Prof. Dr. Jens Wüstemann, Dr. Sonja Wüstemann
Tz. 55
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Die Abgrenzung identifizierter Leistungsverpflichtungen erfolgt anhand des Kriteriums der Eigenständigkeit, das durch Unterschiedlichkeit, Separierbarkeit bzw. Verschiedenheit der einzelnen Verpflichtungen umschrieben werden kann (IFRS 15.BC95). Das Kriterium der Eigenständigkeit wird einerseits abstrakt, durch eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Leistungszusagen, und andererseits im Sinne einer konkreten Abgrenzungsfähigkeit, durch eine Betrachtung der Leistungen im Vertragskontext, konkretisiert (IFRS 15.27).
Tz. 56
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Leistungsversprechen sind abstrakt abgrenzungsfähig, wenn der Kunde einen Nutzen aus den jeweiligen Lieferungen und Leistungen, entweder einzeln oder zusammen mit anderen, jederzeit verfügbaren Ressourcen ("readily available resources"), ziehen kann (IFRS 15.27(a)). Als verfügbare Ressourcen gelten dabei diejenigen Güter oder Dienstleistungen, die am Markt einzeln verkauft werden oder die der Kunde vom Unternehmen – wenn auch nur vertraglich – oder aufgrund anderer Geschäftsvorfälle bereits erhalten hat (IFRS 15.28). So stellt bspw. der Verkauf einer Maschine, die ein Kunde nur nach der vom selben Unternehmen durchzuführenden Installation nutzen kann, keine eigenständige Leistungsverpflichtung dar (IFRS 15.BC97).
Tz. 57
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Güter oder Dienstleistungen können sowohl durch ihren Gebrauch bzw. Verbrauch, durch einen über dem Schrottwert liegenden Verkauf als auch durch jegliche andere, wirtschaftliche Vorteile generierende Verwendung Nutzen stiften (IFRS 15.28). Sofern ein Unternehmen die jeweiligen Güter oder Dienstleistungen regelmäßig einzeln verkauft, sollte eine Nutzungsmöglichkeit im Sinne einer abstrakten Abgrenzungsfähigkeit vorliegen (IFRS 15.28; IFRS 15.BC99). So ist zB die von einem Telekommunikationsunternehmen angebotene Hardware, wie das Mobilfunktelefon oder das DSL-Modem, als eigenständige Leistungsverpflichtung zu bilanzieren, da diese auch ohne einen mit dem gleichen Unternehmen geschlossenen Dienstleistungsvertrag von dem Kunden genutzt werden kann (vgl. Grote et al., Bevorstehender Anpassungsbedarf (Teil 1), KoR 2012, S. 111). Die Nutzenstiftung für den Kunden ist auch für Güter und Dienstleistungen anzunehmen, die ein Unternehmen neu anbietet und infolgedessen noch nicht separat verkauft hat, wobei in diesen Fällen auf die Veräußerungsabsicht abzustellen ist (vgl. Fink et al., DB 2012, S. 2000). Auch im Fall eines zusammengefassten Vertrags zwischen einem Zulieferer und einem Automobilhersteller (zu diesem Beispiel vgl. Tz. 37) sind die einzelnen Leistungsverpflichtungen eigenständig nutzbar, obwohl bspw. das Werkzeug normalerweise nicht einzeln verkauft wird. Der Automobilhersteller kann einerseits das Werkzeug selbst zur Produktion der Serienteile nutzen oder dieses einem anderen Zulieferer zur Produktion überlassen; andererseits kann er die vom Zulieferer produzierten Serienteile unabhängig von dem entsprechenden Werkzeug einbauen (vgl. Schurbohm-Ebneth/Viemann, KoR 2015, S. 183; Konold/Müller, IRZ 2015, S. 6).
Tz. 58
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Der eigenständige Nutzen ist abstrakt anhand der Eigenschaften der jeweiligen Güter und Dienstleistungen zu beurteilen (IFRS 15.BC100). Die kundenspezifische Nutzung sowie eventuell bestehende vertragliche Einschränkungen, die bspw. den Kunden daran hindern, eine verfügbare Ressource von einem anderen Unternehmen zu erlangen, sind mithin nicht zu berücksichtigen (IFRS 15.BC100).