Prof. Dr. Bettina Thormann, Prof. Dr. Marius Gros
Tz. 156
Stand: EL 53 – ET: 05/2024
Beschlüsse des OLG Frankfurt am Main und verwaltungsgerichtliche Beschlüsse zum Enforcement-Verfahren (abrufbar unter: www.lareda.hessenrecht.hessen.de)
OLG Frankfurt am Main, WpÜG 1/06, Beschluss vom 12.02.2007, nicht anfechtbar
Leitsatz:
- Der Abschlussprüfer hat auf Verlangen der BaFin im Enforcementverfahren seine Arbeitspapiere hinsichtlich einer bestimmten Problemstellung vorzulegen.
- Eine Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs widerspricht im Regelfall dem Beschleunigungsgebot des Enforcementverfahrens.
OLG Frankfurt am Main, WpÜG 1/07, Beschluss vom 14.06.2007, nicht anfechtbar
Leitsatz:
- Die Pflicht zur Veröffentlichung eines im Enforcementverfahren festgestellten Fehlers bezieht sich nur auf diesen Fehler selbst und die wesentlichen Teile der Begründung der Fehlerfeststellung. Eine Ermächtigungsgrundlage für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zur Anordnung der zusätzlichen Veröffentlichung von Art und Umfang der durchgeführten Prüfung, die zu der Feststellung des Fehlers geführt hat, ist nicht gegeben.
- Das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung eines im Enforcementverfahren festgestellten Rechnungslegungsfehlers entfällt nur im Ausnahmefall, wenn es sich aus der Sicht der Kapitalmarktteilnehmer und deren Interesse an einer korrekten Information um einen offensichtlich unwesentlichen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften handelt. Das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung eines festgestellten Fehlers der Risikoberichterstattung im Konzernlagebericht wird nicht bereits durch die Publizierung der folgenden Quartalsergebnisse oder des Folgeabschlusses beseitigt.
- Die mögliche negative Beeinflussung des Aktienkurses ist eine typische und bewusst eingesetzte Folge der Fehlerveröffentlichung und reicht für ein Absehen von deren Anordnung nach § 37q Abs. 2 Satz 3 WpHG zum Schutz der berechtigten Interessen des Unternehmens vor Schaden nicht aus.
OLG Frankfurt am Main, WpÜG 2/07, Beschluss vom 29.11.2007, nicht anfechtbar
Leitsatz:
- Im Enforcementverfahren ist eine Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse an der Feststellung besteht.
- Den Umfang ihrer Ermittlungen kann die BaFin nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmen.
- Die Auskunftspflicht des Abschlussprüfers ist gegenüber der Auskunftspflicht der Organe der Gesellschaft nicht subsidiär. Sie kann auch die Vorlage der Arbeitspapiere umfassen, soweit dies erforderlich ist (Bestätigung der Senatsentscheidung im Eilverfahren vom 12.02.2007, WpÜG 1/06).
- Der Erforderlichkeitsgrundsatz setzt die begründete Erwartung voraus, dass dadurch die Untersuchung besser abgeschlossen werden und das Prüfungsergebnis nicht in gleicher Weise durch eine weniger beeinträchtigende Maßnahme erzielt werden kann.
- Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof findet im gerichtlichen Beschwerdeverfahren gegen im Enforcementverfahren ergangene Verfügungen der BaFin nicht statt.
OLG Frankfurt am Main, WpÜG 1 und 3/08, Beschluss vom 22.01.2009, nicht anfechtbar
Leitsatz:
- Eine Fehlerfeststellung im Enforcement-Verfahren darf nur dann erfolgen, wenn die geprüfte Rechnungslegung einen oder mehrere Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften einschließlich der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung oder den sonst durch Gesetz zugelassenen Rechnungslegungsstandards aufweist, die entweder für sich allein betrachtet oder in ihrer Gesamtheit aus der Sicht des Kapitalmarktes wesentlich sind.
- Eine befürchtete negative Beeinflussung des Aktienkurses oder sonstige typischerweise mit einer Fehlerbekanntmachung für das betroffene Unternehmen einhergehende Folgen reichen zur Begründung des nur in Ausnahmefällen zulässigen Absehens von der Anordnung der Fehlerveröffentlichung zum Schutz berechtigter Interessen des Unternehmens nicht aus.
- Tragen zu dem Gesamturteil einer fehlerhaften Rechnungslegung auch einzelne Verstöße bei, die für sich genommen als nicht gravierend einzustufen sind, so führt dies nicht zu einer nur teilweisen Bekanntmachung, da die Veröffentlichungspflicht grundsätzlich für die Gesamtheit der Einzelverstöße gilt.
OLG Frankfurt am Main, WpÜG 11 und 12/09, Beschluss vom 24.11.2009, nicht anfechtbar
Leitsatz:
- Die Rechnungslegung eines kapitalmarktorientierten Unternehmens, die im Konzernlagebericht und im Lagebericht vollständig auf einen Prognosebericht verzichtet, weist einen wesentlichen und somit im Enforcementverfahren zu beanstandenden Fehler auf.
- Auch die sich aus der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise ergebenden Unsicherheiten für die Einschätzung der voraussichtlichen Geschäftsentwicklung können es nicht rechtfertigen, vollständig auf die Prognoseberichterstattung zu verzichten, die nach §§ 289 Abs. 1 Satz 4 und 315 Abs. 1 Satz 5 HGB zu den zwingenden vorgeschriebenen Mindestbestandteilen des (Konzern-)Lageberichtes gehört.
- Der Veröffentlichung eines solchen Fehlers kommt für das Enforcementverfahren eine besondere generalpräventive Bedeutung zu, der gegenübe...