Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Isabel von Keitz
Tz. 70
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Der IASB hat neben dem bereits genannten Ansatzverbot für Kosten in der Forschungsphase (vgl. Tz. 59) explizite Ansatzverbote für folgende selbst erstellte Vermögenswerte bzw. interne Kosten erlassen:
- selbst erstellter Goodwill (vgl. Tz. 71);
- verschiedene selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte, die nach Ansicht des IASB niemals die sechs Ansatzkriterien gem. IAS 38.57 erfüllen: Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten und ähnliche Vermögenswerte (vgl. Tz. 72);
- verschiedene Ausgaben für immaterielle Güter, die allerdings die Definition eines immateriellen Vermögenswertes nicht erfüllen: zB Ingangsetzungskosten, Trainingskosten, Werbekosten, Kosten zur Unternehmensverlagerung und Reorganisation (vgl. Tz. 73).
Tz. 71
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Ausgaben für immaterielle Vermögenswerte, die im betrachteten Geschäftsjahr anfallen und von denen erwartet wird, dass sie einen künftigen Nutzen stiften, die aber nicht die Ansatzkriterien erfüllen, schaffen bzw. erhöhen häufig einen Geschäfts- oder Firmenwert. Für einen solchen selbst erstellten (originären) Geschäfts- oder Firmenwert (internally generated goodwill) besteht gem. IAS 38.48 ein explizites Aktivierungsverbot. Die Aktivierungsfähigkeit scheitert bereits daran, dass ein originärer Geschäfts- oder Firmenwert das Kriterium der Identifizierbarkeit und damit die Definition von immateriellen Vermögenswerten iSd. IAS 38.8 nicht erfüllt (IAS 38.49). So enthält der originäre Geschäfts- oder Firmenwert idR eine Reihe von Gütern, die das Unternehmen nicht kontrollieren kann. Das explizite Aktivierungsverbot für einen selbst erstellten Geschäfts- oder Firmenwert hat somit allein klarstellende Bedeutung (vgl. auch Heckeler/Kühnel, in Beck IFRS-Handbuch, 6. Aufl., § 4, Tz. 49; Kühle/Thiele, in: Internationales Bilanzrecht, IAS 38, Tz. 261).
Tz. 72
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Für einige selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte (selbst erstellte Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten und ähnliche Vermögenswerte) besteht ein explizites Aktivierungsverbot (IAS 38.63), da die anfallenden Kosten für die genannten selbst erstellten immateriellen Vermögenswerte nach Ansicht des IASB nicht von den Kosten für die allgemeine Geschäftsentwicklung unterschieden werden können (IAS 38.64). So wird ein Markenname bzw. ein Markenimage zB durch Werbekosten generiert bzw. verbessert. Diese Kosten können indes auch einen anderen Nutzen stiften (zB Verbesserung der Mitarbeitermoral) und sind somit dem Markennamen nicht eindeutig zurechenbar.
Durch das ausdrückliche Aktivierungsverbot sollen Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Ansatzfähigkeit dieser Güter vermieden werden (IAS 38.BCZ45). Dies gelingt dem IASB mit der in IAS 38.63 vorgenommen Abgrenzung jedoch nur bedingt, da zum einen nicht näher erläutert wird, welche konkreten Merkmale den genannten, einem Aktivierungsverbot unterliegenden selbst erstellten immateriellen Vermögenswerten fehlen (vgl. Kühle/Thiele, in: Internationales Bilanzrecht, IAS 38, Tz. 294). Zum anderen verbleiben mit Blick auf den Verweis in IAS 38.63 auf "ähnliche Vermögenswerte" Ermessensspielräume bei der Normenanwendung (vgl. mit Beispiel Freiberg, PiR 2012, S. 195).
Tz. 73
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Schließlich hat der IASB in IAS 38.69 ein explizites Ansatzverbot für Ingangsetzungskosten (vgl. dazu ausführlich Grünberger, 2020, S. 45f.), Trainingskosten, Werbekosten, Kosten der Unternehmensverlagerung und Reorganisationskosten erlassen. Diese beispielhaft erwähnten aufwandswirksamen Kosten sind zwar nicht in Form von black letterings genannt. Unter Berücksichtigung der Basis for Conclusions zu IAS 38 wird indes deutlich, dass diese Aktivierungsverbote verbindlich sind (IAS 38.BCZ46). Die vom IASB genannten Aktivierungsverbote ergeben sich aber auch aus der Anwendung der Ansatzkriterien für immaterielle Vermögenswerte und haben somit vor allem klarstellende Wirkung.
Die in IAS 38.68 verwendete Formulierung, dass die nicht aktivierungsfähigen Kosten dann als Aufwand zu erfassen sind, wenn sie angefallen (incurred) sind, war indes in Bezug auf verschiedene Sachverhalte, insbesondere Werbekosten, nicht hinreichend eindeutig und führte in der Praxis zu unterschiedlichen Bilanzierungsweisen. So wurden bspw. die Ausgaben für von Dritten bezogene Werbekataloge zT direkt bei Anfall der Ausgaben, zT bei Lieferung der Kataloge an das bilanzierende Unternehmen und zT erst bei Auslieferung der Kataloge an die Kunden des bilanzierenden Unternehmens als Aufwand erfasst (ausführlich vgl. IAS 38.BC46A–BC46I). Im Rahmen des in 2008 veröffentlichten Improvements to IFRSs wurde diese Unklarheit durch eine Änderung von IAS 38.69 und IAS 38.70 sowie eine Ergänzung des IAS 38.69A nun geregelt (vgl. Tz. 37). Hiernach sind die Ausgaben für von Dritten bezogene Werbematerialien, zB Werbekataloge, aber auch andere Güter, die zu Werbezwecken angeschafft werden (vgl. IFRIC Update September 2017, S. 8), dann zu erfasse...