Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Fabian Graupe
Tz. 227
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Unter Vorzugsaktien werden allgemein Aktien besonderer Gattung verstanden, die mit gesetzlich zulässigen Vermögens-Vorrechten oder verwaltungsbezogenen Vorrechten ausgestattet sind (vgl. Kraft, in: Kölner Komm. AktG, § 11 AktG, 2. Aufl., Tz. 18). Die Behandlung von Vorzugsaktien bei der Equity-Methode ist in IAS 28.37 geregelt. Da IAS 28.37 und ASC 323–10–35–16 fast wortgleich sind, sind dessen Wurzeln in den US-GAAP deutlich erkennbar. Im US-amerikanischen Recht dürfen Vorzugsaktien in Form eines Geldbetrags (zB $ 3-Vorzugsaktien) oder eines Prozentbetrags (zB 5 %-Vorzugsaktien) ausgedrückt werden (vgl. Merkt, 2013, S. 281f.). $ 3-Vorzugsaktien berechtigen den Besitzer bspw. bei Ausschüttungen zu einer Dividende iHv. $ 3 pro Vorzugsaktie, bevor eine Dividende an die Stammaktionäre ausgezahlt wird.
Tz. 228
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Bei kumulativen Vorzugsaktien verfallen die Dividendenansprüche aus Vorzugsaktien nicht, wenn keine Dividende gezahlt wird. Beispielsweise wächst eine kumulative Vorzugsdividende von 4 GE auf 16 GE an, wenn vier Jahre lang keine Dividende gezahlt wurde. Im Gegensatz dazu ist der Dividendenanspruch bei einer nicht-kumulativen Vorzugsaktie auf die Jahre beschränkt, in denen tatsächlich eine Dividende gezahlt wird, dh., bei solchen Vorzugsaktien verfällt der Dividendenanspruch und wird nicht kumuliert (vgl. Fricke, 1983, S. 238; Merkt, 2013, S. 282).
Tz. 229
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Falls andere, nicht dem Konzernverbund des beteiligten Unternehmens angehörende Anteilsinhaber kumulative Vorzugsaktien halten, nicht aber das beteiligte Unternehmen, muss das beteiligte Unternehmen nach IAS 28.37 seinen Anteil am Erfolg des assoziierten Unternehmens oder des Gemeinschaftsunternehmens nach Abzug der Dividendenzahlungen auf die kumulativen Vorzugsaktien berechnen. Auf diese Weise wird vermieden, dass das beteiligte Unternehmen Erträge aus assoziierten Unternehmen oder Gemeinschaftsunternehmen ausweist, für die es nie eine Ausschüttung erhalten kann (weil dieser Anteil am Jahresüberschuss den anderen bevorzugt zu bedienenden Vorzugsaktionären zusteht). Da Vorzugsaktionäre bei kumulativen Vorzugsaktien iSv. IAS 28.37 auch in Verlustjahren bzw. unabhängig vom Ausschüttungsbeschluss einen Dividendenanspruch erwerben, ist die Ausschüttungsentscheidung unerheblich. Doppelerfassungen sind in Folgejahren zu vermeiden: Wenn zB eine $ 4 kumulierte Vorzugsaktie nach drei Jahren ohne Ausschüttung auf $ 12 angewachsen ist, sind in jedem Jahr nur $ 4 bei der Erfolgsermittlung zu berücksichtigen und nicht der kumulierte Betrag.
Tz. 230
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Beispiel zur Behandlung von kumulativen Vorzugsaktien:
Das beteiligte Unternehmen A ist mit einer Beteiligungsquote von 30 % mit Stammaktien (nicht mit Vorzugsaktien) am assoziierten Unternehmen B beteiligt. B hat im Geschäftsjahr X1 einen Jahresüberschuss von 100.000 GE erwirtschaftet. Von diesen 100.000 GE stehen insgesamt 20.000 GE den außenstehenden Vorzugsaktionären zu, die aufgrund von kumulativen Vorzugsaktien einen Dividendenanspruch erworben haben (auch wenn B in diesem Geschäftsjahr keine Dividende zahlt).
Auf das beteiligte Unternehmen entfällt demnach ein Beteiligungsertrag iHv. (100.000 GE – 20.000 GE) × 30 % = 24.000 GE. Der Equity-Wert ist also nicht um 30.000 GE, sondern nur um 24.000 GE zu erhöhen.