Prof. Dr. Jens Wüstemann, Dr. Sonja Wüstemann
Tz. 109
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Die Einrechnung variabler Vergütungsbestandteile in den Transaktionspreis wird durch IFRS 15 beschränkt (IFRS 15.56; IFRS 15.BC203). Demnach sind nur derartige Beträge einzubeziehen, für die ein wesentlicher Erlösanteil höchstwahrscheinlich ("highly probable") nicht korrigiert werden muss, sobald die der Gegenleistung zugrunde liegenden Unsicherheiten entfallen (IFRS 15.56). Durch diese Restriktion soll eine Überbewertung der zu erfassenden Umsatzerlöse verhindert werden (IFRS 15.BC203 f.). Ein Unternehmen wird hierfür meist zunächst den Entgeltbetrag ermitteln, für den ein Gegenleistungsanspruch besteht, und in einem zweiten Schritt den Umfang der tatsächlich einrechenbaren variablen Vergütungen beurteilen (IFRS 15.BC214). Dieser zweistufige Ansatz ist jedoch nicht zwingend einzuhalten, bspw. wenn bei der unternehmensinternen Berechnung der variablen Entgelte bereits eine entsprechende Rückgabequote berücksichtigt wird (IFRS 15.BC215). Zwar führt auch die Anwendung der Erwartungswertmethode indirekt zur Berücksichtigung einer möglichen Umsatzkorrektur, der Erwartungswert ist jedoch im Einzelfall (nachträglich) zu begrenzen (vgl. TRG, Agenda Paper No. 38, 2015, Tz. 18). Eine Beschränkung durch Verwendung des wahrscheinlichsten Werts anstelle des Erwartungswerts, sofern dieser kein konkret vereinbartes Entgelt des Vertrags darstellt, ist jedoch nicht geboten (vgl. TRG, Agenda Paper No. 44, 2015, Tz. 26).
Tz. 110
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Die Einrechnung variabler Vergütungsbestandteile ist von der Wahrscheinlichkeit ("likelihood") und dem Umfang ("magnitude") einer Umsatzkorrektur abhängig (IFRS 15.57). Die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit bzw. dieses sog. Vertrauensmaßstabs ("level of confidence") – der entsprechend den Regelungen des IFRS 5 und unter Beachtung der Erstellung vergleichbarer Regelungen in den US-GAAP als höchstwahrscheinlich festgelegt wurde – liegt trotz der in IFRS 15.57 bereitgestellten Indikatoren im Ermessen des Unternehmens (IFRS 15.BC209–2011; vgl. Brune, IRZ 2016, S. 21 f.).
Tz. 111
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Der Umfang einer möglichen Korrektur erfasster variabler Umsatzerlöse ist im Verhältnis zum gesamten Transaktionspreis – fixer und variabler Entgelte – zu bestimmen, wobei es sich um einen wesentlichen ("significant") Erlösanteil handeln muss (IFRS 15.57; IFRS 15.BC217). Die Beurteilung erfolgt somit nicht auf Grundlage der einzelnen Leistungsverpflichtungen, sondern auf Vertragsebene (vgl. TRG, Agenda Paper No. 14, 2015, Tz. 30; zur Zustimmung TRG, Agenda Paper No. 25, 2015, Tz. 49 f.).
Tz. 112
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Die Beurteilung einer Umsatzkorrektur ist qualitativ anhand der in IFRS 15.57 genannten, nicht abschließenden Indikatoren vorzunehmen. Die Wahrscheinlichkeit einer Umsatzkorrektur kann demnach höher sein, wenn die Gegenleistung von Faktoren außerhalb der Unternehmenskontrolle abhängt, wie bspw. von Marktpreisschwankungen, den Einflussmöglichkeiten Dritter bzw. von Kunden, Wetterbedingungen oder einer hohen Obsoleszenz der angebotenen Waren (IFRS 15.57(a)). Auch die Erwartung des Unternehmens, dass die der Gegenleistung zugrunde liegende Unsicherheit über einen langen Zeitraum besteht, stellt einen Indikator dar (IFRS 15.57(b)). Fehlende oder nur begrenzte Erfahrungswerte mit ähnlichen Verträgen bzw. mit nur wenig prospektiver Aussagekraft können die Einrechenbarkeit variabler Vergütungen ebenfalls beschränken (IFRS 15.57(c)). So ist bspw. bei Pharma- und Biotechnologieunternehmen aufgrund der wesentlichen Individualität der Verträge und den meist fehlenden historischen Daten zunächst nur eine Erfassung eventuell vereinbarter fixer Entgelte zu erwarten (vgl. Grote et al., Bevorstehender Anpassungsbedarf (Teil 2), KoR 2012, S. 176). Neben der Praxis des Unternehmens, umfangreiche Rabatte oder Änderungen der Zahlungsmodalitäten für ähnliche Verträge in vergleichbaren Umständen zu gewähren, kann auch das Vorliegen einer großen Anzahl und einer Bandbreite möglicher Gegenleistungsbeträge innerhalb eines Vertrags zu einer Beschränkung einrechenbarer variabler Vergütungen führen (IFRS 15.57(d) und (e)). Bei der Beurteilung sind jedoch alle Fakten und Umstände zu berücksichtigen und verschiedene Indikatoren gegeneinander abzuwägen. So können bspw. bei fehlenden Erfahrungswerten möglicherweise externe Marktinformationen herangezogen werden, sofern diese eine Prognose für das konkrete Vertragsergebnis liefern (vgl. PwC, Revenue from Contracts with Customers, 2014, S. 4-9). Auch bei gewährten Rückgaberechten (vgl. Tz. 154–160), deren Ausübung außerhalb der Unternehmenskontrolle liegt, können wesentliche Erfahrungswerte darauf hindeuten, dass höchstwahrscheinlich keine Umsatzkorrektur vorzunehmen ist (vgl. IFRS 15.IE110–115).
Tz. 113
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Die Beschränkung der Einrechnung variabler Entgelte und die daraus resultierende Beschränkung der Umsatzerlöshöhe stellt gegenüber den bislang bestehenden Regelungen des IAS 18 eine Neuerung da...