Prof. Dr. Sven Hayn, Dr. Thomas Ströher
Tz. 360
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Gem. IFRS 10.B98 (c) iVm. IFRS 10.B99 sind bei einem Verlust der Beherrschung über ein Tochterunternehmen sämtliche, auf das Tochterunternehmen entfallende, im Eigenkapital erfolgsneutral erfasste Beträge (ua. nach IAS 16, IAS 19 oder IAS 38) aufzulösen (zu "recyclen") oder umzugliedern, und zwar so, als wenn die diesen Beträgen zugrunde liegenden Vermögenswerte und Schulden direkt veräußert worden wären. Diese Regelung gilt auch dann, wenn das Mutterunternehmen weiterhin Anteile an dem ehemaligen Tochterunternehmen hält und dieses zB als assoziiertes Unternehmen oder Gemeinschaftsunternehmen fortgeführt wird.
Tz. 361
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Der IASB begründet diese Regelung damit, dass sie konsistent zu den allgemeinen Regelungen der IFRS zur Bilanzierung von Abgängen in diesen Fällen ist. Zudem spiegelt sich hierin der Einheitsgrundsatz wider, nach dem der Konzern als ein einziges Unternehmen darzustellen ist, und die beim Abgang von Tochterunternehmen anzuwendende Einzelveräußerungsfiktion. Wird etwa ein als klassifiziertes Finanzinstrument, dessen Zeitwertänderungen im OCI erfasst werden (FVTOCI), verkauft, werden die bisher erfolgsneutral im Eigenkapital erfassten Veränderungen vorbehaltlich Eigenkapitalinstrumenten erfolgswirksam erfasst. Verliert das Mutterunternehmen die Beherrschung über dieses Tochterunternehmen, so sind diese Bestandteile analog vollständig erfolgswirksam zu erfassen (IFRS 10.B99 und IFRS 10.BCZ183).
Tz. 362
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Entsprechend den in den IFRS enthaltenen Regelungen zu Sachverhalten, die erfolgsneutral im Eigenkapital zu erfassen sind, können folgende wesentliche Fälle bei der Endkonsolidierung eines Tochterunternehmens unterschieden werden (dies gilt auch, wenn nach dem Verlust der Beherrschung noch Anteile am bisherigen Tochterunternehmen beim Mutterunternehmen verbleiben; vgl. EY, International GAAP 2023, Kap. 7, Abschn. 3.5):
- Wurde für die abgehenden Vermögenswerte eine Neubewertungsrücklage (zB gem. IAS 16.39 oder IAS 38.85) im Eigenkapital gebildet, sind die zum Zeitpunkt des Verlusts der Beherrschung enthaltenen Beträge in die Gewinnrücklagen umzugliedern (IFRS 10.B99).
- Finanzmathematische Gewinne oder Verluste bei der Bilanzierung von Pensionsrückstellungen, die gem. IAS 19.93D erfolgsneutral im Eigenkapital erfasst wurden und auf ein ausscheidendes Tochterunternehmen entfallen, sind zum Zeitpunkt des Verlusts der Beherrschung erfolgsneutral in die Gewinnrücklage umzugliedern, eine erfolgswirksame Erfassung ist nicht möglich (IFRS 10.BCZ183; analog IAS 19.93D).
- Erfolgsneutral im Eigenkapital erfasste Wertänderungen von Finanzinstrumenten (FVTOCI mit recycling) sind erfolgswirksam aufzulösen, wenn die Beherrschung über das Tochterunternehmen verloren wird, welches diese Finanzinstrumente hält (IFRS 10.B99).
- Umfasst das ausscheidende Tochterunternehmen einen ausländischen Betrieb und sind daher im Konzerneigenkapital kumulierte Währungsdifferenzen für dieses Tochterunternehmen enthalten, sind diese Beträge zum Zeitpunkt des Verlusts der Beherrschung erfolgswirksam aufzulösen. Ausgenommen sind Beträge, die auf nicht beherrschende Anteile entfallen; diese Beträge sind zwar aus dem Währungsausgleichsposten zu eliminieren, allerdings nicht erfolgswirksam zu erfassen (analog IAS 21.48 und 48B).
Tz. 363
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
In IFRS 10 ist allerdings weiterhin nicht eindeutig geregelt, wie die Beträge, die erfolgswirksam aufzulösen sind, in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen sind, wenn nicht beherrschende Anteile beteiligt sind. Hierbei bestehen grundsätzlich folgende Alternativen:
- Nur der Anteil, der auf die Anteilseigner des Mutterunternehmens entfällt, wird erfasst. Dies entspricht den Regelungen in IFRS 10.B98 (a)(ii) und (d) zur erfolgsneutralen Endkonsolidierung der nicht beherrschenden Anteile.
- Sowohl der auf die Anteilseigner des Mutterunternehmens als auch auf die Anteilseigner ohne beherrschenden Einfluss entfallende Anteil wird erfasst. Diese bilanzielle Behandlung erfolgsneutraler Bestandteile könnte bei wörtlicher Interpretation der Beispiele in IFRS 10.B99 abgeleitet werden.
Unseres Erachtens geht das Prinzip der erfolgsneutralen Endkonsolidierung der nicht beherrschenden Anteile einer möglichen wörtlichen Auslegung der genannten Beispiele vor. Zudem ist dieses Vorgehen konsistent zu der explizit geregelten Auflösung des Währungsausgleichspostens gem. IAS 21 bei Beteiligung von konzernfremden Gesellschaftern (vgl. EY, International GAAP 2023, Kap. 7, Abschn. 3.5).
Tz. 364
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Indem explizit vorgeschrieben ist, dass das Mutterunternehmen das Ergebnis aus der Auflösung dieser Beträge als sog. reclassification adjustment entsprechend dem Vorgehen bei einer direkten Veräußerung der zugrunde liegenden Vermögenswerte und Schulden erfolgswirksam in die Konzern-GuV umgliedern und ausweisen muss, ist die bis einschließlich IAS 27 (rev. 2003) noch übliche Verrechnung mit dem Endkonsolidierungse...