Dr. Stefan Bischof, Dr. Sonja Harms
Tz. 205–213
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
(einstweilen frei)
Tz. 213a
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Nach IFRS 9 können finanzielle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten als erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert designiert werden, falls bestimmte Kriterien erfüllt werden; indes kann diese Designation (unwiderruflich) nur zu deren Zugangszeitpunkt vorgenommen werden. Für IFRS-Erstanwender würde diese Regelung mithin für zum Übergangszeitpunkt vorhandene finanzielle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten ins Leere laufen.
IFRS 1.D19 erlaubt einem IFRS-Erstanwender daher zum Übergangszeitpunkt für jegliche zu diesem Zeitpunkt zugegangenen finanziellen Verbindlichkeiten eine (unwiderrufliche) Designation als erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert, falls die Kriterien des IFRS 9.4.2.2 zu diesem Zeitpunkt erfüllt werden (zu hieraus resultierenden Angabepflichten nach IFRS 1.29A vgl. Tz. 243).
Eine Einstufung einer finanziellen Verbindlichkeit in diese Kategorie ist demnach zulässig, wenn
- gem. IFRS 9.4.3.5 ein hybrides Finanzinstrument mit mehreren eingebetteten Derivaten vorliegt, dessen Basisvertrag nicht in den Anwendungsbereich des IFRS 9 fällt (IFRS 9.4.3.5 iVm. IFRS 9.4.2.2) oder
- Inkongruenzen bei der Bewertung oder beim Ansatz entstehen, wenn die Bewertung von Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten oder die Erfassung von Gewinnen und Verlusten auf unterschiedlicher Grundlage erfolgen (Rechnungsanomalien), beseitigt oder signifikant verringert werden (IFRS 9.4.2.2(a)) oder
- die einzustufende finanzielle Verbindlichkeit Bestandteil eines Portfolios ist, dessen Management- und Performancemessung auf Basis des beizulegenden Zeitwertes gem. einer dokumentierten Risikomanagement- oder Anlagestrategie erfolgt und die damit verbundenen Informationen auf dieser Basis den Personen in Schlüsselpositionen intern zur Verfügung gestellt werden (IFRS 9.4.2.2 (b)).
Gemäß IFRS 1.D19A können IFRS-Erstanwender gleichermaßen finanzielle Vermögenswerte in Anwendung von IFRS 9.4.1.5 zum Übergangszeitpunkt als erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert designieren, und zwar basierend auf den Daten und Gegebenheiten zu diesem Zeitpunkt (zu hieraus resultierenden Angabepflichten nach IFRS 1.29 vgl. Tz. 243). Das Wahlrecht der Designation eines finanziellen Vermögenswerts als erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert gem. IFRS 9.4.1.5 kann (unwiderruflich) angewendet werden, wenn durch die Designation Rechnungslegungsanomalien reduziert oder beseitigt werden können. Durch die Möglichkeit, einige finanzielle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zum beizulegenden Zeitwert und andere zu fortgeführten Anschaffungskosten zu bewerten sowie die Möglichkeit, Gewinne und Verluste erfolgswirksam zu erfassen, können Inkongruenzen zwischen der Bilanzierung eines Vermögenswerts (oder einer Gruppe von Vermögenswerten) und einer Verbindlichkeit (oder Gruppe von Verbindlichkeiten) führen, die als Rechnungslegungsanomalien bezeichnet werden (vgl. IFRS 9 BCZ4.6.1). Dies ist bspw. der Fall, wenn ein Unternehmen finanzielle Vermögenswerte, finanzielle Verbindlichkeiten oder beide hält, die dem gleichen Risiko unterliegen, zB dem Zinsänderungsrisiko, das zu gegenläufigen Veränderungen der beizulegenden Zeitwerte führt, die sich weitestgehend aufheben, und nur einige Instrumente erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden, zB ein Derivat, oder die Voraussetzungen für die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen nicht vorliegen (IFRS 9.B4.1.30 (b)).
Unternehmen können beim erstmaligen Ansatz eine Finanzinvestition in Eigenkapitalinstrumente als erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert im sonstigen Ergebnis nach IFRS 9.5.7.5 designieren. Diese Designation ist nur für solche Finanzinstrumente zulässig, die weder zu Handelszwecken gehalten werden oder eine bedingte Gegenleistung darstellen, die von einem Erwerber im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses gem. IFRS 3 angesetzt werden (IFRS 9.5.7.5). Gemäß IFRS 1.D19B können IFRS-Erstanwender auch eine Finanzinvestition in Eigenkapitalinstrumente in Anwendung von IFRS 9.5.7.5 zum Übergangszeitpunkt als erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert im sonstigen Ergebnis designieren, und zwar basierend auf den Daten und Gegebenheiten zu diesem Zeitpunkt.
Ein Unternehmen hat den Gewinn oder Verlust aus der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert von als erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert designierten finanziellen Verbindlichkeiten nach den Vorgaben in IFRS 9.5.7.7 auszuweisen, es sei denn, dass dieser Ausweis (bzgl. der Zeitwertänderungen aus dem Ausfallrisiko) in der GuV eine Rechnungsanomalie herbeiführen oder vergrößern würde. Diese Beurteilung ist dabei zum Zugangszeitpunkt vorzunehmen. Nach IFRS 1.D19D hat (insoweit kein Wahlrecht) ein IFRS-Erstanwender die Beurteilung, ob der nach IFRS 9.5.7.7 vorgeschriebene Ausweis eine Rechnungsanomalie herbeiführen würde, demgegenüber basierend auf den Daten und Gegebenheiten zum Übergangszeitpunkt vorzunehmen.