Tz. 183

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

In Konzernen können Tochterunternehmen, assoziierte Unternehmen und Gemeinschafsunternehmen einen vom Mutterunternehmen abweichenden IFRS-Erstanwendungszeitpunkt haben, da zB aufgrund gesetzlicher Regelungen im Land des Mutterunternehmens die IFRS schon länger zulässig waren, im Land eines Tochterunternehmens dagegen die IFRS erst zu einem späteren Zeitpunkt zulässig wurden. Folge hiervon könnten permanente Differenzen sein zwischen den IFRS-Zahlen eines Tochterunternehmens in seinem eigenen IFRS-Einzel- oder Teilkonzernabschluss und denen, die es im Reporting Package (HB II) an das Mutterunternehmen berichtet. Das Tochterunternehmen wäre dann gezwungen, zwei unterschiedliche Buchhaltungen entsprechend den unterschiedlichen Zeitpunkten des Übergangs auf die IFRS zu führen. Der IASB versucht mit IFRS 1.D16, diese potenziellen Probleme zu verringern.

 

Tz. 184

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Ein Tochterunternehmen, das seine Rechnungslegung (Einzel- oder Teilkonzernabschluss) zeitlich nach dem Mutterunternehmen auf die IFRS umstellt, hat gemäß IFRS 1.D16 seine Vermögenswerte und Schulden entweder

  • zu den Buchwerten zu bewerten, die für den Übergangszeitpunkt des Mutterunternehmens auf die IFRS im IFRS-Konzernabschluss des Mutterunternehmens anzusetzen wären, falls keine Konsolidierungsanpassungen und keine Anpassungen wegen der Auswirkungen des Unternehmenszusammenschlusses, in dessen Rahmen das Mutterunternehmen das Tochterunternehmen erwarb, vorzunehmen wären (IFRS 1.D16 (a); zur Behandlung von kumulativen Fremdwährungsumrechnungsdifferenzen vgl. IFRS 1.D13A und vgl. Tz. 180a), oder
  • zu den Buchwerten zu bewerten, die sich aus der Anwendung der übrigen Vorschriften des IFRS 1 – unter Zugrundelegung des Übergangszeitpunkts des Tochterunternehmens – ergeben (IFRS 1.D16 (b)).
 

Tz. 185

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Welche Alternative das Tochterunternehmen in seinem IFRS-Abschluss anwendet, hat auf den IFRS-Konzernabschluss des Mutterunternehmens keinen Einfluss (IFRS 1.IG29 Beispiel 8).

 

Tz. 186

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Unterschiede zwischen den beiden Alternativen können sich für den Fall ergeben, dass

  • die optionalen oder zwingenden Ausnahmen, die in IFRS 1 vorgesehen sind, zu Bewertungen führen, die vom Zeitpunkt des Übergangs auf die IFRS abhängig sind bzw.
  • die im Abschluss des Tochterunternehmens verwendeten Rechnungslegungsmethoden sich von denen des Konzernabschlusses unterscheiden. Das Tochterunternehmen könnte zum Beispiel für Sachanlagen das Anschaffungskostenmodell gemäß IAS 16.30 und der Konzern die alternativ zulässige Neubewertungsmethode (IAS 16.31ff.) verwenden.
 

Tz. 187

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Das Wahlrecht des IFRS 1.D16 gilt ebenfalls für Gemeinschaftsunternehmen und assoziierte Unternehmen, die erstmalig die IFRS anwenden. Diese Unternehmen haben, wenn sie die Option in IFRS 1.D16 (a) in Anspruch nehmen, sich ggf. zu entscheiden, welche Gesellschaft sie als "Mutterunternehmen" heranziehen – wenn bspw. bei einem assoziierten Unternehmen mehrere nach IFRS bilanzierende Unternehmen maßgeblichen Einfluss auf dieses ausüben. Die Buchwerte der Vermögenswerte und Schulden sind dann ausgehend vom gewählten "Mutterunternehmen" und dessen Übergangszeitpunkt zu bestimmen.

 

Tz. 188

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Nimmt ein Tochterunternehmen die Erleichterung in IFRS 1.D16 (a) in Anspruch, sind dessen Vermögenswerte und Schulden zum Übergangszeitpunkt des Tochterunternehmens grundsätzlich mit den IFRS-Konzernbuchwerten des Mutterunternehmens zu diesem Zeitpunkt identisch. Unterschiede können sich indes aufgrund von Konsolidierungsmaßnahmen inkl. Vereinheitlichung von Rechnungslegungsmethoden und durch die Auswirkungen aus der Bilanzierung des Unternehmenserwerbs (Kaufpreisaufteilung) ergeben, dh. bezüglich eines im IFRS-Konzernabschluss angesetzten Goodwill oder vorhandener aufgedeckter stiller Reserven sowie infolge der Rückgängigmachung der Schuldenkonsolidierung und Zwischenergebniseliminierung. Zudem kommt eine (unkorrigierte) Übernahme der Konzernbuchwerte dann nicht in Betracht, wenn fehlerhafte Wertansätze zwar aus Konzernsicht unwesentlich, aber aus Sicht des Tochterunternehmens wesentlich sind (s. IFRS 1IG31). Im Übrigen sind die in den Konzernabschluss des Mutterunternehmens eingegangenen Werte entscheidend, und nicht die in einem Reporting Package berichteten Werte des Tochterunternehmens. Werden also etwa Anpassungen des Reporting Packages zentral beim Mutterunternehmen vorgenommen (bspw. im Hinblick auf die Aktualisierung von Werten aufgrund der Berücksichtigung von Ereignissen nach dem Bilanzstichtag), so sind diese entsprechend zu berücksichtigen, wobei dies keine Korrektur eines Fehlers iSd der Angabepflicht des IFRS 1.26 darstellt (s. IFRS 1.IG 31).

 

Tz. 189

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Ein Tochterunternehmen, das nach dem Übergangszeitpunkt des Mutterunternehmens von diesem erworben wurde, kann die Erleichterungsvorschrift nach IFRS 1.D16 (a) nicht in Anspruch nehmen, da die Buchwer...

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