Prof. Dr. Christian Fink, Dr. Fedor Zeyer
Tz. 72
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Ein Unternehmen hat die Angaben zu Geschäftsvorfällen und Bestandsgrößen mit nahestehenden Unternehmen und Personen nicht zu machen, wenn die entsprechenden Beziehungen zu einer öffentlichen Stelle bestehen. Der IASB hat sich für diese Vereinfachungsregelung entschieden, da insbesondere in einem Umfeld mit einem hohen Anteil staatlicher Kontrolle der Umfang der Angabepflichten zu government-related entities schnell ein ausuferndes Maß annehmen kann.
So kann ein Unternehmen einerseits auf die genannten Angaben verzichten, wenn es von einer öffentlichen Stelle beherrscht, gemeinschaftlich geführt oder maßgeblich beeinflusst wird (IAS 24.25 (a)).
Ein Unternehmen kann die Vereinfachungsregelung andererseits aber auch dann in Anspruch nehmen, wenn es einem anderen Unternehmen nahesteht, weil dieselbe öffentliche Stelle beide Unternehmen beherrscht, an deren gemeinschaftlicher Führung beteiligt ist oder maßgeblichen Einfluss auf sie ausübt (IAS 24.25 (b)). Für diese Art der Beziehung kommt es explizit darauf an, dass die beiden Unternehmen über dieselbe öffentliche Stelle miteinander verbunden sind. So ist zB die Deutsche Post AG über die Beziehung zum Bund auch als nahestehendes Unternehmen der Deutschen Telekom AG und der Deutschen Bahn AG sowie deren verbundener Unternehmen zu werten. Anders verhält es sich hingegen beispielsweise in Bezug auf das Verhältnis bestimmter Landesbanken zueinander, da diese regelmäßig der Einflussnahme der unterschiedlichen Landesregierungen und nicht des Bundes unterworfen sind.
Beispiel 22:
Die öffentliche Stelle A hält 100 % der Anteile an der B GmbH und an der C GmbH und beherrscht diese. Die B GmbH hält wiederum 100 % der Anteile an der D GmbH und der E GmbH, die C GmbH ist in Besitz von jeweils 100 % der Anteile der F GmbH und der G GmbH. In allen Fällen ist von einem Beherrschungsverhältnis auszugehen. Herr H ist schließlich Mitglied der Unternehmensleitung der C GmbH und hat dort eine Schlüsselposition inne. Die G GmbH soll als berichterstattende Einheit behandelt werden.
Da alle genannten Unternehmen direkt oder indirekt von der öffentlichen Stelle A beherrscht werden, sind sie sowohl als government-related in Bezug auf ihre jeweilige Beziehung zur öffentlichen Stelle A, als auch als einander nahestehend zu klassifizieren. Aus Sicht der berichtenden G GmbH kann daher für die Beziehungen zu allen genannten Unternehmen sowie zur öffentlichen Stelle A die Vereinfachungsregel im Hinblick auf die zu leistenden Angaben in Anspruch genommen werden. Auch Herr H steht aufgrund seines Status als Mitglied der Unternehmensleitung der unmittelbaren Muttergesellschaft der G GmbH dieser nahe. Allerdings kann auf diese Beziehung die Vereinfachungsregelung nicht angewendet werden und es sind die vollumfänglichen Angabepflichten zu erfüllen.
Abb. 19
Tz. 73
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Nimmt ein Unternehmen die in IAS 24.25 gewährten Vereinfachungsregelungen in Anspruch, sind entsprechend den Vorgaben von IAS 24.26 bestimmte Angaben zu den dort aufgeführten Strom- und Bestandsgrößen zu machen:
Tz. 74
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Bei der Bestimmung des notwendigen Detaillierungsgrades übt das bilanzierende Unternehmen regelmäßig ein hohes Maß an Ermessen aus. Um hier einer für das Informationsniveau der Angaben schädlichen Ermessensentscheidung vorzubeugen, konkretisiert IAS 24.27 die in die Überlegungen einzubeziehenden Faktoren. So sind in diesem Zusammenhang sowohl die Nähe der Beziehung als auch andere Faktoren zur Bestimmung der Signifikanzniveaus eines Geschäftsvorfalls zu berücksichtigen. Derartige Faktoren können sein:
- der Umfang des Geschäftsvorfalls;
- die Durchführung des Geschäftsvorfalls zu marktunüblichen Bedingungen;
- der Geschäftsvorfall ist nicht dem regulären Tagesgeschäft zuzurechnen, zB ein Unternehmenserwerb;
- der Geschäftsvorfall ist einer Regierungs- oder Aufsichtsbehörde zu melden;
- der Geschäftsvorfall ist dem gehobenen Management gegenüber berichtspflichtig;
- der Geschäftsvorfall muss seitens der Anteilseigner genehmigt werden.
Auch wenn im Zusammenhang mit öffentlichen Stellen nahestehenden Unternehmen und Personen oftmals von einer Befreiung von der Berichtspflicht gesprochen wird, handelt es sich bei der Ausnahmeregelung de facto nicht um eine Befreiungsregelung ieS. der Bezeichnung. Eine Befreiung würde implizieren, dass von einer Berichterstattung zu den entsprechenden Beziehungen komplett abgesehen werden kan...