Dr. Stefan M. Schreiber, Prof. Dr. Dirk Simons
Tz. 202
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Lässt ein Unternehmen der Gegenpartei die Wahl, ob eine anteilsbasierte Vergütungstransaktion in bar oder durch die Ausgabe von Eigenkapitalinstrumenten beglichen werden soll, liegt die Gewährung eines zusammengesetzten Finanzinstruments vor. Folglich sind die Schuldkomponente, die das Recht der Gegenpartei auf Barvergütung beinhaltet, und die Eigenkapitalkomponente, die dem Recht der Gegenpartei auf einen Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente entspricht, zu Bilanzierungszwecken zu trennen (IFRS 2.35; vgl. auch Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (Hrsg.), IFRS-Kommentar, 20. Aufl., § 23, Tz. 130ff.). Die Schuldkomponente ist entsprechend den Vorschriften für anteilsbasierte Vergütungen mit Barausgleich (IFRS 2.30–33) zu behandeln. Die buchhalterische Behandlung der Eigenkapitalkomponente (falls vorhanden) richtet sich nach den Vorschriften für anteilsbasierte Vergütungen mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente (IFRS 2.10–29).
Tz. 203
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Weiterhin ist danach zu unterscheiden, ob der beizulegende Zeitwert der erhaltenen Güter und Dienstleistungen nach der Methode der direkten oder der indirekten Bewertung zu bestimmen ist. Wird der beizulegende Zeitwert der erhaltenen Güter und Dienstleistungen direkt ermittelt, so ist die Eigenkapitalkomponente des zusammengesetzten Finanzinstrumentes als Differenz zwischen dem beizulegenden Zeitwert der erhaltenen Güter und Dienstleistungen und dem beizulegenden Zeitwert der Schuldkomponente zum Zeitpunkt des Empfangs der Güter oder Dienstleistungen anzusetzen (IFRS 2.35).
Tz. 204
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Für andere Transaktionen – dazu gehören auch solche mit Mitarbeitern –, die einer direkten Bewertung unzugänglich sind, ist der beizulegende Zeitwert des zusammengesetzten Finanzinstruments zum Bewertungsstichtag indirekt zu bestimmen (IFRS 2.36). Der beizulegende Zeitwert des zusammengesetzten Finanzinstruments ergibt sich als Summe der beizulegenden Zeitwerte der beiden Einzelkomponenten. Dabei ist zunächst der beizulegende Zeitwert der Schuldkomponente zu bestimmen. Im Anschluss daran ist der beizulegende Zeitwert der Eigenkapitalkomponente zu bestimmen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Gegenseite ihr Recht auf Barausgleich aufgeben muss, um in den Genuss der Eigenkapitalinstrumente zu gelangen (IFRS 2.37).
Tz. 205
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Gerade für Führungskräfte- und Mitarbeitervergütungen sind die anteilsbasierten Vergütungen so konstruiert, dass sich die beizulegenden Zeitwerte der beiden Komponenten entsprechen, sodass unabhängig von der Ausübung des Erfüllungswahlrechtes der gleiche beizulegende Zeitwert übereignet wird. In diesen Fällen ist der beizulegende Zeitwert der Eigenkapitalkomponente mit null anzusetzen (IFRS 2.37). Für abweichende Konstruktionen liegt ein zusammengesetztes Finanzinstrument vor, dessen beizulegender Zeitwert höher ist als das der beiden isoliert bewerteten Einzelkomponenten, weil die Möglichkeit besteht, dass eines der beiden Instrumente stärker an Wert gewinnt als das andere (IFRS 2.BC259).
Tz. 206
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Im Erfüllungszeitpunkt ist die Schuld mit dem beizulegenden Zeitwert neu zu bewerten. Werden Eigenkapitalinstrumente anstelle von Barzahlungen gewährt, so ist die Schuld direkt ins Eigenkapital umzubuchen, als Gegenleistung für die ausgegebenen Eigenkapitalinstrumente (IFRS 2.39).
Tz. 207
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Erfolgt im Erfüllungszeitpunkt der Ausgleich in bar anstelle der Begebung von Eigenkapitalinstrumenten, so dient die Barzahlung der Tilgung der Schuldkomponente. Durch die Wahl der Barabgeltung verwirkt die Gegenpartei das Recht auf den Erhalt von Eigenkapitalinstrumenten. Alle vorher angesetzten Eigenkapitalkomponenten verbleiben im Eigenkapital, evtl. erfolgt eine Umbuchung von einer Eigenkapitalkomponente in eine andere (IFRS 2.40).
Tz. 208
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Nachfolgendes Beispiel verdeutlicht die bilanzielle Behandlung bei anteilsbasierten Vergütungstransaktionen mit Barausgleich, wenn das Erfüllungswahlrecht bei der Gegenseite liegt.
Beispiel (vgl. IFRS 2.IG Beispiel 13):
Sachverhalt: Ein Unternehmen gesteht einer Führungskraft das Recht zu, zwischen einem Barvergütungsanspruch in Form von 1.000 phantom stocks oder der Übereignung von 1.200 Aktien zu wählen. Eine Servicebedingung verlangt einen mindestens dreijährigen Verbleib im Unternehmen. Im Falle der Aktienübereignung verbietet eine zusätzliche Veräußerungsbeschränkung, die übereigneten Aktien vor Ablauf von drei weiteren Jahren zu verkaufen.
Zum Gewährungszeitpunkt liegt der Aktienkurs des Unternehmens bei EUR 50. Zum Ende des Jahres 1, 2 bzw. 3 notiert der Aktienkurs bei EUR 52, EUR 55 bzw. EUR 60. Das Unternehmen erwartet, in den nächsten drei Jahren keine Dividende auszuschütten. Unter Berücksichtigung der Veräußerungsbeschränkung schätzt das Unternehmen für die Alternative der Aktienübereignung den beizulegenden Zeitwert zum Gewährungszeitpunkt pro Aktie auf EUR 48.
Am Ende des Ja...