Clemens Jungsthöfel, Katharina Rohde
Tz. 9
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Die aus Sicht des IASB wesentlichen Mängel der bisherigen Berichterstattung unter IFRS 4 sowie die mit der Einführung des IFRS 17 verfolgten Ziele lassen sich wie folgt zusammenfassen (vgl. IFRS Foundation, Fact Sheet, 2017):
Vergleichbarkeit
IFRS 4 – Mangelnde Vergleichbarkeit |
IFRS 17 – Einheitliches Rahmenwerk |
Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen in verschiedenen Ländern |
Rechnungslegung für Versicherungsverträge unterscheidet sich erheblich zwischen Unternehmen in verschiedenen Ländern |
Einheitliche Rechnungslegung für alle Versicherungsverträge |
Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Versicherungsverträgen |
Anwendung unterschiedlicher Rechnungs-legungsgrundsätze für dieselbe Art von Versicherungsverträgen, die in verschiedenen Ländern abgeschlossen wurden |
Einheitliche Bewertung innerhalb einer Gruppe, dadurch Vergleich der Ergebnisse nach Produkten und geografischen Gebieten deutlich erleichtert |
Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Branchen |
Ausweis erhaltener Barmittel oder Einlagen teilweise als Umsatzerlöse; unterscheidet sich von der Rechnungslegungspraxis in anderen Branchen |
Die Umsatzerlöse spiegeln ausschließlich den angebotenen Versicherungsschutz wider (dh zB ohne Einlagenkomponenten) |
Tab. 1: Ziele des IFRS 17: Vergleichbarkeit
Tz. 10
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Transparenz und Klarheit
IFRS 4 – Wenig transparente oder entscheidungsrelevante Informationen |
IFRS 17 – Höhere Transparenz und entscheidungsrelevantere Informationen |
Informationen über Ansatz/Bewertung von Versicherungsverpflichtungen |
Bewertung teilweise anhand veralteter (locked-in) Annahmen und zum Nominalwert |
Bewertung mittels aktueller Annahmen und Informationen (current value) und zum Barwert (Diskontierung) |
Bewertung teilweise auf Grundlage des eigenen Anlageportfolios |
Bewertung auf Grundlage der aus den Verträgen entstandenen Verpflichtungen |
Bilanzausweis in verschiedenen Posten, inkonsistente Bewertung und Terminologie |
Zusammenfassung von Posten und einheitliche Bewertung |
Informationen über die Profitabilität |
Keine konsistenten Informationen über Gewinnquellen in der GuV |
Konsistente Informationen über laufende und künftige Ergebnisquellen und Wertschöpfung |
Alternative Leistungskennzahlen (Non-GAAP-Kennzahlen), um die Informationen nach IFRS 4 zu ergänzen |
Weniger Non-GAAP-Kennzahlen; zusätzliche (Anhang-)informationen und KPIs ermöglichen aussagekräftigere Vergleiche |
Tab. 2: Ziele des IFRS 17: Transparenz
Tz. 11
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Auch wenn das Ziel der besseren Vergleichbarkeit sicherlich nicht vollständig erreicht werden kann, ua. da sich die Regelungen des IFRS 17 von den in anderen Ländern bestehenden Rechnungslegungsvorschriften für Versicherungsverträge (ua. US-GAAP in den USA, HGB in Deutschland usw. vgl. Tz. 4) unterscheiden, basieren die Regelungen auf bekannten Grundsätzen aus anderen IFRS-Standards.
So entspricht beispielsweise die Bewertung der Verpflichtungen des Versicherers zum Zeitwert den Anforderungen des IAS 37 Provisions, contingent liabilities and contingent assets für Rückstellungen sowie denen des IFRS 9 Financial Instruments für finanzielle Verbindlichkeiten. Für Verbindlichkeiten mit versicherungsähnlichen Merkmalen sind sowohl nach IAS 37 als auch nach IFRS 9 Bewertungen auf der Basis aktueller Schätzungen zukünftiger cash flows erforderlich. Zudem steht die Umsatzrealisierung nach IFRS 17, die entsprechend der Erbringung der "Versicherungsleistung" (insurance service) erfolgt, mit den Regelungen des IFRS 15 Revenue from Contracts with Customers im Einklang (vgl. Kabureck, 2018).
Tz. 12
Stand: EL 54– ET: 10/2024
IFRS 17 sollte nach Auffassung des IASB nicht nur zur besseren Vergleichbarkeit von Versicherungsunternehmen oder -produkten untereinander, sondern zu einer konsistenteren Darstellung im Vergleich zu anderen Branchen beitragen. Dadurch soll schließlich auch den Generalisten, also nicht den vor allem auf Versicherungen spezialisierten Investoren, Analysten und Berichtsadressaten das Verständnis der Versicherungsbilanzierung erleichtert und potenzielle Investitionsbarrieren abgebaut werden (vgl. Kabureck, 2018).
Eine kritische Würdigung hinsichtlich der Erreichung der vorgenannten Zielsetzungen auf Basis der bisherigen Berichterstattung in der Praxis findet sich in Abschnitten G. und H. (vgl. Tz. 139 und 184).