Prof. Dr. Sven Hayn, Dr. Thomas Ströher
Tz. 70
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Unter Beherrschung (control) ist das Recht/der Anspruch zu verstehen, die finanziellen und operativen Aktivitäten eines Unternehmens zu bestimmen, um Nutzen aus den Aktivitäten dieses Unternehmens zu ziehen (IFRS 3 Appendix A; vgl. analog IAS 28.2 und IFRS 10 Appendix A; ausführlich vgl. auch IFRS-Komm., Teil B, IFRS 10, Tz. 55 ff.). Während in den IFRS nicht definiert ist, was unter finanziellen und operativen Aktivitäten zu verstehen ist, werden darunter im Allgemeinen Bereiche, wie Budgetierung, Kapitalverwendung, Steuerung der Finanzmittel, Dividendenpolitik, Produktion, Marketing, Vertrieb und Personal, gefasst.
Tz. 70a
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
IFRS 10 definiert den Begriff der Beherrschung neu. Gemäß IFRS 10, der für Geschäftsjahre anzuwenden ist, die am oder nach dem 1. Januar 2013 beginnen, beherrscht ein investor ein anderes Unternehmen, wenn er aufgrund seiner Beteiligung an dem investee variablen Rückflüssen ausgesetzt ist oder über Rechte verfügt, diese zu erhalten, und die Möglichkeit hat, diese Rückflüsse zu beeinflussen, indem er die Aktivitäten des investee steuert (IFRS 10 Appendix A). Dieser Grundsatz ist auf sämtliche investees, dh. auch auf strukturierte Unternehmen, anzuwenden und entspricht der Intention des IASB, einen möglichst umfassenden Begriff bei der Definition des Begriffs Beherrschung zu verwenden (ausführlich zum Begriff der Beherrschung iSd. IFRS 10 vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 10, Tz. 55 ff.).
Tz. 71
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Obwohl der in IFRS 3 zur Erklärung des Begriffs Beherrschung verwandte Begriff power (to govern) nicht ein Recht iSe. legal right darstellt und in weiten Teilen des Schrifttums sowie auch vom IASB selbst mit "Möglichkeit" übersetzt wird (vgl. die von der EU im Amtsblatt bekannt gemachte deutsche Fassung von IFRS 3), ist damit indes weit mehr als die bloße Möglichkeit zur Bestimmung der finanziellen und operativen Aktivitäten eines Unternehmens beschrieben. Der Anspruch auf Beherrschung muss vielmehr unter allen Konstellationen aktiv (oder passiv) durchsetzbar sein. Die Möglichkeit zur Beherrschung eines Unternehmens durch Präsenzmehrheit auf der Hauptversammlung, die aber nicht mehr vorliegt, wenn alle Anteilseigner erscheinen würden (dies wird oft als faktische Beherrschung bezeichnet), kann nach der Interpretation des IASB im Einzelfall zu einem faktischen Beherrschungseinfluss führen (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 10, Tz. 106 ff.). Im Folgenden sei daher im Zusammenhang mit der Beherrschung anstatt von der Möglichkeit vom – faktisch oder juristisch durchsetzbaren – Anspruch zur Bestimmung der Aktivitäten eines Unternehmens gesprochen. Auf die tatsächliche Ausübung der Beherrschung kommt es beim juristisch durchsetzbaren Anspruch in diesem Zusammenhang nicht an. Allerdings muss das beherrschende Unternehmen die Absicht haben, aus den Aktivitäten des beherrschten Unternehmens Nutzen zu ziehen. Es gibt unterschiedliche Kriterien, die in diesen Fällen auf die Beherrschung eines anderen Unternehmens hinweisen. Die aktive Ausübung der Beherrschung muss dabei umso größer sein, je mehr die Anteilsquote die Marke von 50 % unterschreitet (vgl. Tz. 105 ff.; vgl. auch IFRS-Komm., Teil B, IFRS 10, Tz. 55 ff.).
Tz. 72
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
(einstweilen frei)