg?
Es folgt die Beantwortung der Frage: Was ist zentral für unseren Erfolg? Damit liefert die Wissensbilanz als erstes Ergebnis ein grobes Inventar an (immateriellen) Ressourcen, mit denen die strategischen Ziele besser erreicht werden. Es ist verlockend, mit einem "Set an Standardfaktoren" zu beginnen, um sich die mühevolle Suche nach den eigenen Erfolgsfaktoren zu ersparen. Trotz der offensichtlichen Ökonomie dieser Abkürzung ist aber genau dieser Ansatz der Grund für viele Frustrationen bei der späteren Ergebnisinterpretation. Wie kann man "spezifische" und "konkrete" Hinweise aus einer Analyse erwarten, ohne sich die Mühe zu machen, sie dem Unternehmen anzupassen?
Wenn das Intellektuelle Kapital einer Organisation den entscheidenden Wettbewerbsvorteil begründet, dann ist es nicht zu viel verlangt, hier auch den Aufwand zur Identifikation und sauberen Abgrenzung zu leisten. Insbesondere die saubere Definition und vor allem das gemeinsame Verständnis über diese Einflussfaktoren ist entscheidend, um auch für die tägliche operative (Selbst-)Steuerung der Mitarbeiter die passende Sprache zu entwickeln.
Die Unternehmensstrategie bildet den zentralen Maßstab für alle Bewertungen
Der entscheidende Akt in dieser Phase einer Wissensbilanz ist aber die Definition des Bewertungsmaßstabs. Da die Wissensbilanz sich auf die Zukunft bezieht, zählt nicht, was in der Vergangenheit erreicht wurde, sondern, ob die derzeit verfügbaren Ressourcen und Strukturen angemessen sind, um die strategischen Ziele zu erreichen. Für viele kleine Organisationen kann die Antwort relativ einfach ausfallen: Weiter wie bisher! Für ambitioniertere Organisationen mag das aber zu wenig sein.