Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Eva Bracht
Tz. 149
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Aufgrund von fehlenden Bilanzierungsregelungen zum Erwerb von Anteilen an gemeinschaftlichen Tätigkeiten durch einen gemeinschaftlichen Betreiber waren in der Praxis unterschiedliche Bilanzierungsweisen (sog. IFRS 3 approach, cost approach und hybrid approach) zu beobachten (ausführlich vgl. IFRS 11.BC45B ff.; Zeyer/Frank, PiR 2013, S. 104f.). Im Mai 2014 veröffentlichte der IASB daher den Ergänzungsstandard "Bilanzierung von Erwerben von Anteilen an einer gemeinschaftlichen Tätigkeit (Änderungen an IFRS 11)". Durch die zusätzlichen Ausführungen bzw. Anpassungen an IFRS 11, die für Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2016 zu berücksichtigen sind, wird nun klargestellt, wie ein solcher Erwerb zu bilanzieren ist, wenn die gemeinschaftliche Tätigkeit ein Geschäftsbetrieb iSd. IFRS 3 ist.
Tz. 150
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Der Erwerber hat danach gem. IFRS 11.21A bei Erwerb von Anteilen an einer gemeinschaftlichen Tätigkeit, die ein Geschäftsbetrieb iSv. IFRS 3 ist, alle Prinzipien hinsichtlich der Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen aus IFRS 3 und anderen erwerbsbezogenen Regelungen anzuwenden, soweit diese nicht den Regelungen in IFRS 11 widersprechen (hier und im Folgenden vgl. Zeyer/Frank, PiR 2014, S. 267f.). Identifizierbare Vermögenswerte und Schulden sind demnach gemäß der Erwerbsmethode zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten (IFRS 11.B33A(a) iVm. IFRS 3.18). Ein Geschäfts- oder Firmenwert ist bei einer positiven Differenz zwischen übertragener Gegenleistung und anteilig erworbenem Nettovermögen im Erwerbszeitpunkt zu zeigen (IFRS 11.B33A(d) iVm. IFRS 3.32) und jährlich einem Impairment-Test nach IAS 36 zu unterziehen (IFRS 11.B33(e)). Anschaffungsnebenkosten sind jeweils in der Periode, in der sie anfallen oder die Leistung erhalten wurde, als Aufwand zu erfassen (IFRS 11.B33(b) iVm. IFRS 3.53). Eine Ausnahme gilt für Kosten in Zusammenhang mit der Emission von Schuld- und Eigenkapitaltiteln, die nach IAS 32 und IFRS 9 abzubilden sind. Latente Steuern sind mit Ausnahme des Geschäfts- oder Firmenwerts gem. IFRS 3 und IAS 12 für die erstmalige Erfassung sämtlicher Vermögenswerte und Schulden anzusetzen (IFRS 11.B33(c)).
Tz. 151
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Bei einem Hinzuerwerb von Anteilen unter Beibehaltung der gemeinschaftlichen Führung sind die bereits gehaltenen Anteile nicht neu zu bewerten (IFRS 11.BC45M). Eine Neubewertung gem. IFRS 3.42 ist lediglich dann vorgesehen, wenn ein Erwerber erstmals die Beherrschung über einen Geschäftsbetrieb erlangt. Diese Vorgehensweise ist mit IFRS 10.23 konsistent, da auch bei einem Mutterunternehmen eine statuswahrende Änderung der Beteiligungsquote an einem Tochterunternehmen keine Neubewertung zur Folge hat.