Dipl.-Oec. Klaus Wendlandt
Tz. 44
Stand: EL 49 – ET: 02/2023
Abschlüsse auf freiwilliger Basis
Ein neuer Standard oder eine Interpretation ist für Unternehmen, die auf freiwilliger Basis (vgl. Tz. 41) einen IFRS-Abschluss erstellen, grundsätzlich anwendbar, wenn dieser nach den Regelungen des Due Process als endgültig verabschiedet gilt. Dies ist dann gegeben, wenn der neue Standard mit mindestens neun Stimmen der IASB-Mitglieder verabschiedet und anschließend veröffentlicht wird; bei Interpretationen dürfen maximal 4 Mitglieder gegen eine Interpretation stimmen (vgl. Handbook 3.14f.). Entsprechendes gilt für die Änderung bereits bestehender Standards und Interpretationen. Zudem muss der neue Standard bzw. die neue Interpretation vorzeitig anwendbar sein, wenn dieser bzw. diese nicht mit sofortiger Wirkung anzuwenden ist.
Tz. 45
Stand: EL 49 – ET: 02/2023
In aller Regel sind neue bzw. geänderte Standards und Interpretationen so gestaltet, dass sie Übergangsvorschriften enthalten. Bestandteil dieser Regelung ist regelmäßig ein Datum, das für Geschäftsjahre, die am oder nach diesem Datum beginnen, die Anwendung der Neuerung vorschreibt.
Tz. 46
Stand: EL 49 – ET: 02/2023
Eine frühere Anwendung ist ebenfalls in der Regel zulässig und wird vonseiten des Standardsetters regelmäßig empfohlen. Bis zur verpflichtenden Anwendung können die Neuerungen daher in Abschlüssen von Geschäftsjahren, die bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Neuerung vonseiten des IASB (bei Abschlüssen auf freiwilliger Basis) noch nicht zur Veröffentlichung freigegeben waren (vgl. hierzu Tz. 32), freiwillig vorzeitig angewendet werden.
Tz. 47
Stand: EL 49 – ET: 02/2023
Fraglich ist, bis zu welchem Zeitpunkt die neuen bzw. geänderten Standards und Interpretationen in Kraft getreten sein müssen, um erstmalig angewendet werden zu können. Infrage kommen der Bilanzstichtag und der Zeitpunkt der Freigabe eines Abschlusses zur Veröffentlichung. Es ist zulässig, einen Standard oder eine Interpretation anzuwenden, wenn diese bis zum Zeitpunkt der Freigabe des Abschlusses veröffentlicht ist und wenn eine (vorzeitige) Anwendung zulässig ist. Zur Ermittlung des Zeitpunkts der Freigabe eines Abschlusses zur Veröffentlichung vgl. Tz. 32.
Tz. 48
Stand: EL 49 – ET: 02/2023
Eine Verpflichtung zur vorzeitigen Anwendung besteht nicht. Lediglich im Anhang sind regelmäßig Erläuterungen vorgesehen (vgl. hierzu Tz. 114ff.). Eine Verpflichtung zur Anwendung in Abschlüssen, wenn die Neuerung noch vor dem Datum der Freigabe des Abschlusses zur Veröffentlichung verabschiedet wird, wäre auch nicht möglich, da den IFRS-Anwendern eine Vorbereitungszeit eingeräumt werden muss. Eine freiwillige vorzeitige Anwendung wird in neuen bzw. geänderten Standards und Interpretationen regelmäßig empfohlen. Diese hat nach den jeweiligen Übergangsvorschriften und nicht nach den Grundsätzen einer freiwilligen Änderung zu erfolgen (vgl. Tz. 83 sowie IAS 8.19a iVm. IAS 8.20). Sofern ein Standard bzw. eine Interpretation bei Vorhandensein von Übergangsvorschriften keine vorzeitige Anwendung empfehlen sollte, ist diese ausgeschlossen.
Tz. 49
Stand: EL 49 – ET: 02/2023
Sollten in neuen bzw. geänderten Standards und Interpretationen keine Übergangsvorschriften vorgesehen sein, sind diese erstmalig im Abschluss der Berichtsperiode, die nach dem Datum der Veröffentlichung der Neuregelung durch den Standardsetter beginnt, anzuwenden.
Tz. 50
Stand: EL 49 – ET: 02/2023
Standards und Interpretationen sind dann nicht mehr anzuwenden, wenn sie geändert, ersetzt oder (wie zB IFRIC 3) vom IASB zurückgezogen wurden.
Tz. 51
Stand: EL 49 – ET: 02/2023
Abschlüsse auf gesetzlicher Basis
Die Anwendung einzelner IFRS/IAS sowie IFRIC/SIC für Unternehmen mit Sitz innerhalb der EU, die auf gesetzlicher Basis einen IFRS-Abschluss erstellen, setzt die Anerkennung dieser Standards und Interpretationen durch die EU voraus. Das Verfahren zur Übernahme von IASB-Standards in das EU-Recht (sog. Komitologieverfahren oder Endorsement) wird durch die Überprüfung der Übernahmefähigkeit der vom IASB verabschiedeten Standards und Interpretationen durch die EFRAG und ihrer Empfehlung an die Europäische Kommission in Gang gesetzt. Die Entscheidung über die Anerkennung erfolgt durch verschiedene Gremien der Europäischen Kommission (hierzu gehört auch die Standards Advice Review Group (SARG)), des ARC, des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates. Sofern sämtliche Entscheidungsträger der Anerkennung eines IASB-Standards zugestimmt haben, wird dieser im Amtsblatt der EU veröffentlicht (vgl. zum Endorsement-Verfahren allgemein Inwinkl, WPg 2007, S. 289ff.; Hayn, PiR 2006, S. 8f.; Buchheim/Gröner/Kühne, BB 2004, S. 1783; Beiersdorf/Bogajewskaja, Accounting 2005, S. 5ff.; Bieg/Hossfeld/Kussmaul/Waschbusch, S. 59ff.). Grundsätzlich ist das Anerkennungsverfahren erst mit der Übersetzung der betreffenden IASB-Standards in sämtliche Amtssprachen der EU und deren Veröffentlichung im Amtsblatt der EU abgeschlossen. Ab diesem Zeitpunkt werden die anerkannten bzw. endo...