Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Isabel von Keitz
Tz. 83
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Die ansatzpflichtigen immateriellen Vermögenswerte, die das bilanzierende Unternehmen im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses erlangt hat, sind gem. IAS 38.33 – wie auch in IFRS 3.18 bestimmt – mit ihrem beizulegenden Zeitwert zum Zeitpunkt des Unternehmenszusammenschlusses zu bewerten. Seit der Überarbeitung des IAS 38 in 2008 unterstellt der IASB, dass der beizulegende Zeitwert von identifizierbaren immateriellen Vermögenswerten, die im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses erworben wurden, zuverlässig ermittelbar ist (vgl. Tz. 48). Unsicherheiten in Bezug auf die konkrete Bestimmung des beizulegenden Zeitwertes sind mithin nicht im Zuge der Ansatzkriterien, sondern (erst) im Rahmen der Zugangsbewertung zu berücksichtigen (IAS 38.35). Zudem ist es denkbar, dass der beizulegende Zeitwert eines immateriellen Vermögenswertes nur zusammen mit anderen Vermögenswerten ermittelbar ist (mit Beispielen vgl. Tz. 51).
Tz. 84
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Der beizulegende Zeitwert wird in IAS 38.8 allgemein als der Preis definiert, der in einem geordneten Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern am Bemessungsstichtag für den Verkauf eines Vermögenswertes eingenommen bzw. für die Übertragung einer Schuld gezahlt würde. Diese Definition entspricht der in IFRS 13 geregelten und konkretisierten Definition des beizulegenden Zeitwertes (fair value) (vgl. Tz. 31). Mit dem Erlass des IFRS 13 wurden die Tz. 39–41 in IAS 38 gestrichen, mit denen der IASB bis dahin gesonderte Hinweise zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes für immaterielle Vermögenswerte gab. Seither sind für die Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes von im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses erworbenen immateriellen Vermögenswerten die Regelungen des IFRS 13 zu berücksichtigen. In IFRS 13 sind keine gesonderten Konkretisierungen zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes von immateriellen Vermögenswerten geregelt. Nur vereinzelt finden sich in IFRS 13 Regelungen mit explizitem Bezug zu immateriellen Vermögenswerten (zB in IFRS 13.30, IFRS 13.B3 (d) und IFRS 13.B11 (c)). Insofern sind zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes von immateriellen Vermögenswerten die allgemeingültigen Regelungen zur Fair-Value-Ermittlung und die besonderen Vorschriften zur Bewertung von nichtfinanziellen Vermögenswerten des IFRS 13 zu beachten (ausführlich zu IFRS 13 vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 13, Tz. 1–205; Wieland-Blöse/André, in: Internationales Bilanzrecht, IFRS 13, Tz. 1–333).
Zur Bestimmung des beizulegenden Zeitwertes können grundsätzlich folgende Bewertungsansätze respektive -methoden verwendet werden (IFRS 13.62 iVm. IAS 38.B5–B11):
- Marktbasierter Ansatz,
- Kostenbasierter Ansatz oder
- Einkommensbasierter Ansatz.
Der IASB bestimmt keine Rangfolge der zu verwendenden Bewertungsmethoden (IFRS 13.BC142). Vielmehr ist die jeweils sachgerechte Methode anzuwenden, für die die Verwendung der beobachtbaren Inputparameter möglichst hoch und die der nicht beobachtbaren Inputparameter möglichst niedrig ist (IFRS 13.61). Insofern ergibt sich die Ermittlungsmethode indirekt aus der Hierarchie der Inputparameter. So sollte der beizulegende Zeitwert möglichst als aktueller Preis identischer Güter auf einem aktiven Markt unverändert übernommen werden (Level 1). Ist ein solcher Preis nicht verfügbar, sollte der beizulegende Zeitwert anhand von beobachtbaren Marktpreisnotierungen bzw. Transaktionspreisen zB für ähnliche Vermögenswerte abgeleitet werden (Level 2). Nur wenn keine beobachtbaren Marktnotierungen gleicher oder ähnlicher Vermögenswerte verfügbar sind, dürfen nicht beobachtbare Inputparameter verwendet werden (Level 3) (ausführlich hierzu vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 13, Tz. 44–99a).
Tz. 85
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Die Anwendung eines marktbasierten Ansatzes kommt allein im Fall von standardisierten Rechten, wie zB Taxi- und Fischereilizenzen oder Emissionsrechten, infrage, da ansonsten regelmäßig weder ein (aktiver) Markt noch ein originärer Marktpreis vorhanden ist. Zur Bewertung von Spielervermögen bietet sich ggf. die Analogiemethode an (vgl. dazu ausführlich Baetge/Klönne/Weber, KoR 2013, S. 310–319). Für die meisten immateriellen Vermögenswerte liegt aufgrund ihrer Einzigartigkeit und der Nichtexistenz eines (aktiven) Marktes indes kein Marktpreis für gleiche oder auch für ähnliche immaterielle Vermögenswerte vor (vgl. Jäger/Himmel, BFuP 2003, S. 424). Der kostenbasierte Ansatz findet mitunter Anwendung bei der Bewertung von Software (Programmierkosten) sowie bei der Bewertung eines Mitarbeiterstammes (vgl. Gutsche, IRZ 2015, S. 196). Primär werden allerdings in der Praxis folgende drei Bewertungsmethoden angewandt (vgl. Arbeitskreis "Immaterielle Werte im Rechnungswesen" der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., 2009, S. 38), die alle dem einkommensbasierten Ansatz zuzuordnen sind und für die regelmäßig nicht beobachtbare Inputparameter des Level 3 verwendet werden (müssen):
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