Reform der handelsrechtlichen Abzinsungsvorschriften für Pensionsrückstellungen
Die Bewertung von Pensionsrückstellungen stellt die Bilanzierenden immer wieder vor große Dilemmata: Eine sehr langfristige Verpflichtung muss stichtagsbezogen abgebildet werden.
Pensionsrückstellungen: Hintergrund und Reformen
Selbst der International Reporting Standards Board (IASB) hat bei der Überarbeitung von IAS 19 vor über 10 Jahren, bei der ein Stichtagszinssatz für die Abzinsung der (Netto-) Verpflichtung gefordert wird, wobei die Auswirkungen von dessen Änderung nie erfolgswirksam direkt ins Eigenkapital gebucht werden muss, seine eigene Unzufriedenheit mit der gefundenen Lösung ausgedrückt und weitere Überarbeitungen angekündigt, die bislang aber nicht erfolgt sind.
Der deutsche Gesetzgeber hatte bei der Verabschiedung des BilMoG die eigentlich sehr gute Idee, die Schwankungen des Zinssatzes durch eine Durchschnittsbetrachtung der letzten zunächst 7 Geschäftsjahre nicht bilanzwirksam werden zu lassen und die Auswirkungen der nur erwarteten minimalen Schwankungen des Durchschnittszinssatzes dann erfolgswirksam in der GuV zu erfassen. Dann kam die Finanzkrise mit einer vorübergehenden Null-Zins-Politik der Notenbanken, die den Gesetzgeber angesichts hoher Aufwendungen aus dem Verfall des Zinssatzes bei den Unternehmen, der die auszuweisende (nun geringer abgezinste) Verpflichtung als Pensionsrückstellungen anschwellen ließ, zu einer Ausweitung des Betrachtungszeitraums des Durchschnittszinssatzes auf 10 Jahre veranlasste.
Rufe nach kürzerer Durchschnittsbetrachtung werden lauter
Nun steigen die Zinsen wieder und während in den IFRS-Abschlüssen enorme (erfolgsneutrale) Gewinne durch den nun wieder deutlich höheren Abzinsungseffekt das Eigenkapital erhöhen (alleine der VW-Konzern hat für das Geschäftsjahr 2022 einen Effekt von fast 20 Mrd. EUR ausgewiesen), ergeben sich in HGB-Abschlüssen kaum Auswirkungen, da der Durchschnittszinssatz der letzten 10 Jahre auf niedrigem Niveau verharrt (vor 10 Jahren ist der Zins stärker gefallen, als er nun angestiegen ist). Schon kommen aus der Praxis Stimmen auf, die eine Betrachtung wieder nur der letzten 7 Jahre wünschen, damit der Zinsanstieg sich deutlicher in den Durchschnittswerten zeigt.
IDW fordert nun nachhaltige Neuausrichtung bei Pensionsrückstellungen
Mit dem Schreiben regt das IDW eine aus seiner Sicht notwendige Diskussion vor dem Hintergrund oftmals erheblicher rein zinsinduzierter Schwankungen der Pensionsrückstellungen an, die im System der HGB-Rechnungslegung konzeptionell nicht überzeugen und letztlich auch negative Auswirkungen auf die Gewährung von Altersversorgungszusagen haben können. Die Diskussion wird möglicherweise auch hilfreiche Ansatzpunkte für eine künftige Reform der einkommenssteuerlichen Abzinsungsvorschriften hervorbringen.
Wichtige Eckpunkte des neuen Konzepts
Grundgedanke des dem BMJ dargelegten Konzepts ist die gesetzliche Vorgabe eines fixen Diskontierungszinssatzes, der ein langfristiges durchschnittliches Marktzinsniveau widerspiegelt und in größeren Zeitabständen (anlassbezogen) einer Überprüfung unterzogen wird. Dem Vorsichtsprinzip wird Rechnung getragen, indem der festzulegende Diskontierungszinssatz die von der weitaus überwiegenden Mehrheit der Bilanzierenden erzielbaren Renditen auf die in den Rückstellungen gebundenen Mitteln nicht übersteigt.
Dem Anstoß zu einer Diskussion ist zuzustimmen, der Vorschlag einen noch längeren Betrachtungszeitraum zu wählen und einen festen Zinssatz vorzugeben, überzeugt aber nicht. Letztlich ist Wirtschaft eine dynamische Veranstaltung und jeder Versuch, hier Volatilitäten aus der Abbildung auszuklammern, führt nur wieder zu einem Aufwuchs an stillen Reserven oder – Lasten, die die Glaubwürdigkeit des Jahresabschlusses reduziert.
Das 9-seitige Schreiben an das BMJ ist hier abrufbar.
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