Tz. 84

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Alle Vermögenswerte und Schulden aus einem vorangegangenen Unternehmenszusammenschluss sind grundsätzlich nach den gültigen IFRS-Ansatzkriterien in der IFRS-Konzerneröffnungsbilanz anzusetzen (IFRS 1.C4 (b)). Ausgenommen sind

  • finanzielle Vermögenswerte und Schulden, die nach den vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen ausgebucht worden sind (IFRS 1.C4 (b)(i); vgl. Tz. 55ff.) und
  • Vermögenswerte, einschließlich eines Goodwills, und Schulden, die sowohl nach den vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen nicht im Konzernabschluss des Erwerbers angesetzt wurden als auch nicht im (fiktiven) IFRS-Einzelabschluss des erworbenen Unternehmens anzusetzen wären (IFRS 1.C4 (b)(ii)). Zu dieser Fallgruppe gehören bspw. selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte, die sowohl unter das Aktivierungsverbot des § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB fallen als auch die Aktivierungsvoraussetzungen des IAS 38 außerhalb eines Erwerbs im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses nicht erfüllen, wie eine selbst erstellte Kundenliste. Dagegen ist ein selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstand, der bis zur Reform des HGB durch das BilMoG gemäß § 248 Abs. 2 HGB aF nicht aktiviert wurde, gemäß IAS 38 aber im (fiktiven) IFRS-Einzelabschluss des erworbenen Unternehmens zu aktivieren wäre, wie bestimmte Entwicklungskosten, in der IFRS-Konzerneröffnungsbilanz anzusetzen (IFRS 1.C4 (b)).

Die in der IFRS-Eröffnungsbilanz vorzunehmenden Anpassungen der Buchwerte der Vermögenswerte und Schulden, die nach den Vorschriften der IFRS erstmalig anzusetzen sind, erhöhen – sofern die Vermögenswerte überwiegen – das Eigenkapital (vgl. Tz. 81). Ist durch die Umstellung auf die internationalen Rechnungslegungsnormen erstmalig ein immaterieller Vermögenswert vom Goodwill zu separieren, ist diese Veränderung indes direkt mit dem Goodwill zu verrechnen (vgl. IFRS 1.C4 (b), IFRS 1.C4 (g)(i)).

 

Tz. 85

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Umgekehrt sind alle nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen bilanzierten Vermögenswerte und Schulden, die nach IFRS nicht die Ansatzkriterien für einen Vermögenswert oder eine Schuld erfüllen, in der IFRS-Eröffnungsbilanz gegen das Eigenkapital auszubuchen (vgl. IFRS 1.C4 (c)). Zur Erfassung der in der IFRS-Eröffnungsbilanz vorzunehmenden Anpassungen der Buchwerte der Vermögenswerte und Schulden vgl. Tz. 81.

 

Tz. 86

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Vermögenswerte und Schulden, die gemäß den Bewertungsvorschriften eines IFRS im Rahmen der Folgebewertung mit einem anderen Wert als den historischen (fortgeführten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten sind, zB mit dem beizulegenden Zeitwert, sind in der IFRS-Eröffnungsbilanz mit diesem Wert, zB dem beizulegenden Zeitwert, anzusetzen, auch wenn diese Vermögenswerte und Schulden in einem vorangegangenen Unternehmenszusammenschluss erworben bzw. übernommen worden sind (IFRS 1.C4 (d)). Der beizulegende Zeitwert ist standardübergreifend gemäß IFRS 13 zu ermitteln. Beispiele für Vermögenswerte, die mit dem beizulegenden Zeitwert angesetzt werden, sind finanzielle Vermögenswerte, die in der IFRS-Konzerneröffnungsbilanz zum Übergangszeitpunkt gemäß IFRS 9 als "erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet" eingestuft werden, oder als Finanzinvestition gehaltene Immobilien, die gemäß IAS 40 mittels der Neubewertungsmethode angesetzt werden. Diese sind entsprechend mit dem beizulegenden Zeitwert zum Übergangszeitpunkt zu bewerten. Die sich aus der Anwendung von IFRS 1.C4 (d) ergebenden Anpassungen zwischen dem beizulegenden Zeitwert und dem Wert in der letzten nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen erstellten Konzernbilanz sind mit den Gewinnrücklagen oder, soweit dies ein IFRS fordert, mit einem gesonderten Bestandteil des Eigenkapitals zu verrechnen, zB bei einer erfolgsneutralen Behandlung der Bewertungserfolge von cashflow hedges (vgl. IFRS 1.IG63, Beispiel 11).

 

Tz. 87

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Der unmittelbar nach dem Unternehmenszusammenschluss nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen ermittelte Buchwert der übernommenen Vermögenswerte und Schulden, dh. nach Vornahme der Kaufpreisaufteilung, ist nach IFRS als Ersatz für (fortgeführte) Anschaffungs- oder Herstellungskosten ­(deemed cost) zu diesem Zeitpunkt festzulegen (IFRS 1.C4 (e)). Sieht ein IFRS eine auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten basierende Folgebewertung ­dieser Vermögenswerte und Schulden vor, stellt der als Ersatz für (fortgeführte) Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzte Wert ab dem Zeitpunkt des Unternehmenszusammenschlusses die Basis der auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten basierenden Abschreibungen dar.

 

Tz. 88

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Damit darf ein Unternehmen, das ua. Sachanlagen in einem Unternehmenszusammenschluss erworben und diese im Rahmen der Kaufpreisaufteilung nicht wie in IFRS 3 vorgeschrieben mit ihrem beizulegenden Zeitwert, sondern nach vorherigen Rechnungslegungsgrundsätzen mit den (fortgeführten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten des erworbenen...

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