Tz. 7
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Angaben zu sog. "nichtfinanziellen" Leistungsindikatoren können dem Lagebericht bereits seit seiner Einführung in das Handelsgesetzbuch durch Umsetzung der 4. EG-Richtlinie zugeordnet werden (vgl. Böcking/Dutzi/Gros, in: Bilanzrecht, 83. Erg.Lfg., § 289 HGB, Rz. 232 unter Verweis auf § 289 Abs. 2 Nr. 2 HGB und den Lageberichtspflichten im Kontext der Forschungs- und Entwicklungsberichte sowie dem Prognose- oder Wirtschaftsbericht, bei denen insb. Umwelt- und Sozialberichte herangezogen wurden). Bei weniger strenger Betrachtung finden sich indes erste explizite gesetzliche Regelungen zur Berichterstattung über nichtfinanzielle Angaben in der Unternehmensberichterstattung erst in den Lageberichtsvorschriften der §§ 289 Abs. 3, 315 Abs. 3 HGB, die nur für große Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Abs. 3 HGB sowie Konzerngesellschaften einschlägig sind. Diese Regelungen wurden 2004 mit dem Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG – Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung, BR-Drucks. 852/04 v. 5.11.2004) eingeführt, welches als Artikelgesetz die sog. Modernisierungsrichtlinie (Richtlinie 2003/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2003 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen, ABl. EU Nr. L 178) der EU in nationales Recht transformiert hat. Die Modernisierungsrichtlinie ist wiederum eine Änderungsrichtlinie, die das geltende europäische Bilanzrecht, insbesondere in Form der damaligen Bilanzrichtlinie (Richtlinie 78/660/EWG (aufgehoben)) und Konzernbilanzrichtlinie (Richtlinie 83/349/EWG (aufgehoben)), aktualisiert und harmonisiert und in die modernisierte Bilanzrichtlinie überführt hat (Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, ABl. EU L182 vom 29.06.2013). In dem hiesigen Kontext wurden insbesondere die ausführlichen Regelungen über den Inhalt der Lageberichterstattung aus Art. 1 Nr. 14 (betreffend Art. 46 der Bilanzrichtlinie) sowie Art. 2 Nr. 10 (betreffend Art. 36 Abs. 1 der Konzernbilanzrichtlinie) der Modernisierungsrichtlinie in das deutsche HGB überführt. Nach dem Erwägungsgrund 9 der Modernisierungsrichtlinie sollen ökologische und soziale Bezüge der Geschäftstätigkeit "stärker als bisher üblich" in die Lageberichterstattung einbezogen werden (vgl. BT-Drucks. 15/3149, S. 30). Das BilReG fordert im Sinne einer stakeholderorientierten Berichterstattung die Einbeziehung nichtfinanzieller Leistungsindikatoren in die Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage der Gesellschaft bzw. des Konzerns, sofern diese für deren Verständnis bedeutsam sind. Es nennt dabei (beispielhaft) Umwelt- und Arbeitnehmerbelange, wobei es sich um keine abschließende Aufzählung handelt (vgl. Lageberichterstattung nach § 289 Abs. 1 und 3 HGB bzw. § 315 Abs. 1 HGB in der Fassung des Bilanzrechtsreformgesetzes, IDW RH HFA 1.007, Tz. 15 (aufgehoben am 19.06.2013)). Als weitere nichtfinanzielle Leistungsindikatoren werden die Entwicklung des Kundenstamms, das Humankapital, der Bereich Forschung und Entwicklung sowie die gesellschaftliche Reputation des berichtenden Unternehmens angesehen, worin eine Weiterentwicklung von der klassischen Finanzberichterstattung zu einem "Business Reporting" gesehen wurde (vgl. Pfitzer/Oser/Orth, 2006, S. 105).
Tz. 8
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Der Gesetzesbegründung zum BilReG ist zu entnehmen, dass der deutsche Gesetzgeber eine weitergehende Konkretisierung der Lageberichtspflichten dem Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) im Rahmen der Verabschiedung von Deutschen Rechnunglegungs Standards (DRS), namentlich eines E-DRS 20 "Lageberichterstattung" (vgl. E-DRS 20, Anhang A: Empfehlung de lege ferenda zur Umsetzung der Modernisierungsrichtlinie in § 315 HGB) zugedacht hatte, welcher Ende 2004 als DRS 15 "Lageberichterstattung" im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde (vgl. BAnz Nr. 40a vom 26. Februar 2005; DRS 15 wurde von dem am 14.09.2012 vom DRSC verabschiedeten und am 04.12.2012 vom BMJ bekanntgegebenen DRS 20 ersetzt. Insofern stellt DRS 15 die erste deutsche Norm dar, die auf die Berichterstattung über nichtfinanzielle Leistungsindikatoren Bezug genommen hat. Die Regelungen galten für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2004 begonnen haben. DRS 15 stellte die Grundsätze auf, nach denen die Lageberichterstattung zu erfolgen hatte: vollständig, verlässlich sowie klar und übersichtlich. Dabei sollte die Sicht der Unternehmensleitung vermittel...