Tz. 188

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Manche Geschäftsvorfälle sind als eigenkapitalbasierte Vergütungstransaktionen zu qualifizieren, obwohl es nicht zur Übertragung von Aktien bzw. ähnlichen Anteilen, Optionen oder anderen Eigenkapitalinstrumenten kommt. Hierbei handelt es sich regelmäßig um Vergütungstransaktionen, bei denen eine Barvergütung auf die Wertentwicklung eines Eigenkapitalinstrumentes bedingt wird. Insofern liegen fingierte bzw. virtuelle anteilsbasierte Vergütungen vor. Die bilanzielle Abbildung virtueller anteilsbasierter Vergütungstransaktionen ist weniger komplex als die beim Einsatz realer Eigenkapitalinstrumente, weil sich für den Empfänger in den meisten Fällen keine Eigentümerstellung ergibt (vgl. Pellens et al., 2021, S. 590f.). Vielmehr kommt es im Gegensatz zu realen Optionsprogrammen auf Unternehmensebene zu einem Liquiditätsabfluss. Insgesamt nutzen Unternehmen, die einem Index zugehören, häufiger virtuelle als reale aktienbasierte Vergütungen. Dabei werden Leistungshorizonte von drei bis vier Jahren verwendet (vgl. Aust, IRZ 2018, S. 398f.).

 

Tz. 188a

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Bei der Abgrenzung anteilsbasierter Vergütungen mit Barausgleich zur Gewährung von Eigenkapitalinstrumenten stellt die Verpflichtung des Unternehmens, der Gegenseite liquide Mittel zu überlassen, das zentrale Abgrenzungskriterium dar. Insofern rückt die formale Ausgestaltung in den Vordergrund, was eine Umkehrung des Grundsatzes "substance over form" bedeutet. So stellt zB die Befriedigung eines Anspruchs auf die Übergabe von Aktien durch unmittelbar vorher am Markt erworbene Wertpapiere keine anteilsbasierte Vergütung mit Barausgleich dar, weil keine Verpflichtung zur Barzahlung unmittelbar an die Gegenseite bestand. Dies gilt unabhängig davon, dass ein Mittelabfluss im unmittelbaren Zusammenhang mit der Anspruchserfüllung stattgefunden hat. Gleiches gilt für den umgekehrten Fall, in dem das Unternehmen für die Mitarbeiter, die an dem Optionsprogramm partizipieren, den Verkauf der im Rahmen der Optionsausübung übereigneten Aktien organisiert, zB unter Einschaltung eines Brokers. Hier erhält der Mitarbeiter in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zur Optionsausübung zwar Bargeld, aber das Unternehmen selbst war nicht zur Barabgeltung verpflichtet. Insofern liegt ebenfalls keine anteilsbasierte Vergütung mit Barausgleich vor (vgl. EY, International GAAP 2022, Kap. 29, Abschn. 9.2).

 

Tz. 189

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Bspw. können virtuelle Optionen, dh. Stock Appreciation Rights (SARs), als Vergütungskomponente angeboten werden. Entscheidet sich der Mitarbeiter für die Ausübung der virtuellen Option, so erhält er in bar den Börsenkurs der zugrunde liegenden Aktie im Ausübungszeitpunkt abzüglich des vertraglich vereinbarten Basispreises. Dabei ist zu beachten, dass die Ausgestaltung von Vergütungsprogrammen, die auf SARs basieren, mehr Freiheitsgrade aufweist als die realer Optionsprogramme, weil SARs nicht den aktienrechtlichen Bestimmungen unterliegen (vgl. Gelhausen/Hönsch, WPg 2001, S. 71). Da SARs aufgrund ihres Optionscharakters typischerweise nicht zum Bezug von Dividenden berechtigen, werden sie auch als Wertsteigerungsrechte ohne Dividendenkomponente bezeichnet (vgl. Ramscheid, in: Beck’sches IFRS-Handbuch, 6. Aufl., § 24, Tz. 2).

 

Tz. 190

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Die Nachbildung von Auszahlungsansprüchen aus Aktien wird als Wertsteigerungsrecht mit Dividendenkomponente, virtuelle Aktie oder phantom stock bezeichnet. Der Berechtigte erhält nicht nur einen Barzahlungsanspruch auf die fiktive Kurssteigerung, die der Differenz zwischen Börsenkurs der fingierten Aktie im Ausübungszeitpunkt und dem ggf. modifizierten Börsenkurs im Begebungszeitpunkt entspricht, sondern darüber hinaus die während der vertraglich bestimmten Laufzeit des virtuellen Aktienprogramms angefallenen Dividenden, die ggf. ebenfalls nach festgeschriebenen Modifikationen aus den tatsächlich ausgeschütteten Dividenden hergeleitet werden. Ein alternativer Durchführungsweg ist die reale Gewährung von Aktien, die verpflichtend, zum Beispiel bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder nach Wahl des Mitarbeiters, zurückgegeben werden müssen (IFRS 2.31). IFRS 2.31 stellt nach dem Amendment 2016 klar, dass es sich bei den hier angeführten Gestaltungswegen lediglich um Beispiele für anteilsbasierte Vergütungen mit Barausgleich handelt. Es ist also in jedem Einzelfall zu prüfen, ob eine derartige Vergütungsform vorliegt.

 

Tz. 191

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

In der Literatur wird hinterfragt, ob virtuelle Eigenkapitalinstrumente buchhalterisch analog zu realen Eigenkapitalinstrumenten behandelt werden sollten (vgl. Gebhardt, BB 2003, S. 675), da sich die beiden Instrumente aus ökonomischer Perspektive – sie führen beim Begünstigten zu gleichen Zahlungskonsequenzen – entsprechen. Im Gegensatz zu realen anteilsbasierten Vergütungstransaktionen, bei denen Güter oder Dienstleistungen im Austausch gegen Gewährung von Eigenkapitalinstrumenten erworben werden, fü...

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