Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Eva Bracht
Tz. 92
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Im Rahmen der Beratungen zum Exposure Draft (ED 9) betonte der IASB, dass unter einer Vereinbarung mehrere gemeinschaftliche Vereinbarungen zusammengefasst werden können, die bspw. unterschiedliche miteinander zusammenhängende Aktivitäten vollziehen (IFRS 11.BC36). Bei einem solchen Konstrukt ist es möglich, dass die Parteien der Vereinbarung für die verschiedenen Aktivitäten unterschiedliche Rechte an den Vermögenswerten sowie Verpflichtungen für die Schulden haben, sodass innerhalb einer vertraglichen Vereinbarung sowohl gemeinschaftliche Tätigkeiten als auch Gemeinschaftsunternehmen enthalten sein können (vgl. Küting/Seel, KoR 2011, S. 345).
Tz. 93
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Beispiel (in Anlehnung an IFRS 11.IE14ff.):
Die Parteien A und B legen in einem Rahmenvertrag die Produktion und den Vertrieb eines neuen Produktes fest. Die C-GmbH wird das Produkt produzieren, während die D-GmbH das Produkt vertreiben wird. A hält sowohl an der C-GmbH als auch an der D-GmbH 60 % der Anteile, B jeweils 40 %. Alle wesentlichen Entscheidungen sind von den Parteien einstimmig zu treffen. Die C-GmbH veräußert ihre Produkte allein an die D-GmbH, die ihr die Kosten dafür erstattet. Die D-GmbH vertreibt die Produkte dann an die Endkunden (Dritte). Die C-GmbH ist eine reine Zuliefergesellschaft und als gemeinschaftliche Tätigkeit zu klassifizieren. Die D-GmbH stellt hingegen ein Gemeinschaftsunternehmen dar.
Tz. 94
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Im vorliegenden Sachverhalt werden die Produktion und der Vertrieb auf zwei Gesellschaften aufgeteilt, statt sie in einer Gesellschaft zu belassen. Auch wenn es nach IFRS 11.BC35 zutreffend erscheint, beide Aktivitäten bilanziell unterschiedlich zu behandeln, so ist doch festzustellen, dass Produktion und Vertrieb eng miteinander verknüpft sind. Die Produktion durch die C-GmbH ist indes kein Selbstzweck, sondern erfolgt allein deshalb, um die Produkte durch die D-GmbH an Dritte zu veräußern. Wirtschaftlich betrachtet sind die beiden Gesellschaften für Zwecke der Klassifizierung der gemeinschaftlichen Vereinbarung zusammen (als Einheit) zu beurteilen und daher uE als Gemeinschaftsunternehmen zu qualifizieren (glA vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (Hrsg.), Haufe IFRS-Komm., 17. Aufl., § 34, Tz. 29).