Prof. Dr. Andreas Barckow
Tz. 105
Stand: EL 28 – ET: 03/2016
Für die erstmalige Anwendung der IFRS hat der IASB mit IFRS 1 First-time Adoption of International Financial Reporting Standards einen eigenen Standard herausgegeben. IFRS 1 ist ein in sich geschlossenes Regelwerk, mit dem der Übergang von der nationalen Rechnungslegung auf die IFRS geregelt wird. Der IASB bestimmt in IFRS 1.9, dass die in anderen Standards enthaltenen Übergangsvorschriften keine Anwendung finden sollen, es sei denn, dass eine abweichende Handhabung explizit zugelassen oder gefordert wird (IFRS 1.B bis E, vgl. Tz. 109). Der Standard wurde im November 2008 in einer neuen Struktur veröffentlicht, ohne dass die bisher gültigen Vorschriften dadurch geändert wurden; es sollte allein die Lesbarkeit der Verlautbarung erhöht werden, die im Zuge der ersten fünf Jahre ihres Bestehens durch ständige Änderungen und Ergänzungen gelitten hatte.
Tz. 106
Stand: EL 28 – ET: 03/2016
Grundsätzlich hat ein Unternehmen zum Zeitpunkt des Übergangs auf die IFRS eine Eröffnungsbilanz zu erstellen, die den Startpunkt für dessen Rechnungslegung nach den internationalen Normen bildet (IFRS 1.6). Auf der Grundlage dieser Eröffnungsbilanz werden dann die Werte fortgeschrieben. Die ersten beiden dargestellten Perioden ergeben zusammen den sog. ersten IFRS-Abschluss, dh. die Berichts- und die Vergleichsperiode. Da beim Übergang auf die IFRS besondere Ausnahmeregelungen greifen und Wahlrechte ausgeübt werden können, ist der erstmalige Abschluss eines Unternehmens idR nicht mit Abschlüssen von Unternehmen vergleichbar, die bereits nach IFRS bilanzieren. Aus diesem Grund legt der IASB fest, dass zumindest die im ersten Abschluss dargestellten Perioden vergleichbar sein sollen (IFRS 1.1 (a)). Dies wird dadurch erreicht, dass das Unternehmen das Regelwerk in der Fassung anzuwenden hat, die zum Ende der Berichtsperiode in Kraft ist und es seine Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden über die beiden dargestellten Zeiträume nicht verändern soll (IFRS 1.7 f.). Das bedeutet, dass ein Unternehmen seine Eröffnungsbilanz und die daraus abgeleiteten Wertansätze für die Schlussbilanzen der Vergleichs- und der Berichtsperiode sowie die Erfolgs- und Kapitalflussrechnungen ggf. neu darstellen muss. Mit Blick auf die im Februar 2008 bewirkten Änderungen an IAS 32, die ihre Rechtskraft zum 1. Januar 2009 erlangten, heißt dies, dass ein Unternehmen, das seine Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2008 auf der Grundlage der Fassung von IAS 32 (rev. 2003) erstellt hat, den darin für kündbare Instrumente und Instrumente, die den Emittenten lediglich im Liquidationsfall zu Zahlungen verpflichten, gewählten Ausweis nachträglich zu ändern und an die nunmehr gültigen Vorschriften anzupassen hat.
Tz. 107
Stand: EL 28 – ET: 03/2016
Zum Zeitpunkt des Übergangs hat ein Unternehmen nach IFRS 1.10 in seiner Eröffnungsbilanz
- sämtliche Vermögenswerte und Schulden zu bilanzieren, deren Ansatz nach IFRS vorgeschrieben ist;
- keine Vermögenswerte und Schulden zu bilanzieren, deren Ansatz nach IFRS unzulässig ist (bspw. Aufwandsrückstellungen);
- die so vollständig erfassten Posten ggf. neu zu klassifizieren; und
- alle nunmehr vollständig erfassten und zutreffend klassifizierten Vermögenswerte und Schulden entsprechend den IFRS zu bewerten.
Mit Blick auf den Ausweis von Finanzinstrumenten sind aus der vorstehenden Aufzählung die Punkte (c) und (d) relevant: Wurde ein Finanzinstrument nach den bislang angewendeten HGB-Normen im Eigenkapital ausgewiesen, ist nach IAS 32 hingegen eine Einstufung dieses Finanzinstruments als finanzielle Verbindlichkeit geboten, so hat ein Unternehmen das Finanzinstrument aus dem Eigenkapital in das Fremdkapital umzugliedern; die Umgliederung in das Fremdkapital führt dann dazu, dass ein nunmehr bewertungspflichtiger Posten vorliegt, dessen Wertansatz sich nach den Vorschriften in IAS 39 bestimmt. Als Beispiel lässt sich ein kündbares Finanzinstrument anführen, das die für eine Einstufung als Eigenkapitalinstrument notwendigen Bedingungen in IAS 32.16A und B nicht erfüllt. Entsprechendes gilt mit umgekehrtem Vorzeichen für Instrumente, die nach deutschen Vorschriften zutreffend im Fremdkapital erfasst und bewertet wurden, nach IFRS aber als Eigenkapitalinstrument darzustellen sind – zB eine ewig laufende Anleihe, bei der eine Rückzahlung vertragsgemäß nicht vorgesehen ist und laufende Bedienungen in das Ermessen des Emittenten gestellt werden.
Tz. 108
Stand: EL 28 – ET: 03/2016
Kommt es infolge der in der vorstehenden Textziffer angesprochenen Verfahrensweise zur Umgliederung eines Finanzinstruments mit Folgen für dessen Wertansatz, sind die Unterschiedsbeträge zum Zeitpunkt des Übergangs auf die IFRS erfolgsneutral gegen das Eigenkapital zu verrechnen (IFRS 1.11). In welcher Zeile innerhalb des Eigenkapitals etwaige Unterschiedsbeträge auszuweisen sind, stellt der IASB weitgehend in das Ermessen des Bilanzierenden; er fordert lediglich, dass der Ausweis sachgerecht (appropriate) sein muss. Da sich die bilanziellen A...