Prof. Dr. Corinna Ewelt-Knauer, Dr. Julian Höbener
Tz. 41
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Die Bestimmung der Laufzeit eines Leasingverhältnisses (lease term) ist für dessen Bilanzierung von besonderer Bedeutung. So determiniert bspw. die Laufzeit für den Leasingnehmer im Rahmen der Bewertung, über welchen Zeitraum Leasingzahlungen bei der Leasingverbindlichkeit und damit auch beim korrespondierenden Nutzungsrecht einzubeziehen sind. Zudem ist die Laufzeit für die Frage relevant, ob ein kurzfristiges Leasingverhältnis vorliegt (vgl. Tz. 7–7b).
Die Laufzeit eines Leasingverhältnisses beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Vermögenswert bereitgestellt wird (IFRS 16.B36; zu diesem sog. Bereitstellungsdatum (commencement date) vgl. Tz. 17). Sie umfasst gem. IFRS 16.18 die unkündbare Grundlaufzeit sowie die beiden folgenden Zeiträume:
- Zeiträume, die sich aus einer Verlängerungsoption ergeben, sofern der Leasingnehmer hinreichend sicher ist, dass er diese Option ausüben wird (IFRS 16.18 (a));
- Zeiträume, die sich aus einer Kündigungsoption ergeben, sofern der Leasingnehmer hinreichend sicher ist, dass er diese Option nicht ausüben wird (IFRS 16.18 (b)).
Die Regelungen zur Bestimmung der Laufzeit eines Leasingverhältnisses sind für Leasingnehmer und Leasinggeber mit einer Ausnahme, die sich auf die Notwendigkeit zur Neubeurteilung der Laufzeit gem. IFRS 16.20 bezieht (hierzu vgl. Tz. 48), identisch. Zu beachten ist jedoch, dass die Vertragsparteien aufgrund der zukunftsbezogenen Ermessensentscheidungen unterschiedliche Einschätzungen hinsichtlich der konkreten Laufzeit in Bezug auf dasselbe Leasingverhältnis treffen können (vgl. Lange/Müller, IRZ 2016, S. 114; PwC, IFRS für Banken, 2017, S. 3125; Henneberger/Mertes/Flick, in: HdJ, 73. Erg.-Lfg. September 2019, Abt. X/5, Tz. 69).
Tz. 42
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Eine unkündbare Grundlaufzeit (non-cancellable period) ist definitorische Voraussetzung, damit überhaupt ein bilanzierungspflichtiger Leasingvertrag iSd. IFRS 16 vorliegt (sinngemäß abgeleitet aus IFRS 16.B34). Die unkündbare Grundlaufzeit stellt bei der Bestimmung der Laufzeit des Leasingverhältnisses den Ausgangspunkt dar und wird regelmäßig dem Leasingvertrag zu entnehmen sein (vgl. Freiberg, PiR 2017, S. 284; Orth/Tettenborn, KoR 2019, S. 376). Entscheidend ist, dass bei der Bestimmung der Leasinglaufzeit nur solche Zeiträume berücksichtigt werden, in denen durchsetzbare Rechte und Pflichten (enforceable rights and obligations) für die Vertragsparteien begründet werden (IFRS 16.B34 iVm. IFRS 16 Appendix A (contract); vgl. auch Eckl et al., DB 2016, S. 672; Freiberg, PiR 2017, S. 284), also die Überlassung eines Nutzungsrechts sowie die Entrichtung des Nutzungsentgelts vertraglich fixiert sind. Mietfreie Zeiträume, die der Leasinggeber dem Leasingnehmer bspw. aus Anreizgründen gewährt, sind dabei zwingend einzubeziehen (IFRS 16.B36). Zwar muss der Leasingnehmer während dieses mietfreien Zeitraums keine Gegenleistung entrichten, gleichwohl sind aber die Rechte und Pflichten der Vereinbarung weiterhin durchsetzbar (vgl. Dollereder, 2018, S. 108).
In Abgrenzung dazu gilt eine Leasingvereinbarung als nicht (mehr) durchsetzbar, wenn die Vertragsparteien beide das Recht dazu haben, das bislang bestehende Leasingverhältnis ohne Einwilligung der jeweils anderen Vertragspartei zu kündigen, und daraus keine signifikante Vertragsstrafe (insignificant penalty) resultiert (IFRS 16.B34). Die Absicht der Vertragsparteien, ob sie von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch machen, ist dabei unbeachtlich (vgl. Richter/Rogler, KoR 2018, S. 582; Henneberger/Mertes/Flick, in: HdJ, 73. Erg.-Lfg. September 2019, Abt. X/5, Tz. 71). Zwischen den Parteien vereinbarte sowie gesetzliche Kündigungsfristen (notice period) sind allerdings stets zu berücksichtigen (IFRS 16.BC127; vgl. Freiberg, PiR 2017, S. 287; vgl. Tz. 7).
Beispiel – Unkündbare Grundlaufzeit mit Kündigungsfrist:
Sachverhalt: LN und LG vereinbaren ein Leasingverhältnis über 5 Jahre. Nach 2 Jahren haben allerdings beide Vertragsparteien jederzeit das Recht, ohne Einwilligung der jeweils anderen Vertragspartei den Vertrag ohne signifikante Vertragsstrafe zum Jahresende zu kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt 3 Monate. LN und LG beabsichtigen nicht, von dem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen.
Beurteilung: Die Laufzeit des Leasingverhältnisses beträgt 3 Jahre. Die Intention der Vertragsparteien ist hier unbeachtlich.
Tz. 43
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Der Begriff der "Vertragsstrafe" (penalty) ist in IFRS 16 nicht definiert. Er ist weit auszulegen, sodass hierunter nicht nur etwaige Strafzahlungen iSe. Zahlungsmittelabflusses infolge einer Kündigung fallen, sondern auch sämtliche anderen mit einer Vertragsbeendigung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile für die jeweilige Vertragspartei (vgl. Freiberg, PiR 2017, S. 285; Orth/Tettenborn, KoR 2019, S. 378; Singh-Verma/Repetz/Rosenbauer, IRZ 2019, S. 63; Gebhardt, in: Thiele/von Keitz/Brücks, 41. Erg.-Lfg. April 2019, IFRS 16, Tz. 173). Dies entspricht der Intention des IASB. So hat das Boardmitglied...