Prof. Dr. Sven Hayn, Dr. Thomas Ströher
Tz. 280
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Die Technik der Kapitalkonsolidierung wird im Folgenden anhand von Beispielen erläutert. Dabei wird zunächst die Periode der erstmaligen Einbeziehung des Tochterunternehmens (Erstkonsolidierung) betrachtet. Im Rahmen der Darstellung der Folgebilanzierung werden die Beispiele dann fortgeführt. Latente Steuern aus der Aufdeckung stiller Reserven und Lasten beim Ansatz der identifizierbaren Vermögenswerte und Schulden zu beizulegenden Zeitwerten werden aus Vereinfachungsgründen nicht berücksichtigt. Die Beispiele werden primär unter Anwendung der Purchased-Goodwill-Methode gem. IFRS 3 formuliert. Auf Abweichungen zu einer Bilanzierung gem. der Full-Goodwill-Methode gem. IFRS 3 wird jeweils hingewiesen.
Tz. 281
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Beispiel 1: Erstkonsolidierung bei einer Beteiligungsquote von 100 %
Das Mutterunternehmen (MU) hat in einem einzigen Erwerbsschritt 100 % der Anteile des Tochterunternehmens (TU) erworben. Die nachfolgende Abbildung stellt die Einzelabschlüsse der beiden Unternehmen dar. Sie sind zu einem einheitlichen Stichtag aufgestellt und einheitlich an die für den Konzernabschluss geltenden Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisvorschriften sowie die konzerninternen Bilanzierungsrichtlinien angepasst (sog. IFRS II-Abschlüsse). Die Spalte MU IFRS II zeigt die zusammengefassten Posten der IFRS-Bilanz II des Mutterunternehmens zum Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile (31.12.X0). Die Spalte TU IFRS II zeigt die Posten der IFRS-Bilanz II des Tochterunternehmens zum 31.12.X0. Ferner sind in der Spalte TU beizulegender Zeitwert die beizulegenden Zeitwerte der Vermögenswerte und Schulden des Tochterunternehmens angegeben (vgl. hierzu die folgenden Ausführungen).
Einzelabschlüsse von MU und TU (inkl. der beizulegenden Zeitwerte) im Beispiel 1
Tz. 282
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Für den Erwerb des Tochterunternehmens hat das Mutterunternehmen 100 neue eigene Stimmrechtsaktien mit einem Nennbetrag von 1 GE an die bisherigen Eigentümer des Tochterunternehmens ausgegeben. Dabei sind dem Unternehmen Kosten von 5 GE entstanden (zB Kosten für eine Informationskampagne, Gerichts- und Notariatskosten). Die neuen Aktien haben dieselben Rechte wie die bisherigen Aktien. Zum Zeitpunkt des Unternehmenszusammenschlusses weisen sie einen Marktwert von 4 GE auf. Ferner zahlt das Mutterunternehmen 50 GE in bar an die bisherigen Eigentümer des Tochterunternehmens und übernimmt eine Verbindlichkeit von 10 GE, die in Folge der vorzeitigen Beendigung eines Liefervertrages im Rahmen des Unternehmenszusammenschlusses entsteht. Für Beratungsleistungen im Rahmen des Unternehmenszusammenschlusses zahlt das Mutterunternehmen 40 GE. Eine ebenfalls in den Unternehmenszusammenschluss involvierte interne Akquisitionsabteilung hat jährliche Kosten von 20 GE und war die letzten drei Monate vollständig mit der Akquisition des Tochterunternehmens beschäftigt. Für die Anpassung der EDV-Systeme des Tochterunternehmens an die Systeme des Mutterunternehmens werden Kosten in Höhe von 100 GE geschätzt.
Tz. 283
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Die übertragene Gegenleistung gem. IFRS 3 wie folgt zu ermitteln:
Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts der übertragenen Gegenleistung gem. IFRS 3
Die Kosten für die Beratungsleistungen iHv. 40 GE sind gem. IFRS 3.53 nicht Bestandteil des Unternehmenszusammenschlusses, sondern separat aufwandswirksam zu erfassen (zur Buchung vgl. Tz. 288).
Tz. 284
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Die Kosten für die Beschaffung von Eigenkapital sind keine Kosten, die im Zusammenhang mit dem Unternehmenszusammenschluss stehen. Diese Kosten reduzieren vielmehr das Agio aus der Kapitalerhöhung in Höhe von 300 GE (3 GE * 100 Aktien) und werden daher in der Kapitalrücklage erfolgsneutral berücksichtigt. Im Beispiel setzt sich die Kapitalrücklage des Mutterunternehmens aus 295 GE (300 GE – 5 GE) für die Kapitalerhöhung im Rahmen des Unternehmenszusammenschlusses sowie aus 205 GE aus vorherigen Eigenkapitaltransaktionen zusammen. Ebenso sind die Kosten der internen Akquisitionsabteilung sowie die Kosten für die künftige Systemanpassung Aufwendungen des Unternehmens, die nicht direkt dem Unternehmenszusammenschluss zurechenbar sind, und daher nicht als Bestandteil der übertragenen Gegenleistung bzw. der Anschaffungskosten zu berücksichtigen, sondern in der Periode aufwandswirksam zu erfassen, in der sie anfallen.
Tz. 285
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Im Beispiel wird des Weiteren angenommen, dass eine Auftragsbestandsliste und eine Kundenstammliste des Tochterunternehmens, die bisher nicht die Aktivierungskriterien des IAS 38 erfüllt haben, im Rahmen des Unternehmenserwerbes die Voraussetzungen für einen identifizierbaren Vermögenswert erfüllen und daher als immaterielle Vermögenswerte beim Tochterunternehmen angesetzt werden müssen (vgl. Tz. 168 ff.). Für die Auftragsbestandsliste und die Kundenstammliste wurden auf der Basis diskontierter Gewinnerwartungen beizulegende Zeitwert von jeweils 20 GE ermittelt. Ferner wurde bei den Kaufp...