1. Zielsetzung der EU-Taxonomie-Verordnung
Tz. 43
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Die Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088, ABl. EU L 198 vom 22.06.2020 – im Folgenden "EU-Taxonomie-Verordnung" – wurde am 22.06.2020 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und trat am 12.07.2020 in Kraft. Sie entfaltet unmittelbare Bindungswirkung gegenüber den in Deutschland berichtspflichtigen Unternehmen, dh. einer Transformation in nationales Recht bedarf es nicht. Die EU-Taxonomie-Verordnung ist ein zentrales Rechtsinstrument, um nachhaltige Investitionen zu ermöglichen und auszuweiten und so den europäischen Grünen Deal umzusetzen. Mittels der Bereitstellung einer Definition der als ökologisch nachhaltig gelten Wirtschaftstätigkeiten, soll es Unternehmen, Anleger und politischen Entscheidungsträger ermöglicht werden, Investitionen verstärkt dahin zu lenken, wo sie aus ökologischer und sozialer Sicht am dringendsten benötigt werden.
Die EU-Taxonomie-Verordnung gilt gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchst. c) der Verordnung insbesondere für Finanzunternehmen und Nicht-Finanzunternehmen, für die die Verpflichtung besteht, eine nichtfinanzielle Erklärung oder eine konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung nach Art. 19a bzw. 29a der Richtlinie 103/34/EU (Bilanzrichtlinie) zu veröffentlichen. Derzeit ergibt sich diese Verpflichtung aus der Richtlinie 2014/95/EU (Non-Financial Reporting Directive) (Art. 1 EU-Taxonomie-Verordnung).
Die EU-Taxonomie-Verordnung gilt seit dem 01.01.2022 für alle Unternehmen in Deutschland, die bereits nach dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) berichtspflichtig sind (sog. NFRD-Anwender). Aufgrund der Verabschiedung und Veröffentlichung der CSRD-Richtlinie, wird sich der persönliche Anwendungsbereich der EU-Taxonomie-Verordnung auf den persönlichen Anwendungsbereich der CSRD erweitern (Gleichlauf des persönlichen Anwendungsbereichs von EU-Taxonomie und CSRD). Zu beachten ist allerdings, dass mit der Richtlinie 2022/2464/EU (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) nicht nur der persönliche Anwendungsbereich infolge der Änderung der zuvor genannten Bilanzrichtlinie, als auch der Änderung der Richtlinie 2004/109/EG (Transparenzrichtlinie) zukünftig erweitert wird, sondern auch der zeitliche Anwendungsbereich maßgeblich davon beeinflusst ist. Beispielsweise fallen ab dem Berichtszeitraum 2025 alle großen Kapitalgesellschaften – unabhängig davon, ob sie kapitalmarktorientiert sind oder nicht – unter die Berichtspflicht, sofern keine Befreiungsvorschriften greifen (ua. das sog. Konzernprivileg).
Tz. 44
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Entsprechend den derzeitigen Regelungen zur Offenlegung der nichtfinanziellen Erklärung als Bestandteil der Lageberichterstattung oder außerhalb der Lageberichterstattung mittels eines eigenständigen nichtfinanziellen Berichts, kann das berichtspflichtige Unternehmen seine Berichterstattung nach der EU-Taxonomie-Verordnung in einer der Varianten der vier Optionen offenlegen.
Tz. 45
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Die EU-Taxonomie-Verordnung klassifiziert in einheitlicher Art und Weise ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten anhand technischer Bewertungskriterien (Technical Screening Criteria), die anhand delegierter Rechtsakte der Kommission festgelegt werden. Der erste delegierte Rechtsakt zur Festlegung der technischen Bewertungskriterien für Wirtschaftstätigkeiten, die einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel leisten ("Delegierter Rechtsakt zur Klimataxonomie") wurde am 04.07.2021 erlassen und legt fest, welche Wirtschaftsaktivitäten als ökologisch nachhaltig gewertet werden können (vgl. Delegierte Verordnung (EU) der Kommission zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung der technischen Bewertungskriterien, anhand deren bestimmt wird, unter welchen Bedingungen davon auszugehen ist, dass eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz oder zur Anpassung an den Klimawandel leistet, und anhand deren bestimmt wird, ob diese Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen eines der übrigen Umweltziele vermeidet, C(2021) 2800 final, insb. Art. 3 und 9). Ein weiterer delegierter Rechtsakt zur Festlegung der technischen Bewertungskriterien für vier weitere Umweltziele (vgl. Tz. 50) – namentlich der nachhaltigen Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, die Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie der Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme – steht derzeit noch aus ("delegierter Rechtsakt zur Umwelttaxonomie").
Tz. 46
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Ebenso wird mit einem entsprechenden Rechtsakt zu rechnen sein, sobald neben den Umweltzielen seitens der EU-Kommission auch soziale Ziele festgelegt werden sollten. Einen Vorschlag zur Sozialtax...