Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Fabian Graupe
Tz. 74
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der Equity-Methode werden die Anteile am assoziierten Unternehmen oder am Gemeinschaftsunternehmen mit ihren Anschaffungskosten angesetzt (IAS 28.10). Entgegen dem Wortlaut von IAS 28.10 wird jedoch im Falle eines negativen Unterschiedsbetrags der Grundsatz, dass die Anschaffungskosten der Beteiligung den erstmaligen Wertansatz für das assoziierte Unternehmen oder das Gemeinschaftsunternehmen bilden, durchbrochen (IAS 28.32 (b); hierzu vgl. Tz. 96).
Der erstmalige Beteiligungswertansatz bildet den Ausgangspunkt für die Fortschreibung des Equity-Werts in den Folgeperioden (zum erstmaligen Beteiligungswertansatz beim sukzessiven Erwerb vgl. Tz. 97–132). Der Buchwert der Beteiligung ändert sich nach dem Beteiligungserwerb entsprechend dem Anteil des Investors am Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag bzw. sonstigen Ergebnis des Beteiligungsunternehmens, dh., der Equity-Wert kann bereits im ersten Abschluss nach dem Erwerb des assoziierten Unternehmens oder des Gemeinschaftsunternehmens die Anschaffungskosten der Beteiligung übersteigen.
Tz. 75
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Der Begriff der Anschaffungskosten ist in IAS 28 nicht definiert. In der Vergangenheit wurde es als sachgerecht angesehen, die Anschaffungskosten analog zu den Regelungen nach IFRS 3.24ff. (2004) zu bestimmen, da mit IAS 28.23 (2003) – neben dem allgemeinen Verweis in IAS 28.20 (2003) auf die (Voll-)Konsolidierungsverfahren, die seinerzeit noch in IAS 27 geregelt waren –, ein expliziter Verweis auf IFRS 3 (2004) existierte (vgl. EY, International GAAP 2013, S. 750). Im Business Combinations Project Phase II entschied sich der IASB in IFRS 3 (2008) indes gegen eine Bewertung zu Anschaffungskosten zugunsten einer Fair-Value-orientierten Bestimmung der übertragenen Gegenleistung (consideration transferred). Der Verweis auf IFRS 3 (2004) in IAS 28.23 (2003) wurde gestrichen (vgl. Tz. 73). Daher ist fraglich, inwieweit IFRS 3 (2008) weiterhin als Auslegungshilfe für den Anschaffungskostenbegriff nach IAS 28 geeignet ist. Hierzu nahm das IFRIC (das IFRIC hat sich mit Wirkung zum 01. März 2010 in IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) umbenannt) auf einem Meeting im Mai 2009 Stellung und entschied, dass Anschaffungsnebenkosten – im Gegensatz zu IFRS 3 (2008) – weiterhin als Teil der Anschaffungskosten nach IAS 28.10 anzusetzen sind (vgl. IFRIC Update July 2009, S. 3). Das IFRIC stellte dabei zunächst allgemein klar, dass Vermögenswerte, die nicht erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bilanziert werden, bei erstmaligem Ansatz at cost zu bewerten sind. Dies schließt neben dem Erwerbspreis auch direkt zurechenbare Kosten (directly attributable costs) mit ein.
Tz. 76
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Zu den insoweit aktivierungspflichtigen Anschaffungsnebenkosten zählen demnach weiterhin bspw. Kosten für Gutachter oder Rechtsanwälte, die wegen des Anteilserwerbs konsultiert wurden. Allgemeine Kosten, zB der Verwaltung und hier insbesondere die Kosten für eine interne M&A-Abteilung, die nicht direkt (einzeln) zugerechnet werden können, zählen dagegen nicht zu den Anschaffungskosten. Entscheidend ist also die unmittelbare Zurechenbarkeit der Kosten zu einem Akquisitionsobjekt und nicht der zeitliche Anfall der Kosten. Daher sind auch der Transaktion vorangehende Kosten, sofern sie dem Akquisitionsobjekt direkt zugerechnet werden können, als Anschaffungskosten der Beteiligung anzusehen. Der Anschaffungskostenbegriff nach IAS 28 ist insofern konsistent zu anderen IFRS (zB IAS 2.11, IAS 16.16 und IAS 38.27; vgl. dazu auch Heintges/Urbanczik, KoR 2011, S. 420).
Tz. 77
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Bei der Bestimmung der Anschaffungskosten der Anteile an assoziierten Unternehmen oder an Gemeinschaftsunternehmen sind nicht nur alle für den Erwerb hingegebenen Vermögenswerte (der Kaufpreis kann zB in bar oder mit bargeldähnlichen Werten gezahlt werden), sondern auch übernommene Schulden und als Gegenleistung für den Erwerb vom Erwerber ausgegebene Eigenkapitalinstrumente (zB Aktien) zu berücksichtigen. Die Wertfeststellung hat dabei zum Zeitpunkt des Erwerbs zu erfolgen. Wird der Kaufpreis erst wesentlich später geleistet, ist der Betrag auf diesen Zeitpunkt abzuzinsen, dh., der Barwert ist zu ermitteln. Beim Erwerb in einem Schritt ist dies auch der Tag der Erlangung des maßgeblichen Einflusses. Werden indes börsennotierte Aktien ausgegeben, stellen sich bei diesem Vorgehen Zweifelsfragen, da zwischen der Einigung über die wesentlichen Vertragsbestandteile und der tatsächlichen Transaktion ein signifikanter Zeitraum mit ebenfalls signifikanten Kursbewegungen liegen kann. Im Falle eines Erwerbs der Anteile an einem Tochterunternehmen sieht IFRS 3.BC342 zwingend die Bewertung zum Erwerbszeitpunkt vor. Eine Ausnahme von diesem Prinzip existiert nicht. Es ist zweckmäßig, für die erstmalige Ermittlung des Beteiligungswerts an einem assoziierten Unternehmen oder an einem Gemeinschaftsunternehmen analog vorzugehen.
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