Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Isabel von Keitz
Tz. 4
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Unabhängig von ihrer Branche und ihrer Größe sind alle Unternehmen, die immaterielle Vermögenswerte besitzen, zur Anwendung des IAS 38 verpflichtet. Der Kreis der Unternehmen, für die die Vorschriften des IAS 38 gelten, ist somit grundsätzlich nicht beschränkt. Zwar sind spezifische immaterielle Vermögenswerte verschiedener Branchen (zB Abbaurechte der Bergbauindustrie oder vertragliche Rechte eines Versicherers aufgrund von Versicherungsverträgen) explizit vom Anwendungsbereich des IAS 38 ausgeschlossen (vgl. Tz. 7–13). Der Ausschluss gilt allerdings gem. IAS 38.7 allein für die branchentypischen immateriellen Vermögenswerte der berichterstattenden Unternehmen. Immaterielle Vermögenswerte, die nicht branchentypisch sind (zB Software), fallen unter den Anwendungsbereich des IAS 38 und sind bilanziell entsprechend zu behandeln (vgl. auch Lutz-Ingold, 2005, S. 162).
Tz. 5
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Sachlich ist der Anwendungsbereich des IAS 38 grundsätzlich, dh. ausgenommen die in IAS 38.2f. explizit genannten immateriellen Vermögenswerte, auf immaterielle Vermögenswerte beschränkt.
Der Begriff "intangible asset" wird in IAS 38.8 definiert und diese Definition wird in IAS 38.9–17 ausführlich konkretisiert (vgl. Tz. 15–22). Mit der Definition wird auch der Anwendungsbereich des IAS 38 positiv abgegrenzt. IAS 38 gilt insofern nur für jene Güter, die die Definition von immateriellen Vermögenswerten iSd. IAS 38.8 erfüllen.
In IAS 38.48 und in IAS 38.68 sind vom IASB allerdings auch Bilanzierungsvorschriften für einen originären Geschäfts- oder Firmenwert sowie für andere immaterielle Güter (items) angelegt, die gerade nicht die Definition für immaterielle Vermögenswerte iSd. IAS 38.8 erfüllen. Somit sind in IAS 38 – ergänzend zu den umfassenden Vorschriften zur bilanziellen Behandlung von immateriellen Vermögenswerten – zT auch Vorschriften für Sachverhalte normiert, die mindestens eines der Definitionsmerkmale nicht erfüllen.
Tz. 6
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Ferner wird in IAS 38 auch die Bilanzierung von Forschungs- und Entwicklungskosten geregelt. Bis zum Erlass des IAS 38 (1998) war die bilanzielle Behandlung von Forschungs- und Entwicklungskosten in IAS 9 bestimmt, der 1998 durch IAS 38 ersetzt wurde. Im ersten Exposure Draft zu IAS 38 (1998), dem E 50, waren die Forschungs- und Entwicklungskosten noch vom Anwendungsbereich ausgeschlossen. Erst im zweiten Exposure Draft zu IAS 38 (1998), dem E 60, wurde die Bilanzierung von Forschungs- und Entwicklungskosten in den Standard für immaterielle Vermögenswerte integriert. Die kombinierte Regelung der Bilanzierung von Forschungs- und Entwicklungskosten mit der Bilanzierung von immateriellen Vermögenswerten in einem Standard ist für die praktische Anwendung des IAS 38 notwendig, da das Ergebnis einer erfolgreichen Forschung und Entwicklung idR ein immaterielles Gut ist. Zudem wäre im Fall der Beibehaltung von IAS 9 eine (sinnvolle) regelungssystematische Abgrenzung der Anwendungsbereiche von IAS 9 und IAS 38 sehr schwierig geworden. Darüber hinaus soll durch die Zusammenlegung der Normen eine einheitliche Bilanzierung von Forschung und Entwicklung auf der einen Seite sowie sonstigen immateriellen Vermögenswerten auf der anderen Seite gewährleistet werden (IAS 38.BCZ33–35).