Dr. Stefan Bischof, Dipl.-Oec. Klaus Wendlandt
Tz. 157
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
In der GuV oder im Anhang sind die jeweils spezifischen Aufwandskategorien nach dem Umsatz- oder nach dem Gesamtkostenverfahren aufzuschlüsseln, je nachdem, welche Darstellungsform verlässliche und relevantere Informationen ermöglicht (IAS 1.99; zur Begründung s. IAS 1.101ff.). Die Gliederung der GuV nach einem dieser Verfahren wird empfohlen (IAS 1.100), andernfalls ist diese zwingend im Anhang aufzunehmen.
Nach dem Wortlaut von IAS 1.99 ist es zulässig, die GuV nach anderen Grundsätzen zu gliedern (so EY, International GAAP, Kap. 3, 3.2.3, wo auch auf den Anhang A zu IAS 7 verwiesen wird, der eine Darstellung von Gewinn oder Verlust und sonstigem Ergebnis (Gesamtergebnisrechnung) mit einer Mischform enthält). Indes sind uE Gliederungen, insb. Mischformen zwischen Gesamt- und Umsatzkostenverfahren, die der Anforderung der decision usefulness genügen, nur schwer vorstellbar, da diesen Gliederungen zwangsläufig Inkonsistenzen inhärent sind. Denkbar erscheint lediglich eine nach einem der beiden Verfahren aufgestellte GuV, bei der die Aufgliederung der Aufwendungen nicht in der GuV, soweit dies nicht im Sinne der fair presentation (IAS 1.82) erforderlich ist, sondern im Anhang vorgenommen wird. Beispielsweise könnte beim Gesamtkostenverfahren der Begriff "operative bzw. betriebliche Aufwendungen" verwendet und die Aufgliederung in Material-, Personalaufwendungen, Abschreibungen etc. im Anhang vorgenommen werden.
Im Übrigen sind Mischformen auch im Fokus der Regulatoren. So hat zuletzt die ESMA in den veröffentlichten gemeinsamen europäischen Enforcementprioritäten für 2016er-Abschlüsse daran erinnert, dass die GuV entweder nach dem Gesamtkosten- oder dem Umsatzkostenverfahren zu gliedern ist, je nachdem, welche Darstellungsform relevantere Informationen liefert. Die DPR hat bei der Vorstellung der Prüfungsschwerpunkte betont, dass sie eine Vermischung der beiden Verfahren, zB den separaten Ausweis von Abschreibungen (bspw. auf immaterielle Vermögenswerte, die im Rahmen eines Unternehmenserwerbs angesetzt wurden) in der GuV bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens, als nicht standardkonform ansieht. Zudem vertritt die DPR schon seit einigen Jahren die Auffassung, dass Abschreibungen auf aktivierte Entwicklungskosten bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens als Teil der Umsatzkosten auszuweisen sind (vgl. Bischof/Link/Staß, DB 2017, S. 77). Zu der von der ESMA an das IFRS IC gerichteten Frage, ob außerplanmäßige Abschreibungen auf Entwicklungskosten Teil der Umsatzkosten sind, hat sich das IFRS IC in seiner Agenda-Entscheidung vom Mai 2014 nicht konkret geäußert (vgl. IFRIC Update Mai 2014, S. 8).
Wird das Umsatzkostenverfahren angewendet, sind zusätzlich bestimmte Anhangangaben, wie sie beim Gesamtkostenverfahren zu machen sind, erforderlich (IAS 1.104). Diese beziehen sich auf die Art der Aufwendungen, einschließlich der Aufwendungen für planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen sowie der Personalaufwendungen. Da es sich bei den beiden explizit genannten Posten nicht um eine abschließende Aufzählung handelt, wird regelmäßig, obgleich nicht expressis verbis genannt, – unter Wesentlichkeitsgesichtspunkten – auch der Materialaufwand angabepflichtig sein.
Beim Gesamtkostenverfahren werden in der Praxis oftmals die Bestandsveränderung der fertigen und unfertigen Erzeugnisse sowie der aktivierten Eigenleistungen direkt im Anschluss an die Umsatzerlöse ausgewiesen. Dies ist zulässig, solange die Darstellung nicht den Eindruck erweckt, dass es sich bei diesen Beträgen um Erträge handelt.
Bei der Allokation von Aufwendungen zu den entsprechenden Posten der GuV hat die Unternehmensleitung einen gewissen Ermessensspielraum, da nur für wenige Posten Einzelregelungen bestehen, zB zu den Ertragsteuern nach IAS 12. Beispielsweise kann die Zuordnung von Kosten zu den Umsatzkosten, Verwaltungs- und Vertriebskosten sowie die Unterscheidung zwischen Umsatzerlösen und sonstigen Erträgen bei verschiedenen Unternehmen unterschiedlich ausfallen. In vielen Fällen wird die Allokation auf Basis des internen Berichtswesens erfolgen können.
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Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Umsatz- und Gesamtkostenverfahren sind nach IAS 1 grundsätzlich gleichwertig, da sie für unterschiedliche Unternehmenstypen als vorteilhaft angesehen werden (IAS 1.105). Für die Wahl des Verfahrens besteht jedoch kein freies Ermessen, da nach IAS 1.99 die Darstellungsform zu wählen ist, die verlässliche und relevantere Informationen ermöglicht. Die Wahl des geeigneten Verfahrens hängt insb. von historischen und branchenbezogenen Faktoren und von der jeweiligen internen Organisation des Unternehmens ab (IAS 1.105). Das gewählte Verfahren ist stetig anzuwenden (IAS 1.45). Im konkreten Einzelfall ist dasjenige Verfahren zu wählen, das iSd. Aussagefähigkeit die Bestandteile der Ertragskraft des Unternehmens am besten wiedergibt. Da allerdings jedes Verfahren seine Vorteile hat, hat die Unternehmensleitung hierbei eine gewisse Gestaltungsfrei...