Dr. Klaus Kretschik, Dr. Wolfgang Sawazki
Tz. 32
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Die hier vorgeschlagenen Maßnahmen zur Datenaufbereitung sind lediglich eine Auswahl von zahlreichen in der Praxis vorkommenden Möglichkeiten und erheben damit keinen absoluten Anspruch auf Anwendung. Bei der Bildung der Definitionen sollte die wirtschaftliche Betrachtungsweise (substance over form) im Vordergrund stehen. Nur auf der Grundlage analysegerecht aufbereiteter Ursprungsdaten sollten Kennzahlen gebildet und interpretiert werden (vgl. ausführlich hierzu Küting/Weber, 2015, S. 81–111).
Da die IFRS den Bilanzerstellern nach wie vor Gestaltungsspielräume lassen, die sich durch Sachverhaltsgestaltungen, also der Ausübung von verdeckten und offenen Wahlrechten (vgl. Kirsch, 2017, S. 4) ergeben, hat die Finanzanalyse die Aufgabe, die Ursprungsdaten entsprechend aufzubereiten, damit
- ein Vergleich des Unternehmens mit sich selbst im Zeitablauf,
- ein Vergleich mit anderen Unternehmen,
- ein Soll-Ist-Vergleich sowie
die Bildung einer Vergleichsgruppe von Unternehmen im Rahmen der Unternehmensbewertung möglich sind. Zu diesem Zweck sind die Ursprungsdaten in ein integriertes Analysemodell mit einheitlichen Definitionen zu überführen; damit wird eine Art normierter Jahresabschluss erstellt. Dieser normierte Jahresabschluss differiert nach Analysehaus bzw. nach Analysten.
Tz. 33
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Bezüglich der Konzernbilanz gilt es zunächst, durch Zusammenfassung bzw. Saldierung von Positionen, die Übersichtlichkeit zu verbessern. Es kann aber auch in Einzelfällen sinnvoll sein, einer Bruttodarstellung den Vorzug zu geben (zB werden erhaltene Anzahlungen, die bei den Vorräten ausgewiesen sind, auf die Passivseite zu den Verbindlichkeiten umgruppiert). Darüber hinaus sind neue Positionen zu definieren, um für eine Analyse bedeutsame Kennzahlen bilden zu können (um zB die Kennzahl Gearing ermitteln zu können, müssen zunächst die Positionen "Nettoverschuldung/Nettozahlungsmittel" bzw. "Eigenkapital" definiert werden).
Tz. 34
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
In der GuV ist insbesondere auf den Inhalt einzelner Positionen zu achten (zB Zuordnung des Zinsanteils der Pensionsrückstellungen; gehören Beteiligungserträge zum operativen Ergebnis oder zum Finanzergebnis?). Daneben steht zB die Darstellung eines nachhaltig erzielbaren operativen Ergebnisses im Vordergrund, das von einmaligen (zB Anlagenverkauf), rein hoheitlichen (Accounting-Änderungen, Änderung des Konsolidierungskreises), überproportional aperiodischen (Abrechnung ungewöhnlich vieler Großaufträge) oder nur kurzfristig wirkenden buchhalterischen (zB Fair-Value-Anpassungen) Effekten verzerrt ist. Weiterhin werden, sofern vom Unternehmen noch nicht vorgenommen, Zwischensummen (zB EBITDA, EBIT) gebildet, um sie in Relation zu anderen Größen (zB Umsatz) zu bringen oder sie im Rahmen der Bewertung weiter zu verwenden. Bei vom Unternehmen als außerordentliche Positionen ausgewiesenen Vorgängen ist zu prüfen, ob sie tatsächlich außerordentlichen Charakter haben oder bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht doch zB dem operativen Bereich zuzuordnen sind.
Tz. 35
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Die Gliederung der Kapitalflussrechnung mit operativem Cashflow, Investitions- und Finanzierungs-Cashflow wird idR übernommen. Auch hier steht die Nachhaltigkeit der Cashflow-Generierung im Vordergrund. Sofern in der Bilanz oder der GuV Veränderungen vorgenommen werden, ist zu prüfen, ob dadurch auch die Kapitalflussrechnung verändert wird. Ggf. sind Positionen anzupassen. Somit wird sichergestellt, durchgängig in einem integrierten Modell zu arbeiten.
Tz. 36
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Durch all die zuvor beschriebenen Maßnahmen wird es zwangsläufig dazu kommen, dass der analytisch aufbereitete Jahresabschluss mehr oder weniger stark von den Originaldaten abweicht und sich damit andere Kennzahlenwerte als vom Unternehmen ausgewiesen ergeben können.
Daneben erfordert eine Aktienanalyse, wie bereits oben erläutert, eine Erfolgsspaltung, deren Aufgabe es ist, die nachhaltigen Komponenten des betrieblichen Ergebnisses zu identifizieren. Jede Prognoserechnung setzt dabei auf den analytisch aufbereiteten Vergangenheitswerten auf.