Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Fabian Graupe
Tz. 30
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Sollen die Assoziierungsvermutung oder die umgekehrte Assoziierungsvermutung widerlegt werden, sind gemäß IAS 28.6 fünf Indikatoren heranzuziehen, anhand derer das Vorliegen bzw. das Nichtvorliegen eines maßgeblichen Einflusses idR beurteilt werden kann. Diese Indikatoren entsprechen zum Teil wörtlich den US-GAAP (ASC 323–10–15–6; vgl. auch Coenenberg/Haller/Schultze, 2016, S. 729f.). Wenn auch nur ein Indikator greift, kann der Investor idR einen maßgeblichen Einfluss ausüben (IAS 28.6). Dennoch ist dies keine Zwangsläufigkeit, denn letztlich ist gemäß dem Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise eine Gesamtschau auf die wirtschaftlichen Verhältnisse (nicht rechtliche Ausgestaltung) erforderlich (vgl. Tz. 31 sowie Heintges/Urbanczik, KoR 2011, S. 418). Die Indikatoren sind:
- Zugehörigkeit zum Vorstand oder Aufsichtsrat bzw. – je nach Rechtsform des assoziierten Unternehmens – zu einem entsprechenden Leitungsorgan bzw. Führungsgremium des assoziierten Unternehmens;
- Teilnahme an der Geschäftspolitik des assoziierten Unternehmens;
- wesentliche Transaktionen zwischen dem Investor und dem assoziierten Unternehmen, wobei vor allem Liefer- und Leistungsbeziehungen relevant sind;
- Austausch von Führungspersonal zwischen den Unternehmen;
- wesentliche technische Informationen werden dem jeweils anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt.
Die Assoziierungsvermutung wird schwierig zu widerlegen sein, wenn das assoziierte Unternehmen der gleichen Branche wie der Investor angehört und zudem aktiv in die Konzernstrategie eingebunden ist (glA mit Bezug auf Kreditinstitute Prahl/Naumann, WPg 1993, S. 245).
Tz. 31
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Ferner kann dem Investor der maßgebliche Einfluss auf die Geschäfts- und Finanzpolitik des Beteiligungsunternehmens durch eine schriftliche Bestätigung des Beteiligungsunternehmens bescheinigt werden (vgl. PricewaterhouseCoopers, 2nd Edition, 1998, Tz. 28.07). Mit den IFRS vereinbar ist nach der hier vertretenen Auffassung aber auch, dass der Investor keinen maßgeblichen Einfluss ausüben kann, obwohl dies von einem oder mehreren Indikatoren angezeigt wird. Wenn die Gesamtumstände, dh. die Mehrzahl der wesentlichen Indikatoren, gegen das Vorliegen eines maßgeblichen Einflusses sprechen, führt ein einzelner Hinweis auf einen maßgeblichen Einfluss des Investors nicht zwangsläufig dazu, dass die Beteiligung als assoziiertes Unternehmen einzustufen ist. Hier läge dann kein assoziiertes Unternehmen vor. Allerdings enthält IAS 28 dafür keine Beispiele. Festgestellt wird in IAS 28.5 lediglich allgemein, dass ein maßgeblicher Einfluss des Investors nicht generell dadurch ausgeschlossen wird, dass die Stimmrechtsmehrheit oder ein erheblicher Anteilsbesitz am Beteiligungsunternehmen bei einem anderen Investor liegt. Detaillierter sind dazu die Regelungen für die amerikanische Rechnungslegung, die in diesem Bereich eine hohe Ähnlichkeit mit den IFRS aufweisen. In ASC 323–10–15–10 werden Beispiele genannt – die folgenden fünf Punkte bilden keine abschließende Liste –, wann der Investor keinen maßgeblichen Einfluss ausüben kann und somit auch keine Assoziierung vorliegt (vgl. auch Scherrer, 2000, S. 370f.):
- Das Beteiligungsunternehmen führt einen Prozess gegen den Investor oder zeigt den Investor bei den Behörden an.
- Das Beteiligungsunternehmen und der Investor unterzeichnen einen Vertrag, in dem der Investor auf wesentliche Rechte in seiner Rolle als Investor verzichtet.
- Die Mehrheit der Stimmrechte des Beteiligungsunternehmens liegt bei einer kleinen Gruppe von Investoren, die ihre Entscheidungen ohne Rücksicht auf die Interessen des Investors treffen. Ein ähnliches Beispiel gibt auch Cairns mit direktem Bezug auf IAS 28: Nutzt der Mehrheits-Investor des Beteiligungsunternehmens seine Stimmrechte dazu, den Investor von der Teilnahme an geschäfts- und finanzpolitischen Entscheidungen des Beteiligungsunternehmens auszuschließen, dann kann der Investor keinen maßgeblichen Einfluss ausüben (vgl. Cairns, 2002, S. 299).
- Der Investor braucht oder wünscht mehr finanzielle Daten für die Anwendung der Equity-Methode als die anderen Investoren üblicherweise erhalten (bspw. wünscht der Investor vierteljährliche Berichterstattung von einem Beteiligungsunternehmen mit jährlichem Berichtszyklus), und versucht vergeblich, diese Daten zu bekommen. IAS 28 sieht keine expliziten Regelungen für diesen in der Praxis häufig auftretenden Fall vor. Die Auffassung, dass kein maßgeblicher Einfluss vorliegt, wenn derartige Informationen nicht generiert werden können, wird in der Literatur überwiegend verneint (vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 15. Aufl., § 33, Tz. 90; Köster, in: MünchKommBilR, IAS 28, Tz. 15; KPMG, Insights into IFRS 2016/17, 13. Aufl., Tz. 3.5.90.20; aA wohl EY, International GAAP 2017, S. 713f.).
- Der Investor versucht vergeblich, einen Vertreter in das Leitungsorgan oder Führungsgremium des Beteiligungsunternehmens zu entsenden.
Diese aus der am...