Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Ballwieser
Tz. 40
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Jede Komponente eines Vermögenswerts der Sachanlagen, die einen bedeutsamen Anteil an dessen gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten hat, ist separat planmäßig abzuschreiben (IAS 16.43; vgl. auch Tz. 15; für eine Diskussion des Komponentenansatzes und eine Gegenüberstellung mit dem Aggregatansatz vgl. auch Hagemeister, 2004). Ein Unternehmen hat den beim Zugang eines Vermögenswerts erfassten Betrag auf dessen signifikante Komponenten zu verteilen (IAS 16.44). Ziel dieses Ansatzes ist es, eine verlässlichere Darstellung der Nutzungsdauern und Nutzungsverläufe wesentlicher Komponenten einer Sachanlage zu erreichen, als dies bei einer gewogenen Durchschnittsbetrachtung der gesamten Anlage möglich ist (IAS 16.BC26). Zwingend werden diese Vorschriften aber nur, wenn einzelne bedeutsame Komponenten eines Vermögenswerts unterschiedliche Nutzungsdauern und Nutzungsverläufe bzw. Abschreibungsmethoden aufweisen, denn andernfalls können die Komponenten nach IAS 16.45 zum Zweck der Abschreibungsbemessung wieder zu einer Gruppe zusammengefasst werden. Dieses Wahlrecht erlaubt also eine Ausnahme vom Komponentenansatz.
Der Komponentenansatz beschränkt sich auf die bilanzielle Bewertung und resultiert nicht in einem gesonderten Ansatz der identifizierten Komponenten. Daher müssen die Komponenten nicht eigenständig bilanzierungsfähig sein (vgl. Wagenhofer, 6. Aufl., 2009, S. 201f.; Andrejewski/Böckem, KoR 2005, S. 77).
Beispielhaft wird der Komponentenansatz in IAS 16.44 für ein Flugzeug erläutert. Hier erscheint es angemessen, (mindestens) den Flugzeugrahmen und die Turbinen separat zu betrachten und abzuschreiben. Dementsprechend differenziert beispielsweise die TUI AG bei der Schätzung der Nutzungsdauer von Flugzeugkomponenten zwischen Flugzeugrümpfen und Triebwerken (22 bis 25 Jahre), Triebwerksüberholungen (intervallabhängig, bis zu 12 Jahre), Großreparaturen (intervallabhängig, bis zu 12 Jahre) und Ersatzteilen (bis zu 12 Jahre) (vgl. Geschäftsbericht der TUI AG 2019, S. 181). Der Ansatz von Wartungsarbeiten als separate Komponente ergibt sich auch aus IAS 16.14, der eine Aktivierungspflicht für größere Wartungsarbeiten im Buchwert des betreffenden Vermögenswertes vorsieht (vgl. Ranker, 2006, S. 284).
In dem vom IASB konstruierten Flugzeug-Beispiel lassen sich die Komponenten über konstruktionstechnische Merkmale der Sachanlage abgrenzen. Bei Gebäuden ergibt sich dagegen die Besonderheit, dass konstruktionstechnisch eigenständige Bestandteile, wie zB Dach, Fenster, Innenausbau und Sanitäranlagen, regelmäßig nur zum Teil erneuert werden, was sich in der Abgrenzung der Komponenten widerspiegeln sollte (vgl. Küting/Ranker, DB 2007, S. 755f.). Deshalb ist es sachgerecht, zB nur den Teil des Daches als eigenständige Komponente zu erfassen, der regelmäßig ausgebessert werden muss. Sofern es sich bei den Reparaturarbeiten aber nur um sporadisch auftretende, kleinere Ausbesserungen handelt, ist die Erfassung der Ausgaben als Aufwand geboten (vgl. Andrejewski/Böckem, KoR 2005, S. 77). Für Deutschland wird vorgeschlagen, DIN 276, eine Leitlinie zur Gliederung von Kosten bei Bauprojekten, als Anhaltspunkt zur Abgrenzung von Gebäudekomponenten heranzuziehen (vgl. Ranker, 2006, S. 285).
Der Restbetrag für sämtliche einzeln nicht bedeutsame Komponenten eines Vermögenswertes ist als Ganzes abzuschreiben. Gibt es bezüglich der den Restbetrag ausmachenden nicht bedeutsamen Komponenten unterschiedliche Erwartungen, sind ggf. Schätzmethoden heranzuziehen, um den Restbetrag so abzuschreiben, dass der Abnutzungsverlauf und/oder die Nutzungsdauern dieser Komponenten bestmöglich widergespiegelt werden (IAS 16.46). Wahlweise kann ein Unternehmen aber auch die Komponenten eines Vermögenswerts separat abschreiben, die einzeln nicht bedeutsam sind (IAS 16.47).
Im Jahr 2008 wurde IAS 16.44 um eine Sondervorschrift für Unternehmen erweitert, die Sachanlagen erwerben, die zu einem Operating-Leasingverhältnis gehören, bei dem sie der Leasinggeber sind. Hier kann es angemessen sein, die Beträge getrennt abzuschreiben, die sich in den Anschaffungskosten dieses Gegenstandes widerspiegeln und die hinsichtlich der Marktbedingungen vorteilhaften oder nachteiligen Leasingbedingungen zuzuordnen sind.
Zur Verdeutlichung der planmäßigen Abschreibung bei Anwendung des Komponentenansatzes sei folgendes Beispiel betrachtet: Ein Unternehmen erwirbt am 01.01.2000 eine Lagerhalle zum Preis von 1 Mio. EUR. Die technische Installation (beizulegender Zeitwert 300.000), das Dach (beizulegender Zeitwert 200.000) sowie die Fenster und Türen (beizulegender Zeitwert 100.000) werden als eigenständige Komponenten identifiziert. Die Installation muss zur Hälfte der Nutzungsdauer erneuert werden. Das Dach ist laut Herstellerangaben in 10 Jahren erneuerungsbedürftig und Fenster und Türen werden alle 2 Jahre ausgetauscht. Die Halle soll insgesamt 10 Jahre genutzt werden und es ist davon auszugehen, dass sie dann keinen Restwert mehr besitzen wi...