Wie wirken CSR-Maßnahmen auf die Beschäftigten?
Corporate Social Responsibility (CSR) beschreibt die Verantwortung von Unternehmen in ökonomischer, ökologischer und sozialer Perspektive: Profit, Planet, People oder "triple bottom line". Inzwischen liegen zahlreiche Studien vor, die einen positiven Zusammenhang zwischen CSR und finanziellen Erfolgsgrößen der Unternehmen aufzeigen. Dabei zeigt sich auf Basis von Metaanalysen ein starker Zusammenhang zwischen CSR und finanziellem Erfolg (zum Beispiel Wang/Dou/Jia, 2016, S. 1096). Ein statistisch signifikanter Zusammenhang sagt noch nichts über die Kausalität und die Kausalitätsrichtung aus. CSR kann zum Unternehmenserfolg beitragen; umgekehrt könnten aber auch erfolgreiche Unternehmen eher in CSR investieren. Aufgrund der Vielzahl der vorliegenden Metaanalysen können Timo Busch und Gunnar Friede eine Aggregation der vorliegenden 25 Metaanalysen durchführen, die fast eine Millionen Einzelbeobachtungen umfasst, darunter auch Längsschnittuntersuchungen, die Aussagen zur Kausalität ermöglichen. Die Autoren finden einen klaren Zusammenhang zwischen CSR und finanziellen Erfolgsgrößen und können beide Kausalitätsrichtungen als ungefähr gleich bedeutsam identifizieren (Busch/Friede, 2018, S. 595-596).
Allein auf Basis der oben angeführten aggregierten Ergebnisse ist unklar, wodurch der positive Einfluss von CSR bei einzelnen Personengruppen hervorgerufen wird. Dieser Aspekt wird in der Forschung unter dem Begriff "Micro-CSR" diskutiert (zum Beispiel Rupp/Mallory, 2015; Gond et al., 2017). Innerhalb dieses Forschungszweigs interessieren uns wiederum insbesondere die Ergebnisse, die sich auf die Beschäftigten als eine mögliche Personengruppe (neben Kunden, Anlegern oder sonstigen Stakeholder) beziehen. CSR-Maßnahmen können in verschiedene Richtungen gehen, die Beschäftigte mehr oder wenig direkt betreffen können. Beispielsweise kommen Gesundheitsprogramme im Unternehmen den Mitarbeiter unmittelbar zugute, wohingegen eine gemeinnützige Spende des Unternehmens positiv von den Mitarbeitern aufgenommen werden kann und so die Einstellungen der Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmen verbessert.
Im Folgenden wollen wir zunächst auf den generellen Einfluss von CSR auf personalwirtschaftliche Erfolgsgrößen eingehen und der Frage nachgehen, welche CSR-Maßnahmen einen besonders großen Einfluss haben. Danach betrachten wir die Rahmenbedingungen, die CSR in Unternehmen fördern oder hemmen können. Abschließend gehen wir auf spezielle methodische Probleme ein, die unter anderem in der unzureichenden Abgrenzung der Konstrukte in diesem Themenfeld begründet liegen.
CSR wirkt positiv auf personalwirtschaftliche Erfolgsgrößen
Der Zusammenhang zwischen CSR-Maßnahmen und personalwirtschaftlichen Erfolgsgrößen wurde zuletzt in mehreren Metaanalyen untersucht, wobei wir uns primär auf die aktuelle Veröffentlichung von Agnieska Paruzel, Hannah J. P. Klug und Günter W. Maier (2021) beziehen, die auf 143 Einzelstudien mit insgesamt 89.396 Personen beruht. Übergreifend ergeben sich für alle Zielgrößen mittlere bis starke positive Zusammenhänge (vgl. Abbildung 1). Der Zusammenhang zu Einstellungen wie Engagement ist generell größer als zu tatsächlichem Verhalten wie Kündigungen.
Der überwiegende Anteil der berücksichtigten Einzeluntersuchungen basiert methodisch auf Querschnittsbefragungen; das heißt, Beschäftigte werden zum gleichen Zeitpunkt bezüglich der wahrgenommenen CSR und ihrer Einschätzung bezüglich der Erfolgsgrößen wie Engagement befragt. Dies führt grundsätzlich dazu, dass die beobachteten Korrelationen nicht kausal interpretiert werden können. Das heißt, es kann nicht ausgesagt werden, dass CSR die Ursache ist. Glücklicherweise liegen für das Themenfeld auch experimentelle Studien vor, wenn auch wenige. Isoliert man die Untersuchung auf die 14 vorliegenden experimentellen Studien ergibt sich weiterhin ein positiver Zusammenhang, der allerdings kleiner ausfällt (Korrelation r=0,33 für experimentelle Untersuchungen im Vergleich zu r=0,59 für Studien auf Basis von Befragungsdaten, Paruzel et al., 2021, S. 11). Eine kausale Interpretation in dem Sinne, dass CSR positiv auf Erfolgsgrößen wirkt, ist somit möglich.
Ein besonderes Augenmerk legen die Autoren auf die Erfolgsgröße "Identifikation mit der Organisation". Die Korrelation zwischen wahrgenommenen CSR-Aktivitäten und Identifikation beträgt r=0,43 (Paruzel et al., 2021, S. 9). Weitergehende Untersuchungen mithilfe eines Strukturgleichungsmodells weisen auf die besondere Bedeutung der Identifikation hin, die zwischen der wahrgenommenen CSR und den Erfolgsgrößen vermittelt (Mediator). In einer weiterführenden Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Mediatoren kann dieser besondere Einfluss der Identifikation bestätigt werden, wobei jedoch Vertrauen in die Organisation sowie organisationale Gerechtigkeit fast gleich bedeutsam sind (Zhao et al., 2022, S. 132).
Welche CSR-Ausrichtung wirkt und wann ist die Wirkung von CSR besonders groß?
Unternehmen können ihre CSR-Aktivitäten auf unterschiedliche Themenfelder und damit unterschiedliche Stakeholder ausrichten. CSR-Maßnahmen lassen sich in diesem Sinne klassifizieren: Gemäß der grundsätzlichen Einteilung aus der Einleitung unterscheiden Paruzel und Kollegen – neben Profit – in Planet und People, wobei die letzte Dimension in Beschäftigte (das heißt intern) und Gesellschaft (das heißt extern) differenziert wird. Interessanterweise zeigen sich nur geringfügige Unterschiede in der Wirkung auf die personalwirtschaftlichen Erfolgsgrößen: Die korrigierten Korrelationen liegen zwischen r=0,41 für die Dimension „Planet“ und r=0,51 für die Dimension "People-Gesellschaft". Die Dimensionen "People-Beschäftigte" (r= 0,49) liegt dazwischen (Paruzel et al., 2021, S. 9).
Eine leicht modifizierte Abgrenzung findet sich in der Metaanalyse von Yanling Wang, Shan Xu und Yanxia Wang (2020), die zwischen der ökonomischen, legalen, ethischen und philanthropischen Dimension von CSR unterscheiden. Legale Verantwortung erfasst das Bekenntnis zur Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen, ethische Verantwortung umfasst die Bindung der Organisation an moralische Regeln. Philanthropie beinhaltet hingegen Aktivitäten, die weder gesetzlich oder moralisch vorgeschrieben sind und von Unternehmen als moralischen Akteuren gemeinhin auch nicht erwartet werden; das Konstrukt kann auch als Corporate Citizenship interpretiert werden (für eine detailliertere Beschreibung Maignan/Ferrell, 2000). Auch hier unterscheiden sich die Effektstärken bezüglich der personalwirtschaftlichen Erfolgsgrößen Arbeitszufriedenheit, Performance, Commitment zur Organisation und Vertrauen in die Organisation nicht substanziell zwischen den untersuchten Dimensionen (Wang/Xu/Wang, 2020, S. 15). Eine dritte alternative Klassifizierung besteht in der Unterscheidung nach Zielgrößen, auf die CSR-Maßnahmen ausgerichtet sind. Diese können zum Beispiel auf die Gesellschaft, die Kunden, die Umwelt oder die Beschäftigten ausgerichtet sein. Erwartungsgemäß weisen die beschäftigtenorientierten Maßnahmen die größte Korrelation mit personalwirtschaftlichen Erfolgsgrößen auf, allerdings zeigen auch die anderen Maßnahmen mittlere bis große Zusammenhänge (Zhao et al., 2022, S. 140).
Schaut man sich weitere Faktoren an, welche die Wirkung von CSR beeinflussen können, so zeigt sich, dass das Alter der Beschäftigten keinen substanziellen moderierenden Effekt hat, der Einfluss von CSR auf die Erfolgsgrößen somit unabhängig vom Alter ist. Das Geschlecht hat einen statistisch signifikanten moderierenden Einfluss, wobei der Effekt allerdings sehr gering ist. Die Autoren folgern deshalb, dass die Wirkung von CSR auf die Erfolgsgrößen nahezu unabhängig von Geschlecht und Alter ist.
Voraussetzungen, die CSR fördern
Neben den Konsequenzen von wahrgenommenen CSR-Aktivitäten stellt sich auch die Frage, welche Voraussetzungen CSR in Unternehmen fördern und welche relative Bedeutung hierbei beschäftigtenorientierte Aspekte einnehmen. Dieser Frage gehen Fernando de Oliveira Santini und Kollegen (2021) nach. Sie unterscheiden bezüglich der Voraussetzungen zwischen den vier Dimensionen Unternehmensstrategie, Wettbewerbssituation, Charakteristika der Unternehmen und der Beschäftigten (genauer psychologische Charakteristika der Belegschaft und des Topmanagements). Die Ergebnisse sind in Abbildung 2 dargestellt. Übergreifend zeigt sich, dass die beschäftigtenbezogenen Aspekte einen wichtigen Beitrag leisten, deren relative Bedeutung aber hinter Unternehmensstrategie und Wettbewerbssituation zurückbleibt. Allerdings beruhen die Ergebnisse nur auf vergleichsweise wenigen Einzelstudien.
Fehlende klare Abgrenzung zwischen HR-Praktiken und beschäftigungsorientierten CSR-Aktivitäten
Abschließend möchten wir auf zwei grundlegende methodische Probleme der personalwirtschaftlich ausgerichteten CSR-Forschung hinweisen. Zum einen wird in der Regel die Wahrnehmung von CSR über Befragungen gemessen und nicht das tatsächliche Vorhandensein oder die beobachtbare Intensität von CSR. Neben der grundlegenden Problematik der subjektiven Einschätzung führt die zeitgleiche Erfassung von abhängiger (Erfolgsgrößen wie Zufriedenheit) und unabhängiger Variable (wahrgenommene CSR) häufig zu Überschätzungen der tatsächlichen Zusammenhänge (common method bias). Ist eine Mitarbeiterin beispielsweise insgesamt mit ihrem Unternehmen sehr zufrieden, könnte sie die tatsächlichen CSR-Aktivitäten überschätzen, wogegen eine andere Mitarbeiterin im selben Unternehmen die CSR-Aktivitäten unterschätzt, weil sich ihre negative Einstellung dem Unternehmen gegenüber auf die Einschätzung der CSR-Aktivitäten überträgt.
Das zweite Problem liegt in der fehlenden klaren Abgrenzung der untersuchten Konstrukte begründet. Wir hatten oben bereits unter dem Begriff Micro-CSR auf die Mikrofundierung der Forschung hingewiesen. Innerhalb dieses Zweigs unterscheidet man typischerweise zwischen extern und intern ausgerichteten CSR-Maßnahmen. Externe Maßnahmen umfassen bspw. Umweltschutzprogramme oder Entwicklungsprogramme für die lokale Gemeinschaft. Unter interner CSR werden Maßnahmen wie Weiterbildung, Arbeitssicherheitsprogramme und Diversity gefasst, die unmittelbar auf die Beschäftigten hin ausgerichtet sind (Rupp/Mallory, 2015, S. 215). In der Personalforschung werden diese Themenfelder unter HR-Praktiken oder "high performance work systems" gefasst, deren personalwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit bereits lange bekannt ist. Diese Vermischung der Konzepte ist insbesondere bei der Interpretation von Metaanalysen relevant, in denen die unterschiedlichen Operationalisierungen der Einzelstudien nicht mehr klar sichtbar und erkennbar sind. Ein nicht exakt quantifizierbarer Anteil des oben dargestellten Zusammenhangs dürfte somit auf bekannte HR-Praktiken zurückzuführen sein, die ebenfalls das Label "beschäftigungsorientierte CSR-Aktivitäten" erhalten können.
Zusammenfassung und praktische Handlungsempfehlungen
- Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen CSR-Maßnahmen und personalwirtschaftlichen Erfolgsgrößen. CSR wirkt somit nicht nur auf externe Stakeholder, sondern hat auch über die Beschäftigten einen positiven Einfluss.
- CSR-Maßnahmen, die auf die Beschäftigten ausgerichtet sind, wirken stärker als Maßnahmen, die auf andere Dimensionen wie Kunden, Gesellschaft oder Umwelt abzielen. Dennoch zeigen sich auch für diese Dimensionen mittlere bis starke positive Effekte auf personalwirtschaftliche Erfolgsgrößen.
- Intern ausgerichtete CSR-Maßnahmen lassen sich konzeptionell nicht klar von HR-Praktiken abgrenzen.
Dieser Beitrag ist im Wissenschaftsjournal PERSONALquarterly 1/2023 mit dem Schwerpunktthema "Wie viel Sinn braucht die Arbeit?" erschienen.
Literaturverzeichnis:
Busch, T./Friede, G. (2018): The robustness of the corporate social and financial performance relation: A second order meta analysis, in: Corporate Social Responsibility and Environmental Management, 25(4), 583-608.
de Oliveira Santini, F./Ladeira, W. J./Dalmoro, M./de Matos, C. A. (2021): Antecedents and consequences of corporate social responsibility: a meta-analysis, in: Journal of Social Marketing, 11(3), 278-305.
Gond, J. P./El Akremi, A./Swaen, V./Babu, N. (2017): The psychological microfoundations of corporate social responsibility: A person centric systematic review, in: Journal of Organizational Behavior, 38(2), 225-246.
Maignan, I./Ferrell, O. C. (2000): Measuring corporate citizenship in two countries: The case of the United States and France, in: Journal of Business Ethics, 23(3), 283–297.
Paruzel, A./Klug, H. J. P./Maier, G. W. (2021): The relationship between perceived corporate social responsibility and employee-related outcomes: a meta-analysis, in: Frontiers in Psychology, 12, 607108.
Rupp, D. E./Mallory, D. B. (2015): Corporate social responsibility: Psychological, person-centric, and progressing, in: Annual Review of Organizational Psychology and Organizational Behavior, 2(1), 211-236.
Wang, Q./Dou, J./Jia, S. (2016): A meta-analytic review of corporate social responsibility and corporate financial performance: The moderating effect of contextual factors, in: Business & Society, 55(8), 1083-1121.
Wang, Y./Xu, S./Wang, Y. (2020): The consequences of employees’ perceived corporate social responsibility: A meta analysis, in: Business Ethics: A European Review, 29(3), 471-496.
Zhao, X./Wu, C./Chen, C. C./Zhou, Z. (2022): The influence of corporate social responsibility on incumbent employees: A meta-analytic investigation of the mediating and moderating mechanisms, in: Journal of Management, 48(1), 114-146.
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