Tz. 14

Stand: EL 47 – ET: 06/2022

IAS 10 trifft keine Aussage darüber, welche (formalen) Anforderungen an die Bestimmung des Zeitpunkts der Freigabe des Abschlusses zur Veröffentlichung zu stellen sind. Zur Konkretisierung sind die jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Bei einer AG ist der von den verantwortlichen Organmitgliedern, also dem Gesamtvorstand, aufgestellte IFRS-Abschluss gem. § 170 Abs. 1 AktG dem Aufsichtsrat zur Prüfung und Billigung vorzulegen. Das Ende der Aufstellung wird durch den Aufstellungsbeschluss des Vorstands, der damit konkludent die Freigabe des IFRS-Abschlusses zur Billigung an den Aufsichtsrat und dessen späterer Veröffentlichung/Offenlegung beschließt, dokumentiert, was idR dem Datum der Unterzeichnung des Abschlusses entspricht. Bei prüfungspflichtigen Gesellschaften wird der maßgebende Zeitpunkt (= Unterschriftsdatum des Vorstands) in der Praxis idR mit dem Datum des Bestätigungsvermerks, dh. mit dem Ende der Prüfung zusammenfallen, zumindest kann er sachlogisch nicht nach dem Datum des Bestätigungsvermerks liegen (vgl. ADS Int, Abschn. 2, Tz. 29ff.; Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, in: Haufe IFRS-Komm., 19. Aufl. 2021, § 4, Tz. 10; ähnlich Heuser/Theile, 6. Aufl. 2019, Kap. 11.24; Lübbig/Kühnel, in: Beck IFRS-Handbuch, 6. Aufl., 2020, § 2, Tz. 107, stellen auf das Datum des Bestätigungsvermerks ab, da, sollte das Unterzeichnungsdatum vorher liegen, der Abschluss von den aufstellenden Organen noch geändert werden kann; in praktischer Hinsicht ist diese Differenzierung jedoch unbedeutend, da die beiden Daten idR identisch sind).

 

Tz. 15

Stand: EL 47 – ET: 06/2022

Nicht ausreichend ist es, lediglich auf die Absicht eines Mitglieds des Vorstands, zB des Vorstandsvorsitzenden oder des Finanzvorstands, abzustellen. Soweit bereits vor dem Zeitpunkt der Weiterleitung des (finalen) IFRS-Abschlusses an den Aufsichtsrat eine (informelle) Abstimmung von Vorstand und Aufsichtsrat oder Prüfungsausschuss über den IFRS-Abschluss erfolgen sollte, hat dies keinen Einfluss auf den Wertaufhellungszeitraum. Ebenso ist es unerheblich, ob ein Unternehmen vor diesem Zeitpunkt Informationen über das Ergebnis oder andere ausgewählte Abschlussdaten bekannt gibt (IAS 10.7). Soweit entsprechende Ereignisse nach einer solchen Ankündigung, aber noch vor Ende des Wertaufhellungszeitraums eintreten, sind diese im IFRS-Abschluss zu berücksichtigen.

 

Tz. 16

Stand: EL 47 – ET: 06/2022

Handelsrechtlich erstreckt sich der Wertaufhellungszeitraum grundsätzlich bis zu dem Tag, an dem die Aufstellung des Abschlusses als Ganzes abgeschlossen ist. Sofern bis zur Feststellung des (HGB-)Einzelabschlusses durch den Aufsichtsrat noch bedeutende wertaufhellende Ereignisse bekannt werden, sind diese noch im Jahresabschluss zu berücksichtigen (vgl. bspw. ADS, 6. Aufl., § 252 HGB, Tz. 78; aA Küting/Kaiser, 2000, S. 583ff.; siehe zum Wertaufhellungszeitraum aus handelsrechtlicher Sicht ausführlich Kaiser, 2000, S. 97ff.). Auch wenn IAS 10.5 und 6 ein solches Vorgehen an sich nicht vorsehen, bleibt es uE den gesetzlichen Vertretern zumindest bis zur Billigung des IFRS-Abschlusses unbenommen, den ursprünglich aufgestellten IFRS-Abschluss zu ändern (bei prüfungspflichtigen Gesellschaften mit entsprechender Nachtragsprüfung; vgl. hierzu IDW PS 203, Tz. 20ff. bzw. ISA DE 560, Tz. 10ff.); entsprechend verlängert sich in diesem Fall der Wertaufhellungszeitpunkt bis zur erneuten Freigabe des Abschlusses, dh. bis zum Aufstellungszeitpunkt des geänderten Abschlusses (vgl. ADS Int, Abschn. 2, Tz. 55ff.; offenlassend Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, in: Haufe IFRS-Komm., 19. Aufl. 2021, § 4, Tz. 12).

Die IFRS enthalten auch keine Aussage darüber, ob ein genehmigter (gebilligter) Abschluss später durch einen anderen Abschluss ersetzt werden kann oder muss. Dies ist folgerichtig, da dies eine Frage des nationalen Gesellschaftsrechts ist. Bedeutsam ist dies insbesondere bei Fehlerkorrekturen. Diese sind gem. IAS 8.42ff. grundsätzlich retrospektiv durch Anpassung der Vergleichsinformationen im ersten offenen Abschluss nach ihrer Entdeckung zu korrigieren (vgl. hierzu IFRS-Komm., Teil B, IAS 8, Tz. 134ff.). Die Frage eines verlängerten Wertaufhellungszeitraums stellt sich hier nicht. Wird dagegen im Einklang mit IDW RS HFA 6 ein IFRS-Abschluss (vor oder nach dessen Billigung durch die zuständigen Organe) durch einen neuen Abschluss ersetzt, ist zu klären, ob sich der Wertaufhellungszeitraum für den neuen Abschluss insgesamt entsprechend verlängert (zur Zulässigkeit bzw. Notwendigkeit des Ersatzes eines IFRS-Abschlusses siehe IDW RS HFA 6, Tz. 45–49; ADS Int, Abschn. 2, Tz. 58 halten demgegenüber die freiwillige Änderung sowohl eines fehlerfreien als auch fehlerhaften IFRS-Abschlusses für nicht zulässig). Für die Änderung eines handelsrechtlichen Jahresabschlusses wird die Auffassung vertreten, dass zumindest bei einer ergebnisneutralen Änderung des Jahresabschlusses – wie bei der Nachtragsprüfung – idR die übrigen Posten ...

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