Prof. Dr. Sven Hayn, Dr. Thomas Ströher
Tz. 268
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Bei der Bilanzierung des negativen Unterschiedsbetrages bestehen international nach wie vor noch Unterschiede. Während in §§ 301, 309 HGB grundsätzlich die Passivierung mit anschließender erfolgswirksamer Auflösung in den Folgeperioden vorgesehen ist, vertreten der IASB (seit IFRS 3 (2004)) und der FASB (seit SFAS 141 (rev. 2007)) die Auffassung, dass ein negativer Unterschiedsbetrag (eigentlich) nicht existieren kann. Auch für kleine und mittlere Unternehmen ist kein negativer Unterschiedsbetrag aus einem Unternehmenszusammenschluss möglich (IFRS for SMEs, Para. 19.24; zu den zwischen IFRS und "IFRS for SMEs" bestehenden Unterschieden bzgl. des positiven Unterschiedsbetrags vgl. Tz. 309).
Tz. 269
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Kommt es im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses indes zu einem Überschuss der beizulegenden Zeitwerte über die Anschaffungskosten (vorläufiger Unterschiedsbetrag), so ist gem. IFRS 3.36 in einem ersten Schritt die Bilanzierung des Unternehmenszusammenschlusses zu überprüfen (to reassess). Dabei sind der Ansatz und die Bewertung der identifizierten Vermögenswerte und Schulden, die Ermittlung der übertragenen Gegenleistung und die Bewertung der Anteile ohne beherrschenden Einfluss sowie ggf. bestehender Anteile auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Ein danach verbleibender Unterschiedsbetrag ist unmittelbar erfolgswirksam zu erfassen. Eine Passivierung des Unterschiedsbetrags (als negativer Goodwill) ist damit ausgeschlossen.
Tz. 270
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Zum Teil wird diese Überprüfung als rein formaler Akt kritisiert, indem angeführt wird, dass bei Anwendung der gleichen Prämissen eine zweite Berechnung des Unterschiedsbetrags zu keinen anderen Ergebnissen führen könne. Dabei wird indes übersehen, dass eine Überprüfung gem. IFRS 3 eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den möglichen Gründen eines negativen Unterschiedsbetrags und entsprechender Anhangangaben erfordert (zu den Ursachen vgl. Tz. 272 ff.; vgl. auch Lüdenbach, in: Haufe IFRS-Kommentar, 14. Aufl., § 31, Rz. 142).
Tz. 271
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Nach IFRS 3 stellt sich grundsätzlich die Frage, wem der erfolgswirksam zu erfassende negative Unterschiedsbetrag zuzuordnen ist. IFRS 3.34 enthält hierzu die Regelung, dass im Fall eines bargain purchase, dh. der Anteil am erworbenen Unternehmen unter dem beizulegenden Zeitwert veräußert wurde (zB aufgrund von Liquiditätsproblemen) der negative Unterschiedsbetrag ausschließlich dem Mehrheitsgesellschafter zuzuordnen ist. Während dies vor dem Hintergrund, dass die Transaktion durch den Mehrheitsgesellschafter initiiert wurde und ihm somit auch der gesamte Transaktionsgewinn zusteht, einleuchtet, gilt es dennoch zu beachten, dass der im Rahmen der Ermittlung des negativen Unterschiedsbetrags berücksichtigte Wert des qualifizierten Anteils ohne beherrschenden Einfluss bei Anwendung der Full-Goodwill-Methode den negativen Unterschiedsbetrag beeinflusst (IFRS 3.A53; zu einem Beispiel vgl. Tz. 299 ff.). Denkbar wäre zB, wenn andere Anteilseigner zeitgleich mit dem erwerbenden Unternehmen in das Erwerbsobjekt einsteigen, dass auch den außenstehenden Gesellschaftern ein Teil des negativen Unterschiedsbetrags zuzuordnen wäre (so Lüdenbach, in: Haufe IFRS-Kommentar, 14. Aufl., § 31, Rz. 139).