Prof. Dr. Steffen Kuhn, Dr. Jochen Christ
Tz. 225
Stand: EL 15 – ET: 10/2011
Für jede Klasse finanzieller Vermögenswerte, die überfällig oder wertgemindert sind, sind nach IFRS 7.37 folgende Angaben offenzulegen:
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eine Analyse der Altersstruktur (auch Überfälligkeitsanalyse genannt) aller finanziellen Vermögenswerte, die zum Periodenstichtag überfällig (past due), jedoch noch nicht wertgemindert sind (IFRS 7.37 (a)); |
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eine Analyse aller finanziellen Vermögenswerte, die zum Periodenstichtag einzeln wertgemindert sind, einschließlich der Offenlegung der Kriterien, nach denen das berichtende Unternehmen die Wertberichtigung ermittelt (IFRS 7.37 (b)). |
Tz. 226
Stand: EL 15 – ET: 10/2011
Der IASB hat diese Zweiteilung der Angaben (überfällig, noch nicht wertgemindert) explizit in den Standard aufgenommen, um den Abschlussadressaten Informationen über finanzielle Vermögenswerte mit dem höchsten Kreditrisiko zur Verfügung zu stellen (IFRS 7.BC55). Die Angaben nach IFRS 7.37 (a) und (b) sind, wie die allgemeinen Angaben zum Kreditrisiko (IFRS 7.36), nach den nach IFRS 7.6 gebildeten Klassen vorzunehmen und zu gliedern. Der IASB gibt in IFRS 7.37 (a) vor, dass für alle finanziellen Vermögenswerte (einschließlich Forderungen aus Lieferungen und Leistungen), die am Periodenstichtag überfällig und (noch) nicht (einzeln) wertgemindert sind, eine Altersstruktur- bzw. Überfälligkeitsanalyse anzugeben ist. Aus dem Wortlaut geht zweifelsfrei hervor, dass es sich zwingend um finanzielle Vermögenswerte handeln muss, für die (noch) keine Einzelwertberichtigungen gebildet wurden, die jedoch bereits überfällig sind. Ferner soll bei der Altersstruktur nicht die bisherige Laufzeit der Forderung, sondern nur die Zeit in der die Forderung überfällig ist dargestellt werden (vgl. Ernst & Young LLP, 2011, S. 2573). Mit dieser Überfälligkeitsanalyse soll den Abschlussadressaten Informationen über finanzielle Vermögenswerte zur Verfügung gestellt werden, für die eine höhere Ausfallwahrscheinlichkeit und folglich ein größeres Wertminderungsrisiko besteht. Diese Informationen sollen eine bessere Einschätzung der zukünftigen Höhe der Wertberichtigungen erlauben (IFRS 7.BC55 (a)). Die Offenlegungspflicht nach IFRS 7.37 (a) gilt dabei sowohl für finanzielle Vermögenswerte, die zu (fortgeführten) Anschaffungskosten bilanziert werden, als auch für finanzielle Vermögenswerte, die zum beizulegenden Zeitwert ergebnisneutral (available-for-sale) oder ergebniswirksam (at fair value through profit or loss) bilanziert werden (vgl. Ernst & Young LLP, 2011, S. 2573).
Tz. 227
Stand: EL 15 – ET: 10/2011
Ein finanzieller Vermögenswert wird als überfällig (past due) definiert, wenn ein Vertragspartner eine Zahlung (zB Zins- oder Tilgungszahlungen) nicht vertragsgemäß bzw. fristgerecht geleistet hat (IFRS 7 Appendix A; IFRS 7.IG26). Hat das berichtende Unternehmen bspw. einen verzinslichen Kredit gewährt, bei dem Zinszahlungen zu jedem Monatsultimo vereinbart worden sind, handelt es sich nach dem Wortlaut der Definition bereits am ersten Tag des nächsten Monats um eine überfällige Forderung, wenn von der Gegenpartei die Zinszahlung nicht geleistet wurde. Überfällig bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass ein Vertragspartner seinen Zahlungen aus der Forderung überhaupt nicht mehr nachkommen wird. Die Überfälligkeit kann allerdings ein Auslöser für verschiedene Ereignisse, wie zB Neuverhandlungen bzw. Umschuldungen (renegotiation), die Erzwingung der Einhaltung bestimmter Kennzahlen bzw. Kreditvereinbarungen (enforcement of covenants) oder das Eingehen rechtlicher Schritte (legal proceedings) darstellen (IFRS 7.IG26). Diese Überfälligkeitsdefinition ist sehr restriktiv gefasst, da bereits bei einem Zahlungsverzug (zB nur einer Zinszahlung) von einem Tag nach der Fälligkeit der ganze finanzielle Vermögenswert als überfällig im Anhang angegeben werden muss. Dies führt eventuell zu Abweichungen bei der internen Risikoberichtserstattung und kann in Bezug auf den Management Approach des IFRS 7.34 (a) als nicht sachgerecht angesehen werden (vgl. Ernst & Young, 2008, S. 18 f.). Des Weiteren handelt es sich ›nur‹ um einen beispielhaften Vorschlag in den Einführungshinweisen (Guidance on Implementing). Die interne Risikoberichterstattung klassifiziert einen finanziellen Vermögenswert in der Praxis häufig nicht als überfällig, wenn die Zahlung innerhalb einer handelsüblichen Zahlungsperiode (zB 30 Tage) nach vertraglich vereinbarter Fälligkeit erfolgt. Für Banken und andere Finanzdienstleistungsinstitute tritt der Zahlungsverzug nach Basel II erst bei einer Überziehung von mindestens 90 Tagen ein. Der IASB hat die Definition des Begriffs ›überfällig‹ seit der erstmaligen Veröffentlichung des IFRS 7 nicht angepasst. Unseres Erachtens ist eine generelle Definition des Begriffs Überfälligkeit (zB einheitlich 30 oder 90 Tage) für alle Unternehmen nicht sachgerecht. Bei der Auslegung haben sich die Unternehmen an ihren internen individuellen Richtlinien zu orientieren.
Berichten die Unternehmen entsprechend der restriktiv...