Dr. Stefan Bischof, Prof. Dr. Sven Sterzenbach
Tz. 17
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
Ein Sonderproblem ergibt sich, wie im Konzernabschluss die zu aktivierenden Fremdkapitalkosten bei Vorliegen von Konzernfinanzierungen zu ermitteln sind. In IAS 23.15 ist nicht eindeutig geregelt, wie für diesen Fall der Finanzierungskostensatz zu ermitteln ist. Dort wird lediglich ausgeführt, dass es in manchen Fällen angebracht ist, von einem gewichteten durchschnittlichen Konzernfinanzierungskostensatz auszugehen, dh. alle Fremdkapitalaufnahmen des Mutterunternehmens und der Tochterunternehmen sind zu berücksichtigen. In anderen Fällen sei es dagegen angebracht, dass jedes Tochterunternehmen einen eigenen, für dieses geltenden gewichteten durchschnittlichen Fremdkapitalkostensatz ermittelt. Damit sind grundsätzlich beide Methoden anwendbar.
Tz. 17a
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
Insbesondere sofern die Finanzierungsaktivitäten für mehrere Betriebsstätten oder Konzernunternehmen zentral gesteuert werden, ist daher zu analysieren, inwieweit aus Unternehmens- oder Konzernsicht eine Innenfinanzierung vorliegt und welcher Teil der Mittel am Markt aufgenommen wurde. Nur solche Fremdkapitalkosten, die aus Sicht der bilanzierenden Einheit Gegenleistung einer Außenfinanzierung sind, führen zur Aktivierung im Rahmen der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Liegt bei Tochterunternehmen nur eine konzerninterne Finanzierung vor, bedeutet dies indes nicht, dass für diese eine Aktivierung von Fremdkapitalkosten nicht in Betracht kommt. Vielmehr ist dies ein Indiz dafür, dass es sachgerecht ist, auf den Konzernfinanzierungskostensatz abzustellen.
Tz. 17b
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
Nach Auffassung des IDW ist die Verwendung eines gesonderten Finanzierungskostensatzes für ein einzelnes Unternehmen (oder einen Teilkonzern bzw. Geschäftsbereich) nur dann sachgerecht, wenn die Finanzierung dieses Unternehmens unabhängig von der (sonstigen) Konzernfinanzierung erfolgt. Diese Voraussetzung liegt bspw. vor, falls gesetzliche oder vertragliche Beschränkungen für eine konzerneinheitliche Finanzierung existieren (Transferbeschränkungen oÄ). Anhaltspunkte für eine eigenständige Finanzierung des Tochterunternehmens sind (vgl. IDW, 2016, Tz. 22):
- Organisatorisch eigenständige Finanzierungstätigkeit;
- eigenständige Entscheidungskompetenz in Bezug auf die Finanzierungstätigkeit;
- nachweislich eigenständige Finanzierung in der Vergangenheit;
- keine Finanzmitteltransfers zwischen dem betrachteten Tochterunternehmen und anderen Konzerneinheiten in der Vergangenheit;
- keine zukünftige Möglichkeit von Finanzmitteltransfers zwischen dem betrachteten Tochterunternehmen und anderen Konzerneinheiten.
Tz. 17c
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
Ansonsten muss der konzerneinheitliche Finanzierungskostensatz angewandt werden (vgl. IDW, 2016, Tz. 22). Dh., in diesen Fällen sind, falls die Konditionen eines speziell für die Finanzierung eines qualifizierten Vermögenswertes aufgenommenen Kredits des Mutterunternehmens von den Konditionen des an ein Tochterunternehmen ausgegebenen Kredits abweichen, Letztere für die Aktivierung der Fremdkapitalkosten im Konzernabschluss unerheblich. Maßgeblich sind nur die (konzern)extern aufgenommenen Finanzierungen (vgl. IDW, 2016, Tz. 23). Insofern empfiehlt sich für Zwecke der Konzernabschlusserstellung in Fällen der allgemeinen Kreditfinanzierung die Vorgabe eines einheitlich anzuwendenden Fremdkapitalsatzes.
Aus Sicht des betroffenen Tochterunternehmens stellt ein innerkonzernliches Darlehen für Zwecke des Einzelabschlusses freilich ein externes Darlehen dar, das insoweit bei der Aktivierung von Fremdkapitalkosten zu berücksichtigen ist. Als Konsequenz wird regelmäßig der für Zwecke des Einzelabschlusses und für Zwecke der Einbeziehung in den Konzernabschluss des Mutterunternehmens ermittelte Betrag voneinander abweichen, dh., dass ein ggf. vorgegebener konzerneinheitlicher Finanzierungskostensatz im Einzelabschluss nicht relevant ist. Ist dagegen die Investition bei einem Tochterunternehmen durch eine als Eigenkapital qualifizierende Einlage finanziert, scheidet im Einzelabschluss des Tochterunternehmens (im Gegensatz zum Konzernabschluss des Mutterunternehmens) eine Aktivierung von Fremdkapitalkosten aus – soweit darüber hinaus keine allgemeinen Finanzierungskosten vorliegen.
Bei einer gemeinschaftlichen Tätigkeit (joint operation) iSv. IFRS 11 haben die Partnerunternehmen in ihrem (Konzern-)Abschluss Fremdkapitalkosten entsprechend ihrem Anteil an den qualifizierten Vermögenswerten zu aktivieren. Die zu aktivierenden Fremdkapitalkosten ermitteln sich auf Basis der Verpflichtung des Partnerunternehmens für die Schulden der gemeinschaftlichen Tätigkeit sowie jeglicher direkten Fremdfinanzierungen des Partnerunternehmens, wenn dieses Teile der Anschaffung oder Herstellung der qualifizierten Vermögenswerten der gemeinschaftlichen Tätigkeit finanziert. Für Gemeinschaftsunternehmen (joint venture) iSv. IFRS 11 stellen sich diese Fragen dagegen nicht. Weder kann das Partnerunternehmen Fremdkapitalkosten au...